Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwertungspflicht eines nicht selbst genutzten Hausgrundstücks beim Bezug von Grundsicherungsleistungen
Orientierungssatz
1. Die vom Grundsicherungsträger zu leistenden Kosten der Unterkunft richten sich allein nach den mietvertraglichen Vereinbarungen, soweit diese angemessen sind. Besteht ein anderweitiger Anspruch des Mieters gegen den Vermieter, so mindert dieser nicht den Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Unterkunft. Dies gilt nicht in Fällen von Rückzahlungen oder Guthaben gemäß § 22 Abs. 1 S. 4 SGB 2.
2. Besitzt der Hilfebedürftige ein nicht vermögensgeschütztes Haus i. S. von § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB 2, so entfällt dessen Hilfebedürftigkeit nur dann, wenn das Vermögen innerhalb von sechs Monaten verwertbar ist. Dabei ist eine Prognose zu treffen. Wurde eine Wertermittlung für das Haus bisher nicht durchgeführt, so ist von einer Verwertbarkeit innerhalb von sechs Monaten nicht auszugehen. Das Gleiche gilt hinsichtlich einer beabsichtigten Teilungsversteigerung bei bisher fehlender Einwilligung des Miteigentümers.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 19. Oktober 2010 (S 3 AS 2565/10 ER) wird als unzulässig verworfen.
Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 18. Oktober 2010 (S 3 AS 3165/10 ER) wird abgeändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig vom 1. Oktober 2010 bis zum 31. März 2011 weitere Leistungen i.H.v. 343,53 EUR/Monat zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für die Verfahren L 5 AS 444/10 B ER und S 3 AS 3165/10 ER zu erstatten.
Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich gegen zwei Beschlüsse des Sozialgerichts Magdeburg, das seinen Anträgen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes auf höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit von August bis September 2010 nicht sowie für die Zeit von Oktober 2010 bis März 2011 nur teilweise entsprochen hat.
Der am ... 1965 geborene ledige Antragsteller ist zu ½ Miteigentümer eines 1996 für einen Kaufpreis von 120.000 DM erworbenen Grundstücks von 457 qm in B., das nach seinen Angaben mit einem 128 qm großen (160 qm inkl. Keller) Einfamilienhaus bebaut ist. Weitere Miteigentümerin ist seine frühere Lebensgefährtin (im Folgenden: LG). Die Finanzierung des Hauskaufs erfolgte mittels zweier Lebensversicherungen der A. Lebensversicherungs-AG durch die LG. Zum 31. Dezember 2009 sind aus diesen beiden Darlehensverträgen noch 69.622,73 EUR offen gewesen. Die monatlich zu zahlenden Zins- und Tilgungsraten sind nach der Eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers vom 3. Dezember 2010 die ganze Zeit allein von der LG aufgebracht worden. Für einen dritten Darlehensvertrag zwischen der A. Lebensversicherungs-AG und der LG vom 6. März 2009 über einen Betrag von 12.200,00 EUR haftet der Antragsteller als Sicherungsgeber. Aus diesem Vertrag sind zum 31. Dezember 2009 noch 12.012,89 EUR offen gewesen.
Der Antragsteller und die LG leben seit Januar 2007 getrennt. Aus der Beziehung stammt eine 1992 geborene Tochter. Nach seinen Angaben bewohnte der Antragsteller nach der Trennung bis 27. Juli 2009 die untere, nicht abgeschlossene Etage des Hauses mit zwei Zimmern, Küche und Bad. In der oberen Etage, ebenfalls mit zwei Zimmern, Küche und Bad, habe die LG mit der gemeinsamen Tochter und ihrer weiteren, 1987 geborenen Tochter gewohnt. Im Jahr 2009 sei auch der Freund der Tochter eingezogen.
Der Antragsteller bezog zuletzt Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) vom 23. Oktober bis 16. Dezember 2009. Zwischenzeitlich bezog er von dem Job-Center der Arbeitsgemeinschaft Börde Leistungen nach dem SGB II. Ein Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) ist mit Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. Februar 2010 wegen fehlender Erwerbsminderung abgelehnt worden; ein Berufungsverfahren ist beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt anhängig. Der Antragsteller meldete sich zum 28. Juli 2009 nach 39126 M., An den B., um und bezog dort eine 50 qm große, komplett möblierte Wohnung. Nach Angaben der Antragsgegnerin handelt es sich um einen Bungalow. Vermieterin ist die LG, welche die Wohnung zuvor als Wochenendhaus genutzt habe. Der Beginn des Mietverhältnisses war ausweislich des Mietvertrags auf den 14. September 2009 datiert. Für die Miete sollten 250,00 EUR und als Vorauszahlung für die Betriebskosten 100,00 EUR (je 50,00 EUR für Betriebs- und Heizkosten) geleistet werden. Mietzahlungen hat der Antragsteller von Beginn an nicht geleistet, bezahlt jedoch nach seinen Angaben Nebenkosten. Die Kündigung des Mietverhältnisses ist erstmals unter dem 19. März 2010 zum 30. April 2010 wegen Mietrückständen i.H.v. 2.450,00 EUR erfolgt. Eine weitere fristlose Kündigung zum 31. Dezember 2010 we...