Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Verbindung mehrerer Verfahren zum Erreichen des Berufungsstreitwertes

 

Orientierungssatz

Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, den Zugang zu einem an sich eröffneten Rechtsmittel von neuen, einschränkenden Voraussetzungen abhängig zu machen. Weil eine Änderung des Verfahrensrechts auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfasst, ist die Erhöhung des Berufungsstreitwertes in § 144 Abs. 1 SGG auf 750.- €. verfassungsmäßig. Der Berufungsstreitwert kann nicht durch eine Zusammenführung von Verfahren mit einem jeweiligen Streitwert unterhalb der Berufungsgrenze erreicht werden. Voraussetzung einer nach § 113 SGG zulässigen Verbindung ist es, dass in den zur Verbindung in Betracht kommenden Verfahren die Berufung jeweils zulässig ist.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 6. Mai 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer und Kläger beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG) vom 6. Mai 2008 und die Durchführung des Berufungsverfahrens. In der Sache begehrt er die Verurteilung der Beklagten zur Überprüfung ihrer Verwaltungspraxis in Bezug auf die Bezahlung der Stromkosten und der Kosten der Warmwasseraufbereitung sowie zur Auskunftserteilung über ihre bisherige Tätigkeit in Fragen der Übernahme der Mehrkosten für Wasser, Abwasser und Heizung. Eine entsprechende Aufforderung des Klägers im Schreiben vom 24. September 2007 an die Beklagte ließ diese unbeantwortet. Am 14. April 2008 hat der Kläger Klage beim SG erhoben und sein Begehren weiter verfolgt. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 6. Mai 2008 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe kein schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung abstrakter Rechtsfragen zur Verwaltungspraxis der Beklagten. Soweit er sich mit seinen Anfragen auf einen konkreten Bewilligungsabschnitt beziehe, müsse er sich gegen konkrete Entscheidungen der Beklagten wenden, was er für den Bewilligungs-abschnitt vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 auch getan habe (S 2 AS 347/08, nunmehr L 5 B 85/08 NZB)). Das SG hat die Berufung nicht zugelassen. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteige nicht die in § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannte Grenze. Der Auskunftsanspruch sei nicht höher zu bewerten als ein etwaiger Leistungsanspruch, der wertmäßig den Betrag von 750,00 EUR nicht über-steigen würde. Gegen die ihm am 30. Mai 2008 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 11. Juni 2008 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Zur Begründung seiner Beschwerde hat er vorgetragen, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung für das SG und die Beklagte. Zudem gehe es nicht nur um den Bewilligungsabschnitt von November 2007 bis April 2008, sondern auch um den von Mai bis Oktober 2008, mithin um einen Betrag i.H.v. insgesamt 458,76 EUR. Ihm gehe es um die Klarstellungen in den Entscheidungen des Bundessozialgericht in den Urteilen B 14/7b AS 64/06 R und B 14/7b AS 32/06 R. Es seien zudem weitere Rechtsstreitigkeiten die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung betreffend anhängig (S 2 AS 1101/08, S 2 AS 347/08, nunmehr L 5 B 85/08 NZB, S 2 AS 801/08 ER, nunmehr L 5 B 220/08 AS ER, S 2 AS 1202/08 ER, nunmehr L 2 B 219/08 AS ER). Er bitte um Überprüfung, ob für diese Verfahren zusammen ein Berufungsverfahren eingeleitet werden könne. Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 6. Mai 2008 zuzulassen und das Berufungsverfahren durchzuführen. Die Beklagte hat Gelegenheit zur Stellungnahme zur Beschwerde erhalten, davon je-doch keinen Gebrauch gemacht. Wegen des weiteren Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Berufung gegen das Urteil vom 6. Mai 2008 zu Recht nicht zugelassen. Gemäß § 144 Abs. 1 SGG in ab 1. April 2008 gültigen Fassung bedarf die Berufung der Zulassung in einem Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR oder 2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Da der Gesetzgeber eine ausdrückliche Übergangsregelung nicht getroffen hat, ist hin-sichtlich der Frage, welche prozessrechtlichen Vorschriften in einer bestimmten Verfahrenslage anzuwenden sind, auf den Grundsatz des "intertemporalen Prozessrech...

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