Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Elterngeld. Rechtsänderung zum 1.1.2011. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelung in § 10 Abs 5 S 1 BEEG in der ab dem 1.1.2011 geltenden Fassung, nach der die Absätze 1 bis 4 der Vorschrift bei Leistungen nach dem SGB II nicht gelten, sodass Elterngeld im vollem Umfang als Einkommen bei der Bedarfsberechnung nach dem SGB II zu berücksichtigen ist, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die unterschiedliche Behandlung der von Abs 5 S 1 und der von Abs 5 S 2 der Vorschrift erfassten Personengruppen ist nicht gleichheitswidrig, weil sachgerechte Differenzierungsmerkmale berücksichtigt werden.
2. Sofern Sozialleistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums gewährt werden, kann der Gesetzgeber im Übrigen entscheiden, in welchem Umfang steuerfinanzierte Leistungen gewährt werden und welches Einkommen angerechnet wird.
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 22. Oktober 2013 wird abgeändert, soweit der Beklagte den geltend gemachten Anspruch anerkannt hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der den Klägern im Zeitraum vom 1. März bis 31. Juli 2011 zustehenden bzw. der von ihnen zu erstattenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). In der Sache wenden sich die Kläger gegen die Anrechnung von Elterngeld als Einkommen.
Der am ... 1976 geborene Kläger zu 1) ist mit der am ... 1978 geborenen Klägerin zu 2) verheiratet. Beide beziehen mit ihren Kindern, der am ... 2000 geborenen Klägerin zu 3), der am ... 2002 geborenen Klägerin zu 4), dem am ... 2006 geborenen Kläger zu 5) und der am ... 2010 geborenen Klägerin zu 6), seit dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Sie bewohnen eine Unterkunft in der E.A.-Straße ..., H. Für die Unterkunft fiel im streitgegenständlichen Leistungszeitraum eine Miete iHv monatlich insgesamt 503,00 EUR an (Grundmiete 284,00 EUR, kalte Betriebskosten 138,00 EUR, Heizkosten 81,00 EUR). Der Kläger zu 1) erzielte Einkommen aus einer nichtselbständigen Erwerbstätigkeit in wechselnder Höhe. Die Auszahlung des Einkommens erfolgte jeweils im Folgemonat (d. h. ausgezahlt wurden im Jahr 2011: März: 1.106,01 EUR brutto/882,04 EUR netto zzgl. Korrektur aus Januar 39,50 EUR; April: 1.475,69 EUR brutto/1.179,46 EUR netto; Mai: 1.311,54 EUR brutto/1.047,60 EUR netto; Juni: 1.323,89 EUR brutto/1.054,26 EUR netto; Juli: 1.360,64 EUR brutto/1.088,31 EUR netto). Am 23. März 2011 wurde dem Kläger zu 1) zudem durch das Finanzamt H. aufgrund eines Steuerbescheides vom 21. März 2011 eine Einkommensteuererstattung iHv 187,00 EUR ausgezahlt. Die Klägerin zu 2) bezog im streitigen Leistungszeitraum Elterngeld. Mit Bescheid vom 20. Januar 2011 bewilligte das Sozialamt der Stadt H. ihr gemäß § 2 Abs. 5 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) Elterngeld für die Zeit vom 20. Dezember 2010 bis 29. Dezember 2011 in Höhe des Mindestbetrages von 300,00 EUR monatlich. Da sich die Klägerin zu 2) für die verlängerte Auszahlung nach § 6 BEEG entschieden hatte, wurde ihr das Elterngeld im Zeitraum vom 1. März bis 31. Juli 2011 iHv monatlich 150,00 EUR ausgezahlt. Die Klägerin zu 2) zahlte im Zeitraum vom 1. März bis 31. Juli 2011 Beiträge zu einer sog. Riester-Rentenversicherung iHv monatlich 5,15 EUR. Die Kläger zu 3) bis 6) bezogen im streitigen Bewilligungszeitraum Kindergeld iHv monatlich insgesamt 774,00 EUR. Für die Kläger zu 3) und 4) wurden monatlich jeweils 184,00 EUR, für den Kläger zu 5) monatlich 190,00 EUR und die Klägerin zu 6) monatlich 215,00 EUR gezahlt.
Am 23. Dezember 2010 beantragten die Kläger beim Beklagten die Fortzahlung von Leistungen der Grundsicherung ab Februar 2011. Mit Bescheid vom 29. Dezember 2010 bewilligte der Beklagte den Klägern zu 1) bis 5) für den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Juli 2011 vorläufig Leistungen iHv monatlich 463,42 EUR. Aufgrund der Geburt der Klägerin zu 6) am 30. Dezember 2010 änderte der Beklagte mit Bescheid vom 17. Januar 2011 die den Klägern zuerkannte Leistungshöhe auf monatlich 563,42 EUR, wobei er auf die näheren Erläuterungen im Bewilligungsbescheid verwies. Nach Mitteilung des Elterngeldbezugs durch die Kläger änderte der Beklagte mit Bescheid vom 27. Januar 2011 die Leistungsbewilligung vom 29. Dezember 2010 ab und gewährte diesen für den Zeitraum vom 1. März bis 31. Juli 2011 Leistungen iHv monatlich 443,42 EUR. Zur Begründung führte er aus: Das der Bedarfsgemeinschaft zufließende Elterngeld sei ab dem 1. Januar 2011 aufgrund einer Rechtsänderung in vollem Umfang als Einkommen anzurechnen. Weiterhin nahm er auf die ergänzenden Erläuterungen im Bewilligungsbescheid Bezug. Hiergegen erhoben die Kläger W...