Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Arbeit. keine Anwendung des § 3 Abs 1 S 3 AlgIIV 2008 bei Ausübung der Erwerbstätigkeit während des gesamten Bewilligungszeitraums. keine Anwendung § 3 Abs 5 AlgIIV 2008 soweit Einkommen bereits im vorangegangenen Bewilligungszeitraum berücksichtigt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Regelung im § 3 Abs 1 S 3 Alg II-V (juris: AlgIIV 2008) in der ab dem 1.7.2011 geltenden Fassung, nach der, wenn eine Erwerbstätigkeit nur für einen Teil des Bewilligungszeitraums ausgeübt wird, das Einkommen auch nur für diesen Zeitraum zu berechnen ist, ist nicht anwendbar auf Fälle, in denen die Erwerbstätigkeit während des ganzen Bewilligungszeitraums ausgeübt wird, aber nur in einzelnen Monaten auch Einnahmen erzielt werden.

2. § 3 Abs 5 Alg II-V (juris: AlgIIV 2008) in der ab den 1.4.2011 geltenden Fassung ermöglicht im Bewilligungszeitraum bei der Einkommensberücksichtigung die Einbeziehung des innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten vor der Antragstellung erzielten Einkommens, soweit dieses nicht im vorangegangenen Bewilligungszeitraum bereits berücksichtigt worden ist. Die Vorschrift ordnet nicht die Einkommensberechnung unabhängig von der Dauer des Bewilligungszeitraums bezogen auf einen Jahreszeitraum an.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Halle vom 22. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts (SG) Halle vom 22. Mai 2013. In der Sache streiten die Beteiligten über höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2009. Konkret wendet sich der Kläger gegen die Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit.

Der 1968 geborene Kläger bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II. Er wohnt im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten beziehungsweise dessen Rechtsvorgängerin (im Folgenden einheitlich: Beklagter) in einer 91,37 qm großen Mietwohnung, für die monatlich eine Grundmiete in Höhe von 262,23 EUR und Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 67,77 EUR anfallen. Die Wohnung wird mit einem Kohleofen beheizt, wobei der Kläger das Heizmaterial selbst beschafft. Im August 2009 erwarb der Kläger Kohlen zum Preis von 280,00 EUR. Der Kläger ist Diplom-Grafiker und arbeitet seit 1996 freiberuflich als Künstler auf den Gebieten Malerei, Grafik und Plastik.

Am 18. Februar 2009 kaufte der Kläger verschiedene technische Gegenstände in einem Elektronikfachmarkt zu einem Gesamtpreis von 886,98 EUR. 647,00 EUR entfielen dabei auf eine Digitalkamera. Die gesamte Anschaffung wurde darlehensfinanziert über einen Kredit bei der citibank mit einem Gesamtbetrag von 929,23 EUR und monatlichen Raten von 103,30 EUR ab dem 15. Mai 2009 sowie einer Schlussrate am 15. Januar 2010 in Höhe von 102,83 EUR.

Für den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2009 bewilligte der Beklagte Leistungen nach dem SGB II vorläufig ohne Anrechnung von Einkommen. Nach Erhalt der Nachweise des Klägers zu seinen Einnahmen und Ausgaben aus der Selbständigkeit setzte der Beklagte die Leistungen für diesen Zeitraum ohne Anrechnung von Einkommen mit Bescheid vom 9. Juni 2010 endgültig fest. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger keinen Widerspruch ein.

In seinem Fortzahlungsantrag vom 23. Juni 2009 gab der Kläger an, im gesamten voraussichtlichen Bewilligungszeitraum (1. Juli bis 31. Dezember 2009) erwarte er Einnahmen in Höhe von 1.000,00 EUR, denen Ausgaben in Höhe von 1.150,00 EUR gegenüber stünden. Im voraussichtlichen Bewilligungszeitraum sei der Kauf einer neuen Kamera dringend notwendig. Die alte Kamera sei über 20 Jahr alt und defekt. Daher seien Investitionen mit 800,00 EUR anzusetzen. Hinzu kämen Telefonkosten von 150,00 EUR und Kosten des Wareneinkaufs von 200,00 EUR.

Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 31. Juli 2009 vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2009 in Höhe von monatlich 656,00 EUR (Summe aus nicht durch angerechnetes Einkommen geminderter Regelleistung von 359,00 EUR zuzüglich Bedarfen für die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 297,00 EUR). Nach den Ausführungen im Bescheid vom 31. Juli 2009 erfolgte die Bewilligung vorläufig, weil das Einkommen des Klägers aus selbständiger Tätigkeit im Bewilligungszeitraum nur geschätzt werden könne. Grundlage für eine abschließende Entscheidung sei der Nachweis des Klägers zu seinem tatsächlichen Einkommen.

Am 18. Februar 2010 erhielt der Beklagte die Angaben des Klägers zu seinen Einnahmen und Ausgaben im Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2009. Dabei beziffert der Kläger in der Anlage EKS die Einnahmen mit 2.220,00 EUR (im Juli in Höhe von 330,00 EUR und im Dezember in Höhe ...

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