Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. keine Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Zusicherung vor Umzug in die neu ausgebaute Dachgeschosswohnung im Elternhaus nach vorübergehender kostenfreier Nutzung des früheren Kinderzimmers

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes gelten im Fall einer Zusicherung zu einem Umzug besonders strenge Maßstäbe. Sind dringende Gründe zur Abwehr eines unerträglichen Zustandes für den Umzug nicht genannt, kann nicht von der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes ausgegangen werden (Fortführung LSG Halle vom 26.4.2013 - L 5 AS 427/13 B ER = NZS 2013, 716).

 

Normenkette

SGG § 86b Abs. 2 Sätze 4, 2, § 73a Abs. 1 S. 1; ZPO § 920 Abs. 2, § 114 Abs. 1 S. 1; SGB II § 22 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 24. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die einstweilige Verpflichtung des Beschwerde- und Antragsgegners (im Folgenden: Antragsgegner), die Übernahme der Aufwendungen für eine neue Wohnung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) zuzusichern.

Der am ... 1982 geborene Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) erhielt vom Antragsgegner nach der Trennung von seiner Lebensgefährtin ab dem 1. August 2013 Regelleistungen nach dem SGB II. Nach Antragstellung war er wieder zu seinen Eltern gezogen, die unentgeltlichen Wohnraum zur Verfügung stellten.

Am 27. März 2014 beantragte der Antragsteller zum 1. Mai 2014 die Zusicherung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft unter der dem Antragsgegner bereits bekannten Anschrift. Mit Schreiben vom 14. April 2014 verlangte der Antragsgegner eine nachvollziehbare Begründung für den Umzug innerhalb derselben bislang kostenfreien Wohnung. Hierzu gab der Antragsteller an: Nach der Trennung zum 31. Juli 2013 sei er zu seinen Eltern gezogen und habe dort das ehemalige Kinderzimmer bewohnt. Dies sei auch der Grund, warum er bisher keine Kosten der Unterkunft (KdU) geltend gemacht habe. In Anbetracht der beengten Raumverhältnisse habe er während dieser Zeit das Dachgeschoss im elterlichen Haus mit einer Wohnungsgröße von 48 m² ausgebaut und wolle dieses auch als Mieter beziehen.

Mit Bescheid vom 28. April 2014 lehnte der Antragsgegner die Abgabe einer Zusicherung ab und führte zur Begründung aus: Gemäß § 22 Abs. 4 SGB II sei eine Zusicherung zur Übernahme der Aufwendungen für eine neue Unterkunft nur zu erteilen, wenn ein Umzug erforderlich und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen seien. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben, weil der beantragte Umzug nicht erforderlich sei.

Der Antragssteller hat dagegen am 8. Mai 2014 Widerspruch eingelegt und geltend gemacht: Er sei über 25 Jahre alt und habe ein Recht auf eine eigene Wohnung. Die ausgebaute Dachwohnung verfüge über eine Küche und Toilette und habe mit 48 m² auch eine angemessene Größe. Im Falle eines Mietvertrages würde die Warmmiete mit 300 EUR deutlich unterhalb des durchschnittlichen Mietspiegels der Stadt B. liegen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2014 wies der Antragsgegner den Widerspruch als unbegründet zurück, da der bisher bewohnte Wohnraum angemessen sei. Das Bewohnen eines Zimmers im Hause der Eltern sei in vielen Familien üblich. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn ein Leistungsempfänger ein Dachgeschoss ausbaue und anschließend mit den Eltern einen Mietvertrag schließe.

Der Antragsteller hat, nunmehr anwaltlich vertreten, am 18. Juni 2014 Klage beim Sozialgericht Dessau (SG) erhoben (S 8 AS 1539/14) und einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Er hat angegeben, er sei ledig und ohne Erwerbseinkommen und habe eine dreijährige Tochter, die bei der Kindesmutter wohne. Zunächst habe er mit der ehemaligen Lebensgefährtin und der gemeinsamen Tochter in einer Dreiraumwohnung in der F. in B. gewohnt. Nach der Trennung zum 31. Juli 2013 sei er wieder zu seinen Eltern gezogen. Diese besäßen ein Mehrfamilienhaus und bewohnten selbst die mittlere Etage mit einer Wohnfläche von ca. 56 m². Der Antragsteller bewohne das 10 m² große Zimmer im Erdgeschoss, das sein früheres Kinderzimmer gewesen und zuletzt von den Eltern als Abstellraum genutzt worden sei. Dort befänden sich nur ein Bett, ein Schrank, eine Kommode, ein Tisch sowie ein Fernseher. Die Küche sowie das Bad nutze er gemeinsam mit seinen Eltern. Auf der Grundlage einer Regelung mit der Kindesmutter besuche ihn seine Tochter alle 14 Tage. Um für sich und seine Eltern eine altersgerechte Privatsphäre zu schaffen und einen ordnungsgemäßen Umgang mit seiner dreijährigen Tochter zu ermöglichen, habe er gemeinsam mit seinem Vater die rechte Dachgeschosswohnung ausgebaut. Die Wohnungsgröße der Dachgeschosswohnung be...

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