Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Grundsätzliche Bedeutung. Nachforderung von Betriebskosten. Bestandskraft
Leitsatz (redaktionell)
Die Nachforderung von Betriebskosten begründet im Monat der Fälligkeit einen erhöhten Bedarf. Dieser Bedarf ist vom ursprünglichen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II umfasst. Der Leistungsberechtigte muss daher keinen erneuten Antrag stellen.
Normenkette
SGG § 144 Abs. 1-2; SGB X §§ 44, 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 29. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe
I.
Der Beklagte und Beschwerdeführer begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts Magdeburg (SG) und die Durchführung des Berufungsverfahrens.
Zwischen den Beteiligten waren die Höhe der Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) sowie die Übernahme einer Forderung des Vermieters aus einer Betriebskostenabrechnung im Rahmen der Leistungsgewährung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.
Die Klägerin bezog von dem Beklagten laufende Leistungen nach dem SGB II. Ab Dezember 2005 bewohnte sie eine Wohnung, für die sie eine Warmmiete von 325,16 EUR (Kaltmiete: 226,60 EUR, Betriebskosten: 50,00 EUR, Heiz- und Warmwasserabschlag: 45,00 EUR, Antennengebühr: 3,56 EUR) zu zahlen hatte. Mit Bescheid vom 31. Mai 2006 bewilligte der Beklagte für die zweite Jahreshälfte 2006 monatliche Leistungen iHv 623,90 EUR. Dabei berücksichtigte er neben der Regelleistung iHv 331,00 EUR KdU iHv 292,90 EUR (Miete und Betriebskosten: 256,00 EUR, Heizkosten iHv 36,90 EUR (45,00 EUR abzüglich 18%)). Mit Bescheid vom 22. Juni 2006 änderte er ab Juli 2006 die monatlichen Leistungen auf 637,90 EUR wegen der Erhöhung der Regelleistung um 14,00 EUR auf 345,00 EUR.
Gegen den Bescheid vom 22. Juni 2006 legte die Klägerin am 12. Juli 2006 Widerspruch ein, mit dem sie die Höhe des Abzugs für die Warmwasserbereitung iHv 8,10 EUR rügte. Diesen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2006 zurück. Die Anhebung der Regelleistung sei für die Klägerin eine ausschließlich begünstigende Regelung. Im Übrigen sei der Ursprungsbescheid bestandskräftig.
Dagegen hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben. Sie habe sich mit ihrem Widerspruch gegen den gesamten Bescheid und damit auch gegen die Berechnung der KdU gewandt. Der Abzug für die Kosten der Wassererwärmung sei zu hoch. Zudem sei die Miete ungekürzt zu übernehmen.
Am 7. November 2006 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Übernahme der Betriebskostennachforderung ihres Vermieters für das Jahr 2005. Dieser hatte für die Wohnung an Heizkosten 316,15 EUR und an Betriebskosten 15,14 EUR nachgefordert. Für die andere Wohnung waren Heizkosten iHv 239,39 EUR nachgefordert und bei den Betriebskosten ein Guthaben iHv 152,92 EUR ausgewiesen worden.
Mit Bescheid vom 14. November 2006 lehnte der Beklagte die Übernahme der Nachzahlungen für die Heizkosten ab. Hinsichtlich der Betriebskosten seien Guthaben- und Nachzahlungsbetrag zu verrechnen. Heizkosten seien bereits in maximal angemessener Höhe übernommen worden. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2006 zurück. Die mit den aus dem Juli 2006 stammenden Abrechnungen erhobenen Forderungen seien im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung im November 2006 bereits Schulden gewesen und daher nicht mehr berücksichtigungsfähig. Auch dagegen hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben.
Nach Verbindung der Verfahren hat das SG mit Urteil vom 29. Juli 2009 den Beklagten verurteilt, der Klägerin für die zweite Jahreshälfte 2006 weitere KdU-Leistungen iHv insgesamt 156,24 EUR nebst Zinsen sowie zur Begleichung der Betriebskostenabrechnung 403,16 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Gegenstand des Bescheids vom 22. Juni 2006 sei die gesamte Leistungsbewilligung - also auch die Berechnung der KdU - gewesen. Mit ihrem Widerspruch habe die Klägerin eine Neuberechnung verlangt, die der Beklagte zumindest konkludent abgelehnt habe. Er habe zu Unrecht von den Heizkostenvorauszahlungen 18% für die Warmwasserbereitung abgezogen. Anstelle von 8,10 EUR seien 6,22 EUR abzuziehen gewesen. Zudem seien die tatsächlichen KdU zu übernehmen, da Anhaltspunkte für eine Unangemessenheit der KdU nicht erkennbar seien. Die Klägerin habe auch Anspruch auf Übernahme der Betriebskostennachforderung ihres Vermieters. Es sei nicht relevant, ob sie die Abrechnung unmittelbar nach Erhalt oder erst im November 2006 eingereicht habe. Eine Nachforderung auf die Betriebskosten gehöre zum laufenden Bedarf unabhängig davon, wann die Abrechnung beim Leistungsträger geltend gemacht werde. Es handele sich nicht um Schulden. Es seien daher antragsgemäß 403,16 EUR zu übernehmen. Das SG hat im Urteil die Berufung ...