Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommens- oder Vermögensberücksichtigung. Zahlung aus Zugewinnausgleich. Erfüllung einer Forderung. Nichtzulassungsbeschwerde. Grundsätzliche Bedeutung. Divergenz
Leitsatz (amtlich)
Zahlungen auf den Zugewinnausgleichsanspruch sind grundsicherungsrechtlich anrechenbares Einkommen iS von § 11 SGB 2.
Normenkette
SGB II §§ 11-12; BGB § 1378 Abs. 1, 3; SGG § 144 Abs. 2 Nrn. 1-2
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG) und die Durchführung des Berufungsverfahrens sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Rechtsmittelverfahren. In der Sache wendet sie sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten im Rahmen der Leistungsgewährung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1962 geborene Klägerin bezog nach Trennung von ihrem Ehemann ab August 2010 von dem Beklagten SGB II-Leistungen. Zuletzt bewilligte er mit Bescheid vom 20. Januar 2012 für den Bewilligungszeitraum von Februar bis Juli 2012 monatliche Leistungen iHv 680,46 EUR.
Im Juni 2012 wurde die Ehe der Klägerin geschieden. In einem Vergleich verpflichtete sich der Ehemann, zur Abgeltung des Zugewinnausgleichsanspruchs der Klägerin einen Betrag iHv insgesamt 3.000 EUR, zahlbar in monatlichen Raten von 100 EUR ab Juli 2012, zu zahlen.
In der Folge hob der Beklagte mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 3. August 2012 die Leistungsbewilligung für den Monat Juli 2012 teilweise iHv 70 EUR auf und forderte diesen Betrag von der Klägerin zurück. Zur Begründung verwies er auf das anzurechnende Einkommen aus dem Vergleich über den Zugewinnausgleich. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin am 28. Februar 2013 Klage beim SG erhoben und zur Begründung ausgeführt, der Zugewinnausgleich stelle eine Mehrung ihres Vermögens dar. Die Zahlungen dürften nicht als Einkommen angerechnet werden.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 27. Januar 2015, in dem die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichteten, hat das SG mit Urteil vom 17. Februar 2015 die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Die monatlichen Zahlungen von 100 EUR aus dem Vergleich seien als Einkommen und nicht als Vermögen zu qualifizieren. Maßgeblich sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der tatsächliche Zufluss. Es handele sich auch nicht um eine zweckbestimmte Einnahme iSv § 11a SGB II. Die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung beruhe auf § 40 Abs. 1 SGB II iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) und § 48 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Die Erstattungsforderung sei auf § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X zu stützen. Gründe für die Zulassung der Berufung lägen nicht vor.
Gegen das ihr am 23. Februar 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. März 2015 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt und PKH beantragt. Sie hat ausgeführt, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung iSv § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn die bisherige Rechtsprechung des BSG zum SGB II, nach der alles, was nach Antragstellung zufließe, als Einkommen zu werten sei, könne auf den vorliegenden Fall des Zugewinnausgleiches keine Anwendung finden. Insbesondere dürfe bei Zahlungen zum Zugewinnausgleich die Qualifikation als Einkommen oder Vermögen nicht von der Leistungsfähigkeit des Ehegatten abhängen. Wenn dieser den Zugewinnausgleich nicht in Raten, sondern vollständig in einem Betrag gezahlt hätte, wäre keine Einkommensanrechnung erfolgt. Auch aus der historischen Betrachtung der Rechtsprechung zum Arbeitslosenhilferecht ergebe sich, dass der Zugewinnausgleich als Vermögensverschiebung anzusehen sei. Insoweit habe der nichtvermögende Ehegatte im Lauf der Ehe eine Anwartschaft erworben, im Fall der Scheidung am höheren Zugewinn des anderen Ehegatten beteiligt zu werden. Zudem sei vorliegend zu berücksichtigen, dass der ehemalige Ehemann gegenüber der Klägerin handgreiflich geworden sei, sodass diese schnell den gemeinsamen Haushalt habe verlassen müssen.
Die Klägerin beantragt schriftlich sinngemäß,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Februar 2015 zuzulassen, das Berufungsverfahren durchzuführen und ihr PKH zu bewilligen.
Der Beklagte hat sich zum Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat ...