Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Verfassungsmäßigkeit der Regelsätze. hinreichende Erfolgsaussicht einer Klage auf die gesetzlichen Regelsätze übersteigende Grundsicherungsleistungen. Arbeitslosengeld II. Sozialgeld. Soziokulturelles Existenzminimum. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Hinreichende Datengrundlage. Anrechnung von Elterngeld. Prozesskostenhilfe
Orientierungssatz
1. Hinsichtlich der seit dem Jahr 2011 geltenden Regelleistungen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist nicht erkennbar, dass diese eine evidente Unterdeckung des menschenwürdigen Existenzminimums darstellen und insoweit verfassungswidrig wären. Da die Regelsätze auch transparent und methodisch schlüssig berechnet worden sind, ergibt sich auch insoweit kein Anhaltspunkt für eine Verfassungswidrigkeit der Regelsätze.
2. Für eine Klage die darauf gerichtet ist, höhere als die gesetzlich geregelten Regelleistungen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erhalten und die insoweit die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelsätze anführt, fehlt es an einer hinreichenden Aussicht auf Erfolg. Insoweit kommt die Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein solches Verfahren nicht in Betracht.
Normenkette
SGB II § 20; BEEG § 10 Abs. 5; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1; SGG § 73a; ZPO § 114
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Kläger wenden sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau. In der Sache begehren sie höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) im Zeitraum vom 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012.
Die 1980 geborene Klägerin zu 1. ist Mutter des 2001 geborenen Klägers zu 2., des 2008 geborenen Klägers zu 3. und der 2010 geborenen Klägerin zu 4. Die Kläger stehen als Bedarfsgemeinschaft im SGB II-Leistungsbezug. Sie bewohnen gemeinsam eine Vierraumwohnung in S., für die eine Grundmiete von 360,00 EUR sowie Vorauszahlungen für Wasser/Abwasser von 70,00 EUR, für Betriebskosten von 40,00 EUR und für Wärme von 70,00 EUR (Gesamtmiete von 540,00 EUR) zu zahlen sind. Am 2. September beantragte die Klägerin zu 1. die Weiterbewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012 und erklärte, das Elterngeld laufe aus. Nach einem Bescheid des Jugendamtes des Landkreises Anhalt-Bitterfeld vom 23. November 2010 (Bl. 497 d. VA) wurde der Klägerin zu 1. für die Klägerin zu 4. Elterngeld in Höhe von 375,00 EUR bewilligt. Für die Monat Oktober 2011 erfolge eine letzte Zahlung in Höhe von 300,00 EUR.
Der Beklagte bewilligte den Klägern im Bescheid vom 9. September 2011 (Bl. 611 d. VA) für den Monat Oktober 2011 457 EUR, für November bis Dezember 2011 monatlich 727,00 EUR und für die Monate Januar bis März 2012 je 730,89 EUR. Hiergegen richtete sich der am 16. September 2011 eingegangene Widerspruch mit der Begründung, dass das Einkommen von 270,00 EUR nicht nachvollziehbar sei. Die Höhe der Regelsätze sei verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht umgesetzt. Insbesondere sei die Ermittlung des Anspruchsumfangs nicht auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsfaktoren erfolgt. Die vom Gesetzgeber gewählte Statistik- und Verbrauchsmethode auf die unteren 15 Prozent von Einpersonenhaushalten sei nicht realitätsgerecht und auch methodisch unvertretbar. Gerade die Datengrundlage für Kinder und Jugendliche sei völlig unzureichend. Auch die Anrechnung von Elterngeld sei verfassungswidrig und verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Diejenigen, die vor Geburt des Kindes erwerbstätig gewesen seien, würden besser gestellt.
Mit Änderungsbescheid vom 26. Oktober 2011 (Bl. 640 d. VA) korrigierte der Beklagte den Bescheid vom 9. September 2011 wegen der Änderung der Regelbedarfe, Mehrbedarfe ab Januar 2012 sowie wegen Erhöhung der Unterhaltszahlungen für den Kläger zu 2. Nach einem Bericht der Unterhaltsprüfung für den Vater des Klägers zu 2. vom 22. November 2011 sei dieser ab 1. Dezember 2011 arbeitslos und könne den Unterhalt nicht mehr zahlen. Ab 1. Dezember 2011 sei daher von einem Unterhaltsvorschuss in Höhe von 180,00 EUR auszugehen. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 22. November 2011 (Bl. 656 d. VA) erhöhte der Beklagte die Leistungen wegen der Änderung der Einkommensrechnung für den Kläger zu 2. Wegen der Zahlung des Kindesvaters des Klägers zu 2. nahm der Beklagte für Oktober 2011 eine erneute Berechnung vor und stellte ein höheres Einkommen in Höhe von 74,00 EUR fest (254,00 EUR - 180,00 EUR). Mit Anhörungsschreiben vom 4. Januar 2012 kündigte der Beklagte die Aufhebung des Leistungsbescheides in dieser Höhe für Oktober 2011 an. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17. Februar 2012 (Bl. 684 d. VA) verlangte der Beklagte für Oktober 2011 die Rückzahlung von insgesamt 74,00 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. ...