Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Erwerbsminderungsrente aufgrund psychischer Erkrankung des Versicherten
Orientierungssatz
1. Bei der Entscheidung über die Bewilligung von Erwerbsminderungsrente wird wegen der Simulationsnähe von Erkrankungen mit psychischem Einschlag in der Rechtsprechung des BSG bei der Feststellung der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale ein strenger Maßstab gefordert. Für deren tatsächliches Vorliegen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit trifft den Rentenbewerber die Beweislast (BSG, Urteil vom 20.10.2004, B 5 RJ 48/03 R).
2. Kann der Versicherte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch sechs Stunden täglich erwerbstätig sein, liegt weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor und besteht Wegefähigkeit, so ist eine Gewährung von Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung ausgeschlossen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) ab dem 14. September 2011 streitig.
Der 1982 geborene Kläger schloss die Schule mit dem Abschlusszeugnis der 7. Klasse ab. Danach absolvierte er ein Berufsvorbereitungsjahr. Die anschließende, im Oktober 1999 begonnene Ausbildung zum Maler und Lackierer brach er im März 2002 ab. Den Grundwehrdienst ab April 2002 beendete der Kläger vorzeitig im Dezember 2002 als dienstunfähig. Er erhielt von Januar 2003 bis Dezember 2004 Arbeitslosengeld. Seit Januar 2005 bezieht er Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 14. September 2011 die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Er sei seit Ende 2009 wegen Depressionen, Angststörungen und schweren Schlafstörungen erwerbsgemindert.
Die Beklagte zog das Gutachten nach Aktenlage von der Ärztin der Agentur für Arbeit Magdeburg Dr. W. vom 11. März 2011 bei. Diese bescheinigte dem Kläger unter Berücksichtigung seiner psychischen Minderbelastbarkeit ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Dem Gutachten war das auf Veranlassung der Agentur für Arbeit M. von der Nervenärztin Dr. G. erstattete neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 26. Februar 2011 beigefügt. Der Kläger sei in gutem körperlichen Zustand. Der neurologische Befund sei in allen Teilen regelrecht. Es bestehe eine Drogenerkrankung, wobei der Kläger glaubhaft seit 2 Jahren abstinent sei. Dieser müsse lernen, seinen Tag zu strukturieren. Er sei in der Lage, z.B. als Malerhelfer zu arbeiten. Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsprozess seien notwendig. Ferner lag Dr. W. das psychologische Gutachten der Dipl.-Psych. K1 vom 30. April 2010 vor. Danach sei die psychische Belastbarkeit des Klägers deutlich eingeschränkt. Für einen Zeitraum von bis zu 6 Monaten sei keine Erwerbsfähigkeit gegeben.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 26. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2012 den Rentenantrag ab. Beim Kläger bestehe ein Leistungsvermögen im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich für schwere Arbeiten mit weiteren Funktionseinschränkungen.
Hiergegen hat sich der Kläger mit der am 8. Mai 2012 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage gewandt. Aufgrund psychischer Erkrankungen bestehe kein Leistungsvermögen von 3 oder mehr Stunden täglich.
Das Sozialgericht hat das nach Aktenlage für die Agentur für Arbeit M. erstattete Gutachten der Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. B1 vom 1. August 2012 beigezogen. Danach bestehe wegen einer behandlungsbedürftigen Suchterkrankung eine Leistungsfähigkeit von täglich weniger als 3 Stunden für voraussichtlich bis zu 6 Monaten. Eine Langzeitentwöhnung sei notwendig. Dem Gutachten war ein weiteres Gutachten von Dr. G. vom 12. Juli 2012 beigefügt. Als Diagnosen wurden eine Alkohol-, eine Drogensucht (mit der Angabe einer Abstinenz von 3 Jahren) und eine emotionale Instabilität angeführt. Der Kläger habe sich wenig bereit gezeigt, seine Situation zu ändern - „oder tat jedenfalls so“. Seine intellektuellen Fähigkeiten seien gut und rechtfertigten keinesfalls einen 7-Klassenabschluss. Eine erneute Suchttherapie sei dringend erforderlich.
Der Kläger hat Teil B des Gutachtens des Facharztes für Innere Medizin Dr. K2 vom 2. Mai 2013, erstattet für die Agentur für Arbeit M., vorgelegt. Danach liege beim Kläger eine chronifizierte psychische Erkrankung mit Störung des Sozialverhaltens vor. Hinweise auf einen derzeit bestehenden leistungsrelevanten Substanzmissbrauch hätten sich nicht ergeben. Es bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für schwere Arbeiten ohne höhere psychomentale Anforderungen.
Das Sozialgericht hat Befundberichte eingeholt. Die Fach...