Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Aufforderung zur Beantragung vorrangiger Leistungen. vorzeitige Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Ermessensausübung. keine Unbilligkeit oder besondere Härte
Leitsatz (amtlich)
Die Aufforderung des Leistungsträgers gem § 12a SGB 2, vorzeitig eine geminderte Altersrente in Anspruch zu nehmen, ist regelmäßig ermessensfehlerfrei, wenn der Auszahlungsbetrag der geminderten Altersrente über dem SGB 2-Bedarf liegt und Anhaltspunkte für eine besondere Härte nicht ersichtlich sind.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 26. März 2014 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer und Antragsteller (im Folgenden: Antragsteller) erstrebt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage sowie die Verpflichtung des Beschwerdegegners und Antragsgegners (im Folgenden: Antragsgegner), einen für ihn bei der D. R. M. gestellten Rentenantrag zurückzunehmen.
Der am ... 1950 geborene Antragsteller bezieht mit seiner Ehefrau laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Nach einem vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 24. Oktober 2013 gewährte der Antragsgegner einen monatlichen Gesamtbetrag in Höhe von 771,63 EUR (Antragsteller: 185,52 EUR Regelbedarf; 200,29 EUR Kosten der Unterkunft [KdU]; Ehefrau: 185,52 EUR Regelbedarf; 200,30 EUR Kosten der Unterkunft [KdU]). Bereits mit Schreiben vom 9. September 2013 hatte der Antragsgegner den Antragsteller aufgefordert, einen Antrag auf Altersrente bei der zuständigen D. R. M. zu stellen. Den dagegen gerichteten Widerspruch vom 10. Oktober 2013 wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 24 Oktober 2013 zurück. Dagegen hatte der Antragsteller Klage am 22. November 2013 vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben (S 7 AS 2797/13) und gleichzeitig einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt (S 7 AS 2781/13 ER). In dem Verfahren S 7 AS 2781/13 ER hatte das SG Ermittlungen bei der D. R. M. eingeholt. Dieser bezifferte den aktuellen Anspruch des Antragstellers auf Altersrente auf 690,58 EUR brutto (abzüglich Sozialversicherungsbeiträge) und bei einem Rentenbeginn am 1. Mai 2016 auf 741,85 EUR. Mit Beschluss vom 22. Januar 2014 hatte das SG die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet und den Antragsgegner verpflichtet, den für den Antragsteller gestellten Antrag auf Altersrente zurückzunehmen. Dagegen hatte der Antragsgegner kein Rechtsmittel eingelegt und den für den Antragsteller gestellten Rentenantrag beim Rentenversicherungsträger mit Schreiben vom 5. Februar 2014 zurückgenommen. Das Hauptsacheverfahren S 7 AS 2797/13 endete mit einem rechtskräftigen Anerkenntnisgerichtsbescheid zu Lasten des Antragsgegners.
Mit Bescheiden vom 5. Februar 2014 und 12. Februar 2014 forderte der Antragsgegner den Antragsteller erneut auf, bis zum 1. März 2014 einen Antrag auf geminderte Altersrente bei der D. R. M. zu stellen, und führte zur Begründung aus: Die Aufforderung zur Beantragung einer geminderten Altersrente sei eine Ermessensentscheidung. Nach einer Auskunft der D. R. betrage die geminderte Rente 690,58 EUR, was zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Antragsteller ausreiche. Seine Eingliederung in den Arbeitsmarkt sei gescheitert. Umfangreiche Bemühungen um eine Beschäftigung seien erfolglos geblieben. Eine Aussicht auf die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung innerhalb der kommenden drei Monate bestehe nicht. Die geminderte Rentenhöhe führe nicht zu einem Ausnahmefall nach der sog. Unbilligkeitsverordnung (UnbilligkeitsV). Es lägen auch keine Ausnahmetatbestände zur Vermeidung unbilliger Härten vor. Gegen beide Bescheide legte der Antragsteller jeweils am 24. Februar 2014 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus: Der Antragsgegner lasse den Beschluss des SG außer Acht. Die Wiederholung des Verfahrens durch den Antragsgegner sei weder fair noch nachvollziehbar und laufe dem Sinn und Zweck der gerichtlichen Entscheidung zuwider. Von der ermittelten geminderten Altersrente seien allein ca. 76 EUR an die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung abzuführen. Der verbleibende Betrag genüge nicht zur Existenzsicherung. Im Übrigen sei das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre erhöht worden, so dass er weiterhin Interesse an einer Beschäftigung habe.
Der Antragsgegner zahlte die Leistungen für März 2014 zunächst nicht aus, verfügte mit Bescheid vom 28. März 2014 die vorläufige Leistungseinstellung und führte zur Begründung aus: Der Antragssteller habe keinen Antrag auf Gewährung einer geminderten Altersrente gestellt, was nun vom Antragsgegner nachgeholt worden sei. Der erstmalige Bezug der geminderten Rente werde daher im laufenden Monat April 2014 erfolgen. Hiergegen legte der Antragsteller am 4. April 2014 Widerspruch ein und wiederholte seine Rechtsauffassung zur rechts...