Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistungen an Selbständige. kein Nachweis wirtschaftlicher Tragfähigkeit trotz positiver Stellungnahme der fachkundigen Stelle bei Abweichen des dort vorgelegten unternehmerischen Konzepts von den Angaben im Förderantrag
Leitsatz (amtlich)
1. Stimmt das der sachkundigen Stelle iS von § 16c Abs 1 S 2 SGB 2 vorgelegte unternehmerische Konzept nicht mit den Angaben im Förderantrag nach § 16c SGB 2 überein, kann aus der positiven Stellungnahme der sachkundigen Stelle eine Erfolgsprognose für das beabsichtigte Vorhaben (nach Förderantrag) nicht abgeleitet werden.
2. Ohne eine Erfolgsprognose als Tatbestandsvoraussetzung des § 16c Abs 1 S 1 SGB 2 ist kein Raum für eine Ermessensentscheidung des Leistungsträgers über den Förderantrag.
Tenor
Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. Juli 2011 (einstweiliger Rechtsschutz und Prozesskostenhilfe) werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung eines Zuschusses, hilfsweise eines Darlehens, iHv 5.000 EUR als Leistung zur Eingliederung von Selbstständigen gemäß § 16c Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Er wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg (SG), das seine Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt hat.
Der am 1981 geborene Antragsteller ist von Beruf Handelsfachpacker. Er war mehrmals in Arbeitsbeschaffungs- und Eingliederungsmaßnahmen mit Helfertätigkeiten beschäftigt. Von Juni 2006 bis September 2008 betrieb er einen An- und Verkauf von Waren aller Art. Von Oktober 2009 bis zum April 2010 war er im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit (Entgeltvariante) tätig.
Der Antragsteller steht bei dem Antragsgegner zumindest seit Januar 2009 wieder im laufenden Bezug von - zum Teil ergänzenden - Leistungen nach dem SGB II. Zuletzt wurden ihm mit Bescheid vom 1. Dezember 2010 im Bewilligungszeitraum von Januar bis Juni 2011 monatliche Leistungen iHv 667,80 EUR (Regelleistung 359,00 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung [KdU] 308,80 EUR) bewilligt. Im Rahmen einer Nebentätigkeit für die Gesellschaft für Brief- und Paketdienst Q mbH erzielte er ab November 2010 ein monatliches Einkommen iHv 100 EUR.
Am 17. Dezember 2010 beantragte der Antragsteller bei dem Antragsgegner als Leistung zur Eingliederung von Selbstständigen gemäß § 16c SGB II einen Zuschuss iHv 5.000 EUR zur Aufnahme und zur Ausübung seiner selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit als Dienstleister in Q ... Er erklärte, er sei nicht in der Lage, den Betrag (in Raten) zurückzuzahlen. Dazu legte er eine ab 1. Januar 2011 gültige Gewerbe-Anmeldung für die Betriebsstätte S weg in Q. und die Tätigkeiten "Arbeitsvermittlung, Büroservice, Einkaufshilfe (ohne Personenbeförderung) und Lieferservice, Begleitung zu Behörden, Ämtern etc., Computerreparaturen (Hartware)" vor. Weiterhin legte er eine Fachkundige Stellungnahme zur Einschätzung eines Existenzgründungsvorhabens der Industrie- und Handelskammer M. (IHK) vom 10. Dezember 2010 bei. In der formularmäßig erstellten Stellungnahme ist angekreuzt, es hätten eine Beschreibung des Existenzgründungsvorhabens, Lebenslauf, Kapitalbedarfs- und Finanzierungsplan sowie Umsatz- und Rentabilitätsvorschau vorgelegen. Der Antragsteller sei fachlich, branchenspezifisch, unternehmerisch und kaufmännisch geeignet. Das Vorhaben scheine - auch in absehbarer Zeit - konkurrenzfähig; die voraussichtlichen Umsätze, das Betriebsergebnis vor Steuern und der Kapitalbedarf seien realistisch eingeschätzt worden. Die Finanzierung erfolge aus Eigenmitteln. Bei konsequenter Umsetzung des Konzeptes erscheine ab dem zweiten Geschäftsjahr eine tragfähige Vollexistenz möglich. Weiter war dem Antrag ein "Businessplan" beigefügt, in dem der Antragsteller zur Geschäftsidee ausführte, er biete Privatpersonen Begleitung bei Behördengängen, Unterstützung beim Ausfüllen behördlicher Anträge und beim Transport zu den Einrichtungen und bei Gesprächen an. Er werde ein Forum zum Erfahrungsaustausch zur Verfügung stellen, Unterstützung leisten bei der Arbeits- und Wohnungssuche und Betreuungsleistungen übernehmen. Für Gewerbetreibende (Existenzgründer und Kleinunternehmer aus allen Branchen) biete er Kundenakquise, Netzwerkberatung, Vermittlung von Buchführungs- und Organisationsdienstleistungen sowie von kompetenten Beratern für Belange des Arbeits-, Versicherungs-, Steuer- und Mietrechts an. Für den Erwerb einer Büroeinrichtung benötige er insgesamt 4.850 EUR. Sonstige Ausgaben habe er für die Gewerbeanmeldung iHv 35 EUR sowie für Büromaterial iHv 300 EUR. Vom Kapitalbedarf iHv 5.185 EUR finanziere er 185 EUR aus seinem Vermögen und für den Rest benötige er den Zuschuss, da er kein Bankdarlehen erhalte. Er rechne bereits im Jahr 2012 mit einem Gewin...