Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Verletztenrente. MdE-Höhe. Verschlimmerung einer festgestellten Lärmschwerhörigkeit. Nachweis. Folge einer berufsbedingten Lärmeinwirkung. wissenschaftliche Lehrmeinung
Orientierungssatz
Zum Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Rente wegen Verschlimmerung einer als BK 2301 anerkannten Lärmschwerhörigkeit, wenn die zugenommene Hörminderung (jetzt beidseitiger Hörverlust in Höhe von 80 vH) nicht mit Wahrscheinlichkeit als Folge des berufsbedingten Lärms nachgewiesen werden kann.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Speyer vom 27.5.2016 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger wegen der Folgen einer anerkannten Berufskrankheit (BK) nach Nr 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung - BKV - (Lärmschwerhörigkeit - BK 2301) Anspruch auf eine Rente hat.
Der am 1957 geborene Kläger absolvierte von 1972 bis 1976 eine Lehre als KfZ-Mechaniker. Er war von 1976 bis 1996 als Schlosser und von 1996 bis 2002 als Helfer im Rotationsdruck beschäftigt. Seit dem 1.1.2003 ist er bei der T GmbH beschäftigt und mit der Reparatur von Fahrtreppen und Aufzügen befasst.
Im Februar 1993 zeigte der HNO-Arzt Dr. S den Verdacht einer berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit an. Der technische Aufsichtsdienst der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) führte in einer nach Aktenlage erstellten Stellungnahme vom 16.11.1993 aus, der Kläger sei an seinen Arbeitsplätzen für 8,3 Jahre Lärm mit Beurteilungspegeln von größer oder gleich 90 dB(A) und für 5 Jahre mit Beurteilungspegeln von 85 bis 95 dB(A) ausgesetzt gewesen. Die Beklagte veranlasste ein Gutachten des HNO-Arztes Priv.-Doz. Dr. Z vom 23.12.1993. Auf dem Deckblatt des Gutachtens wird ein R A, geboren am 1946, wohnhaft unter einer anderen Anschrift als der des Klägers, als untersuchte Person genannt. Die anamnestischen Angaben stimmen mit denen des Klägers überein. Unklar ist, ob die dem Gutachten beigefügten Ton- und Sprachaudiogramme vom Kläger stammen, da in diesen nur der Name und nicht auch das Geburtsdatum angegeben ist. Auf einem Sprachaudiogramm mit Störgeräusch ist das Geburtsdatum des Klägers angegeben. Alle Audiogramme einschließlich derjenigen ohne Geburtsdatum tragen die gleiche Registernummer 8/322. Der Gutachter kam zum Ergebnis einer Innenohrschwerhörigkeit annähernd geringgradig rechts und geringgradig links. Die Schwerhörigkeit sei beidseits lärmbedingt. Sie bedinge eine MdE von weniger als 10 vH. Die Beklagte stellte daraufhin mit Bescheid vom 11.5.1994 eine BK 2301 sowie als deren Folge eine beginnende Innenohrhochtonschwerhörigkeit fest und lehnte die Gewährung einer Rente ab.
Aufgrund einer erneuten BK-Anzeige des HNO-Arztes Dr. H vom 18.11.2003 leitete die Beklagte ein Verfahren hinsichtlich der Erkrankungsfolgen ein und zog ua Audiogramme vom 26.9.2003 bei. Ein von der damaligen BG Druck und Papierverarbeitung veranlasstes schalltechnisches Gutachten vom 21.6.2004 ergab für die Tätigkeit des Klägers in einer Druckerei von Juli 1996 bis Dezember 2002 Beurteilungspegel von 80 bis 94 dB. Weiterhin wurde vom arbeitsmedizinischen Dienst ein Audiogramm vom 11.12.2003 beigezogen. Der Präventionsdienst der Beklagten stufte die seit Januar 2003 ausgeübte Tätigkeit als Aufzugs- und Rolltreppenmonteur als nicht lärmgefährdend ein. Die Beklagte holte ein Gutachten des HNO-Arztes Dr. W vom 2.3.2005 ein, in dem das Geburtsdatum des Klägers (offenbar irrtümlich) mit "5.11.1935" angegeben wird. Der Gutachter führte aus, im Vorgutachten von 1993 habe das Tonaudiogramm noch einen reinen Hochtonhörschaden gezeigt. Seitdem habe der Hörverlust durch Beteiligung der mittleren Frequenzen zugenommen. Da die berufliche Lärmexposition mit 6 Jahren relativ kurz und zudem unterbrochen gewesen sei, sei neben der Lärmnoxe eine nicht lärmbedingte Schädigung anzunehmen, zumal der Tief- und Mitteltonbereich typischerweise erst nach langjähriger extremer Lärmbelastung in Mitleidenschaft gezogen werde. Die MdE betrage 15 vH.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 14.4.2005 die Gewährung einer Rente ab.
Mit Schreiben vom 10.1.2013 beantragte der Kläger die "Anerkennung der Verschlimmerung der Hörminderung" und legte Audiogramme vom 10.9.2012 vor. Aufgrund einer Auskunft des Arbeitgebers des Klägers vom 13.3.2013 kam der Präventionsdienst der Beklagten in seiner Stellungnahme vom 4.4.2013 zu der Einschätzung, dass die Lärmbelastung des Klägers in seiner Tätigkeit als Kundendienstmonteur für Fahrtreppen und Aufzüge einem Lärmexpositionspegel von weniger als 82 dB(A) entspreche. Mit Bescheid vom 28.5.2013 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente erneut ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren teilte der Arbeitgeber des Klägers mit, dieser sei in den Jahren 2003 bis 2005 schwerpunktmäßig an Fahrttreppen eingesetzt gewesen und sei an 3 von 5 Tagen ta...