Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Übernahme von Stromschulden. Ermessensreduzierung. zu geringe Leistungen des Grundsicherungsträgers. Zuschuss anstatt Darlehen
Leitsatz (amtlich)
Es spricht für eine Übernahme der beim Energieunternehmen aufgelaufenen Stromschulden der Leistungsempfänger, wenn der Träger der Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II vorher zu geringe Leistungen, insbesondere für Wohnung und Heizung erbracht hat, und dies zumindest zum Teil ursächlich für das Auflaufen der Schulden war. Je nach Umfang des Verursachungsbeitrags kann sich ergeben, dass für die Tilgung der Schulden ausnahmsweise nicht nur ein Darlehen sondern ein Zuschuss zu gewähren ist.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Stendal vom 6. Juni 2007 wird aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, vorläufig die Schulden der Antragsteller aus dem Stromlieferungsvertrag mit der … A. AG in Höhe von 1.457,81 € zu übernehmen, wobei diese Verpflichtung Zug um Zug gegen die Erklärung der Antragsteller, mit einer direkten Zahlung dieser Summe und künftiger Zahlungen für Stromlieferungen durch die Antragsgegnerin an die … A. AG einverstanden zu sein, erfüllt werden kann. Der weitergehende Beschwerdeantrag auf eine bedingungslose Verpflichtung der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller des Antrags- und Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller verfolgen im Beschwerdeverfahren ihr Begehren weiter, die Antragsgegnerin zur vorläufigen Übernahme von Schulden für Stromlieferungen bei dem Energieversorgungsunternehmen .... A. AG (im folgenden: A. AG) zu verpflichten.
Die im Jahre 1945 geborene Antragstellerin zu 1. und der im Jahre 1960 geborene Antragsteller zu 2. sind miteinander verheiratet. Die Antragstellerin zu 1. ist deutsche Staatsbürgerin und der Antragsteller zu 2. ist ukrainischer Staatsbürger. Beide leben, zusammen mit dem 1977 geborenen Sohn der Antragstellerin zu 1., seit dem 1. Oktober 2004 in einem anmieteten Haus in der D.straße in ... D. . Laut dem Mietvertrag beträgt die Grundmiete (Nettokaltmiete) monatlich 450,00 € und für Nebenkosten sind monatlich 54,00 € zu leisten. Die Kosten für Abwasser, Abfuhr von Fäkalschlamm, Energie (Strom), Heizung und Warmwasser (Gas) müssen die Antragsteller selbst tragen. Der Umfang der vermieteten Wohnfläche ist im Mietvertrag nicht bezeichnet. Gegenüber der Antragsgegnerin gaben die Antragsteller eine Wohnfläche von ca. 62 qm an. Aus in der Folgezeit geführter Korrespondenz der Antragsteller mit den Vermietern geht hervor, dass die Antragsteller zahlreiche Mängel des Hauses anzeigten und unter anderem monierten, die schlecht gedämmten Wände führten zu hohen Wärmeverlusten.
Die Antragsgegnerin bewilligte den Antragstellern als Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II - in einer monatlichen Höhe von 938,78 €. Dabei wurden Kosten für Unterkunft und Heizung in einer Gesamthöhe von 342,78 € für die Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt. Die Antragsgegnerin ging davon aus, dass auf die Antragsteller 2/3 der Kosten und 1/3 auf den Sohn der Antragstellerin zu 1. entfielen und führte aus: Die Kosten der Unterkunft seien bezogen auf die Kaltmiete unangemessen hoch. Die Bewilligung werde deshalb auf den 30. April 2005 befristet. Nach ihrer Richtlinie zur Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten würden nur Mieten in Höhe von 4,00 € pro qm Wohnfläche als angemessen anerkannt. Hier betrage die Miete aber 7,26 € pro qm. Einen monatlichen Differenzbetrag von 202,00 € müssten die Antragsteller selbst übernehmen. Verbrauchsabhängige Kosten wie z. B. für Heizung und Gas könnten nur insofern Berücksichtigung finden, wie sie angemessen seien. Am 8. März 2005 sprach die Antragstellerin zu 1. bei der Antragsgegnerin vor und teilte mit: Die Gasheizung im Haus sei ständig kaputt. Sie müsse für Gas für drei Monate über 600 € zahlen. Die Sachbearbeiterin bzw. der Sachbearbeiter erklärte daraufhin, “laut Gesetz„ würden nur 1,30 € pro qm als Heizkosten anerkannt. Für die Zeit ab Mai 2005 gewährte die Antragsgegnerin den Antragstellern monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 303,63 €. Dabei ging sie weiter davon aus, dass auf die Antragsteller 2/3 der Gesamtkosten und 1/3 auf den Sohn der Antragstellerin zu 1. entfielen. Davon ausgehend übernahm die Antragsgegnerin für die Antragsteller einen Mietanteil von 213,33 € und Heizkosten in Höhe von monatlich 56,85 € (2/3 von 104 € abzüglich 18% für die Warmwasseraufbereitung) sowie weitere Nebenkosten (wohl für die monatliche Fäkalienabfuhr und Abwasser) von 33,45 €. Ab November 2005 übernahm die Antragsgegnerin monatlich einen Mietanteil von 184,67 €, anteilige Heizkosten von 80,36 € und weitere Nebenkosten von 36 €.
Für den Verbrauchszeitraum vom 1. Oktober 2004 bi...