Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens. keine erledigende und damit den zu prüfenden Zeitraum begrenzende Wirkung durch einen neuen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit während eines anhängigen Streitverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Wird während eines anhängigen Streitverfahrens wegen der Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer ein neuer Rentenantrag gestellt, tritt hierdurch keine erledigende und damit den zu prüfenden Zeitraum begrenzende Wirkung ein (so auch LSG München vom 26.10.2015 - L 13 R 923/13; entgegen LSG Halle vom 2.7.2015 - L 1 R 59/13); maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist die letzte mündliche Verhandlung der Tatsacheninstanz.
Orientierungssatz
1. Zum Leitsatz hinsichtlich der nicht erledigenden Wirkung eines während eines anhängigen Streitverfahrens wegen der Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer gestellten Neuantrages: Entgegen LSG Halle vom 13.5.2015 - L 1 R 79/13 B und vom 4.6.2015 - L 1 R 136/13.
2. Zum Leitsatz hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunktes für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage, wenn Verwaltungsakte mit Dauerwirkung im Streit sind, die laufende Leistungen betreffen und somit auch bei Bescheiderteilung in der Zukunft liegende Bewilligungszeiträume erfassen, vgl BSG vom 17.2.2005 - B 13 RJ 31/04 R = SozR 4-2600 § 43 Nr 3.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) streitig.
Der 1963 geborene Kläger hat nach Abschluss der 10. Klasse im Jahr 1982 die Lehre zum Agrotechniker/Mechanisator absolviert. Nach Erlangung des Facharbeiterabschlusses war er in diesem Beruf auch tätig. Anschließend arbeitete er bis 1991 als Schlosser sowie Anlagenschlosser. Von 1991 bis 2006 war er als Autobauer/Karosseriebauer/Produktionsmitarbeiter bei VW W. tätig. Der Kläger hat angegeben, diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben zu haben. Seitdem ist er arbeitslos und bezieht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II).
Mit Bescheid vom 5. Januar 2011 des Landesverwaltungsamts - Versorgungsamt -, wurde beim Kläger ab dem 26. März 2010 ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt. Als maßgebende Funktionsbeeinträchtigungen werden die Bewegungseinschränkung beider Ellenbogen- und Handgelenke, eine Funktionsminderung beider Hüftgelenke, der Wirbelsäule und eine psychische Störung benannt.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 4. Oktober 2007 die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Er begründete diesen Antrag mit seinen körperlichen und psychischen Problemen. Er habe im September 2006 aus gesundheitlichen Gründen aufgehört, zu arbeiten. Der Beklagten lag das Gutachten der Medizinaldirektorin (MD) Dr. W. vom 26. März 2007 nach Untersuchung des Klägers vor, welches für die Bundesagentur für Arbeit M. erstellt worden war. Sie schätzte eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Klägers insbesondere aufgrund der angeborenen Veränderungen im Bereich beider Ellenbogengelenke ein. Der Kläger sei für ständig leichte körperliche Arbeiten noch vollschichtig leistungsfähig. Auszuschließen seien insbesondere Zeitdruck, anhaltende Zwangshaltungen der Wirbelsäule sowie häufiges Bücken oder Heben und Tragen ohne mechanische Mittel. Die Beklagte holte den Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Medizinalrat (MR) Dr. B. vom 9. Oktober 2007 ein, aus dem sich eine stetige Verschlechterung in den letzten zwölf Monaten ergab. Dr. B. teilte als Diagnosen multiple kartilaginäre Exostosen , ein chronisch-rezidivierendes lumbales Pseudoradikulärsyndrom , eine beginnende Gonarthrose sowie eine Sprunggelenksarthrose mit.
Die Beklagte holte das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. F. vom 4. April 2008 nach Untersuchung des Klägers am 3. April 2008 ein. Dr. F. stellte folgende Diagnosen:
Multiple Osteochondrome .
Arthrose beider Ellenbogengelenke.
Lumbalsyndrom.
Periarthritis humeroscapularis beidseits .
Aufgrund der multiplen Osteochondrome sei es zu Wachstumsstörungen im Bereich der Knie-, Sprung-, Hüft-, Schulter- sowie der Handgelenke gekommen. Die Belastbarkeit des Klägers sei deutlich eingeschränkt. Es bestünde nur noch eine Eignung für leichte Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen. Die Tätigkeit als Karosseriebauer sei vollschichtig nicht mehr zumutbar.
Der Beklagten lag zudem das nach Untersuchung des Klägers für den MDK Sachsen-Anhalt e.V. erstellte sozialmedizinische Gutachten der MR Dipl.-Med. R. vom 29. Januar 2008 vor. Sie stellte fest, dass es sich beim Kläger um eine fortschreitende angeborene Osteochondrodysplasie mit vorwiegenden Funktionsstörungen und Deformierungen im Bereich der oberen Extremitäten und auch sichtbar im Knie- und Sprunggelenksbereich h...