Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitgegenstand bei einer Ablehnung von Rentenleistungen. Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Neuantrag. Erledigung des Ablehnungsbescheides auf andere Weise
Leitsatz (amtlich)
Streitgegenständlich ist bei einer Ablehnung von Rentenleistungen ohne zeitliche Beschränkung grundsätzlich der gesamte Zeitraum bis zum für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt. Bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen iSv § 54 Abs 4 SGG ist dies grundsätzlich der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des LSG. Dies gilt jedoch nicht, wenn zwischenzeitlich ein neuer Antrag auf Rentenleistungen gestellt worden ist. Dann hat sich der streitige Ablehnungsbescheid für den vom Neuantrag erfassten Zeitraum gem § 39 Abs 2 SGB X auf andere Weise erledigt.
Orientierungssatz
Zum Leitsatz vgl LSG Halle vom 4.6.2015 - L 1 R 136/13.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. Dezember 2012 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitgegenständlich ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Der am ... 1963 geborene Kläger ist gelernter Agrotechniker/Mechanisator. In diesem Beruf war er bis 1986 erwerbstätig. Von Mai 1986 bis September 2008 arbeitete er als Zementiermaschinist. Er bezieht eine Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau seit dem 1. November 2009.
Der Kläger ist Rechtshänder. Er erlitt am 21. August 2008 einen Unfall. Beim Verfüllen eines Brunnens prallte ein Schlauch auf das rechte Handgelenk bzw. die rechte Hand des Klägers. Die operative Versorgung erfolgte am 27. November 2008. Bei der Kontrolle am 16. Dezember 2008 sei noch eine leichte Schwellung feststellbar. Sowohl Langfingerstreckung als auch Faustschluss seien komplett, jedoch kraftgemindert, möglich. Unter Angaben der Besserung der Beschwerden war im Januar 2009 eine deutliche Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks zu verzeichnen, weshalb im Februar 2009 eine weitere operative Versorgung erfolgte. Nach dem Zwischenbericht vom 17. Juli 2009 und dem Gutachten vom 5. August 2009 handele es sich um eine schmerzhafte Funktionseinschränkung des rechten Handgelenks nach SL-Bandläsion und SL-Bandrekonstruktion.
Am 17. September 2010 stellte der Kläger bei der Beklagten den zweiten Antrag auf Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente. Nach seinen Angaben im Antragsformular fühle er sich seit September 2008 wegen einer Funktionsunfähigkeit des rechten Arms, ständiger chronischer Schmerzen, einem Verschleiß der linken Schulter und wegen eines Bluthochdrucks erwerbsgemindert. Er könne keine Arbeiten mehr verrichten.
Aus dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren lag der Beklagten u.a. ein Gutachten seines Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) vom 26. Januar 2010 vor. Danach sei der Kläger allein mit dem Auto zur Begutachtung angereist. Das Gangbild sei flüssig. Das Umkleiden erfolge zügig. Die Wirbelsäule sei nicht relevant bewegungseingeschränkt. Im Bereich der oberen Extremitäten bestünden keine Entzündungszeichen der Gelenke. Die Handstreckung und -beugung und die Abduktion seien endgradig und die Adduktion leichtgradig rechtsseitig eingeschränkt. Es bestünde eine Umfangsdifferenz zugunsten von rechts von 1 cm im Handgelenksbereich und zugunsten von links von 1 cm im Unterarmbereich (10 cm unterhalb des Epicondylus lateralis). Der Faustschluss sei beidseits komplett, rechts mit geringer Kraftminderung (Kraftgrad 4/5) und bei Schmerzangabe, möglich. Die Fingerkuppen erreichten die Daumen. Es sei dem Kläger gelungen, einzelne Büroklammern mit der rechten Hand herauszusuchen und einen Satz zu schreiben. Bei Abduktion des linken Armes sei eine leichtgradige Bewegungseinschränkung festzustellen. Die unteren Extremitäten seien frei beweglich. Im Rahmen der Belastungsergometrie sei eine belastungsinduzierte hypertone Kreislaufdysregulation vorhanden. Zudem sei im neurologischen Befund eine Mundastschwäche aufgefallen. Im linken Handgelenk hätten keine relevanten Bewegungseinschränkungen bei Zustand nach Sturz in der Häuslichkeit vorgelegen. Es handele sich um eine Funktionseinschränkung der rechten Hand mit end- bis leichtgradiger Bewegungseinschränkung, um eine Minderbelastbarkeit der Kniegelenke bei degenerativen Veränderungen ohne Bewegungseinschränkung, anamnestisch um Colitis ulcerosa und um leichtgradige Funktionsstörungen bei Abduktion im linken Schultergelenk bei Omalgien. Leichte Tätigkeiten seien dem Kläger mit qualitativen Einschränkungen in einem Zeitumfang von sechs Stunden und mehr täglich zuzumuten.
Frau Dipl.-Med. W., Fachärztin für Augenheilkunde, berichtete am 19. Januar 2010 von einem korrigierten Visus rechts von 0,6 und links von 0,8. Der SMD folgerte hieraus am 23. Februar 2010 einen Ausschluss von Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das Sehvermögen.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 2010 le...