Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss von einstweiligem Rechtsschutz bei Geltendmachung eines Bagatellbetrages
Orientierungssatz
1. Eine einstweilige Anordnung setzt zu ihrer Zulässigkeit voraus, dass nicht schon eine bestandskräftige Regelung für den Streitgegenstand vorliegt. Nur wenn es noch zu einer Klärung im Hauptsacheverfahren kommen kann, weil der angefochtene Bescheid nicht bestandskräftig ist, kann eine vorläufige Regelung bis zu einer endgültigen Entscheidung getroffen werden. Dabei stellt jeder Bewilligungsabschnitt einen gesonderten Streitgegenstand dar und Folgenbewilligungsabschnitte können im SGB 2 nicht in erweiterter Auslegung nach § 96 SGG in ein anhängiges Verfahren miteinbezogen werden.
2. Nicht jede Bedarfsunterdeckung führt zu einer Existenzbedrohung und damit zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Grundsätzlich besteht dann kein Anordnungsgrund, wenn im Wege des Eilrechtsschutzes Bagatellbeträge geltend gemacht werden.
3. Es ist zumutbar, ein Unterkunftskostendefizit durch Umschichtungen bei den Regelleistungen zu kompensieren und auf Anteile der Regelleistungen vorübergehend, und somit für die Dauer des Hauptsacheverfahrens, zu verzichten, ohne dass aufgrund des Fehlbetrags eine akute Notlage entsteht, für die einstweiliger Rechtsschutz gewährt werden muss. Jedenfalls ist bei Beträgen unterhalb von 10.- € ein Abwarten bis zur Hauptsacheentscheidung zumutbar.
4. Ergibt ein Vergleich, dass die Kosten der Unterkunft höher als die angemessene Referenzmiete sind, kommt die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen nur in Betracht, wenn der Hilfebedürftige auf dem für ihn maßgeblichen Wohnungsmarkt tatsächlich eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret nicht anmieten kann.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt von den Antragsgegnern im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Rahmen der ihr gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) höhere Leistungen.
Die am 1958 geborene Antragstellerin lebt mit ihrem am 1952 geborenen Ehemann, bei dem nach einem Unfall ein Grad der Behinderung von 70 und das Merkzeichen "G" festgestellt worden ist, in einem ihnen gehörenden Einfamilienhaus mit 112 qm Wohnfläche in S. Für die Kredite zur Finanzierung des Einfamilienhauses zahlen die Antragstellerin und ihr Ehemann monatlich insgesamt 688,37 EUR Zinsen. Hinzu kommen die weiteren Nebenkosten von 269,27 EUR (davon 150 EUR Heizungskosten - für Heizöl + Heizungswartung 12,84 EUR), worin 50 EUR für Strom enthalten sind. Der Ehemann der Antragstellerin bezieht eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit einem Zahlbetrag von 765,65 EUR monatlich. Die Antragstellerin bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Dabei findet eine getrennte Aufgabenwahrnehmung der Träger der Grundsicherung statt. Für die Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II, insbesondere die Kosten der Unterkunft, ist der Antragsgegner zu 2) zuständig, für die übrigen Leistungen die Antragsgegnerin zu 1).
Mit Bescheid vom 12. März 2010 bewilligte die Antragsgegnerin zu 1) der Antragstellerin vorläufig bis zur Vorlage des aktuellen Rentenbescheides Leistungen vom 1. April 2010 bis 30. September 2010 in Höhe von 323 EUR als Partner in einer Bedarfsgemeinschaft. Mit Bescheid vom 22. März 2010 bewilligte der Antragsgegner zu 2) der Antragstellerin Kosten der Unterkunft in Höhe von 334,43 EUR monatlich für den vorgenannten Zeitraum. Die Antragsgegnerin zu 1) bewilligte der Antragstellerin mit Bescheid vom 15. April 2010 endgültig Leistungen in Höhe von 299,78 EUR monatlich für den betreffenden Bewilligungsabschnitt, wobei sie als Einkommen einen Betrag in Höhe von 23,22 EUR auswies. Dieses Einkommen resultierte aus dem berücksichtigten Einkommen ihres Ehemannes aus der Erwerbsunfähigkeitsrente, welches dessen eigenen Bedarf überstieg. Von dem Einkommen des Ehemannes der Antragstellerin brachte die Antragsgegnerin zu 1) eine Kfz-Versicherung nicht in Abzug, weil die Antragstellerin keinen aktuellen Beitragsnachweis beibrachte. Wegen Geringfügigkeit forderte sie die Überzahlung für die bereits in Höhe von 323 EUR ausgezahlten vorläufigen Leistungen für April 2010 nicht zurück. Gegen beide Bescheide legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2010 wies die Antragsgegnerin zu 1) den Widerspruch der Antragstellerin zurück. Zu Recht habe sie den den Bedarf ihres Ehemannes übersteigenden Anteil seines Einkommens aus der Rente als Einkommen bei der Antragstellerin berücksichtigt.
Am 12. Mai 2010 hat die Antragstellerin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Halle (SG) gestellt. Sie hat beantragt, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Leistungen für Kosten der Unterkunft in voller Höhe zu zahlen. Parallel hat sie auch Klage gegen den Widerspruch...