Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Vergütungsfestsetzungsverfahren. Unzulässigkeit einer weiteren Beschwerde gegen SG-Beschluss an das LSG. Subsidiarität der Regelungen des RVG gegenüber den SGG-Vorschriften über die Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
1. Wegen der Regelung des § 197 SGG ist im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach richterlicher Entscheidung (Erinnerung) eine (weitere) Beschwerde an das Landessozialgericht nicht möglich.
2. Die Regelungen des RVG zur Beschwerde sind wegen des Vorrangs der Vorschriften des SGG, das eine eigenständige und in sich abgeschlossene Verfahrensordnung darstellt, nicht anwendbar.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. Januar 2010 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Landeskasse im Wege der Prozesskostenhilfe (PKH) zu zahlenden Vergütung für die anwaltliche Tätigkeit in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG).
Mit Beschlüssen vom 11. und 25. Mai sowie 4. Juni 2009 bewilligte das SG den von den Beschwerdeführern (BF) anwaltlich vertretenen Antragstellern PKH ohne Ratenzahlungsverpflichtung unter deren Beiordnung.
Am 15. Juni 2009 beantragten die BF die Festsetzung von Gebühren und Auslagen iHv 737,80 EUR. Mit Beschluss vom 1. Juli 2009 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vergütung mit PKH-Festsetzungsbeschluss auf insgesamt 333,20 EUR fest. Dagegen legten die BF am 31. Juli 2009 Erinnerung ein und begehrten die Festsetzung in der beantragten Höhe. Die in Ansatz gebrachten Gebühren seien zutreffend nach den Kriterien des § 14 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ermittelt worden und daher verbindlich.
Mit Beschluss vom 8. Januar 2010 hat das SG den Beschluss vom 1. Juli 2009 geändert, die Vergütung der BF auf 347,48 EUR festgesetzt und die Erinnerung im Übrigen zurückgewiesen. Die von den BF getroffene Bestimmung der Gebührenhöhe sei unbillig gewesen. Eine Terminsgebühr sei nicht angefallen. Das SG hat auf die Unanfechtbarkeit der Entscheidung gemäß § 178 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen.
Die BF haben dagegen am 27. Januar 2010 Beschwerde eingelegt. Diese sei gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR übersteige. Entgegen der Auffassung des SG ergebe sich eine vermeintliche Unzulässigkeit nicht aus dem Normengefüge der §§ 172 ff. SGG. Insoweit werde verkannt, dass sich das PKH-Verfahren nicht nach den Vorschriften des SGG, sondern gemäß § 73a SGG nach denjenigen der Zivilprozessordnung (ZPO) richte. Die dortigen Regelungen seien für die PKH spezieller und gingen denjenigen des SGG vor. Die Vorschrift des § 56 RVG ziele darauf ab, Kostenfestsetzsetzungsverfahren hinsichtlich der aus der Landeskasse zu zahlenden Vergütungen trotz unterschiedlicher Prozessordnungen für Verfahren nach dem SGG und der ZPO einheitlich zu regeln.
Auf den Hinweis des Senats, die Beschwerde sei unzulässig, weil § 178 SGG auch die Festsetzung von PKH-Vergütungen gegen die Landeskasse erfasse, haben die BF mit Schriftsatz vom 9. März 2010 ausgeführt, die §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 RVG enthielten eigenständige Verfahrensregeln über die möglichen Rechtsbehelfe. Diese würden in allen Verfahrensordnungen als die spezielleren Vorschriften anerkannt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und das Prozesskostenhilfebeiheft ergänzend Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig und daher zu verwerfen. Das SG hat in dem angegriffenen Beschluss bereits abschließend entschieden. Nach § 172 SGG ist gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte das Rechtsmittel der Beschwerde zum Landessozialgericht eröffnet, soweit im SGG nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 178 SGG kann gegen Entscheidungen des ersuchten oder beauftragten Richters oder des Urkundsbeamten binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden (sog. Erinnerung), das endgültig entscheidet. Nach seinem eindeutigen Wortlaut erfasst § 178 SGG die Entscheidungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des SG und damit auch die zu seinen Aufgaben gehörende Festsetzung der PKH-Vergütung für einen im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt.
Die Regelung des § 178 SGG wird durch die entsprechende Regelung für das Kostenfestsetzungsverfahren in § 197 Abs. 1 SGG ergänzt und bestätigt. Danach setzt auf Antrag der Beteiligten der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. Gegen diese Entscheidung des Urkundsbeamten kann gemäß § 197 Abs. 2 SGG das Gericht angerufen werden, das dann endgültig entscheidet. Nach dem Gebührenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG hat auf die Erinnerung da...