Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. keine fiktive Terminsgebühr bei Rücknahme der Klage nach Teilanerkenntnis. Erledigungsgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Muss der Kläger nach der Annahme eines Teilanerkenntnisses die Klage im Übrigen noch zurücknehmen, ist bei der Vergütungsfestsetzung keine fiktive Terminsgebühr, sondern ggf eine Erledigungsgebühr anzusetzen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 27. April 2015 aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf 370,09 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Vergütungsfestsetzung. Sie wendet sich insbesondere gegen die Nichtansetzung einer Erledigungsgebühr.

Im Ausgangsverfahren erhoben die von der Beschwerdeführerin vertretene Klägerin und der Kläger am 9. Oktober 2010 Klage vor dem Sozialgericht Halle (SG) mit dem Begehren, unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 27. Juli 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2010 den Klägern Arbeitslosengeld II (Alg II) für den Bewilligungszeitraum September 2010 bis Februar 2011 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Die Kläger wandten sich dagegen, dass ein Betriebskostenguthaben im Monat Oktober 2010 angerechnet wurde und eine Kürzung von den Kosten der Unterkunft wegen einer fehlenden Angemessenheit der Wohnkosten vorgenommen wurde. Mit Änderungsbescheid im Klageverfahren vom 20. Januar 2011 erkannte der Beklagte die tatsächlichen Kosten der Unterkunft an (Kaltmiete 316,82 EUR und Betriebskosten 67,58 EUR). Hingegen sei die Anrechnung des im September 2010 ausgezahlten Guthabens in Höhe von 167,53 EUR, welches im Monat Oktober 2010 angerechnet wurde, gerechtfertigt. Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 "erweiterten" die Kläger ihren Antrag dahingehend, dass die Leistungen in den Monaten Oktober 2010, Januar und Februar 2011 nach der gesetzlichen Regelung aufgerundet werden müssten. Die Leistungshöhe müsste insgesamt geprüft werden, so dass es unschädlich sei, dass dieses Argument erst jetzt vorgebracht werde. Soweit die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) im Streit gestanden hätten, wäre der Änderungsbescheid geeignet, diese Problematik zu erledigen. Mit weiterem Schreiben vom 4. Mai 2011 wiesen die Kläger darauf hin, dass auch im Änderungsbescheid vom 20. Januar 2011 zu Unrecht ab dem 1. Januar 2011 Abzüge für Warmwasser vorgenommen worden seien. In einem weiteren Änderungsbescheid vom 4. Oktober 2011 berücksichtigte der Beklagte den Wegfall eines Abzuges für die Warmwassererwärmung ab Januar 2011. Mit Beschluss vom 12. Oktober 2011 bewilligte das SG den Klägern Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Beschwerdeführerin.

Das SG wies mit Schreiben vom 12. Dezember 2011 gesondert darauf hin, dass die Vorschriften zu den Rundungsregelungen keine individuellen Anspruchsgrundlagen böten und fragte an, ob sich der Rechtsstreit insgesamt erledigt hätte. Mit Schreiben vom 12. März 2012, wiesen die Kläger darauf hin, dass sie der Auffassung seien, ihnen stünde in Bezug auf die Rundungsregelung entgegen der Auffassung des SG ein Anspruch zu, was aber kontrovers diskutiert werden könne. Im Übrigen nahmen die Kläger das Teilanerkenntnis durch den Änderungsbescheid vom 4. Oktober 2011 an und erklärten den Rechtsstreit insgesamt für erledigt.

Mit Schreiben vom 29. März 2012 erklärt sich der Beklagte bereit, die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu tragen, was die Kläger annahmen.

Die Beschwerdeführerin stellte am 12. März 2012 einen Kostenfestsetzungsantrag.

Verfahrensgebühr in Verfahren vor dem Sozialgerichten

272,00 EUR

Terminsgebühr

55,00 EUR

Erledigungsgebühr

190,00 EUR

Pauschale für Post und Telekommunikation

20,00 EUR

19% Mehrwertsteuer

102,03 EUR

Gesamtbetrag

639,03 EUR

Mit Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss vom 22. April 2013 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Vergütung wie folgt fest:

Verfahrensgebühr

221,00 EUR

Terminsgebühr

50,00 EUR

Pauschale

20,00 EUR

Umsatzsteuer

55,29 EUR

Gesamtbetrag

346,29 EUR

Die Terminsgebühr bei einem Anerkenntnis könne nur mit 50,00 EUR angesetzt werden. Eine Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr sei nicht entstanden. Eine auf die Erledigung des Rechtsstreits gerichtete besondere Mithilfe der Prozessbevollmächtigten sei nicht erkennbar. Die von ihr ausgeübte Tätigkeit werde im Rahmen des normalen Mandats abverlangt und sei insoweit abgegolten. Allein die Annahme eines Anerkenntnisses stelle kein besonderes Tätigwerden im Sinne der Rechtsprechung des BSG dar.

Gegen diese Festsetzung legte die Beschwerdeführerin am 27. Mai 2013 Erinnerung ein.

Mit Beschluss vom 27. April 2015 hat das SG die Erinnerung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Es könne nur von einem weiteren Auftraggeber ausgegangen werden. Nach der Klageschrift habe die Beschwerdeführerin nur...

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