Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkung der Anspruchsberechtigung im Überprüfungsverfahren auf den Leistungsberechtigten. Umfang der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers bei Leistungen der Krankenhilfe

 

Orientierungssatz

1. Ein Antrag nach § 44 SGB 10 kann nur von dem Leistungsberechtigten selbst verfolgt werden. Selbst die aktive Übertragung von Sozialleistungsansprüchen greift grundsätzlich in das Sozialrechtsverhältnis ein und verleiht insbesondere nicht die Verfahrensrechte des SGB 10 und des SGG (BSG Urteil vom 18. 7. 2006, B 1 KR 24/05 R).

2. Soweit im Rahmen des § 19 Abs. 6 SGB 12 der Eintritt eines Einrichtungsträgers in ein solches Sozialrechtsverhältnis spezialgesetzlich ermöglicht wird, so gilt dies nur für die Rechtsposition als Träger der Einrichtung, nicht jedoch für sonstige Leistungserbringer, z. B. einen ambulanten Pflegedienst, die von diesem Träger betrieben werden (BSG Urteil vom 2. 2. 2012, B 8 SO 15/10 R).

3. Der Sozialhilfeträger ist nach § 97 Abs. 4 SGB 12 für die Erbringung stationärer Betreuung einem Behinderten gegenüber zuständig. Der Leistungsumfang beschränkt sich bei der Gewährung von Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB 12 auf den Leistungskatalog des SGB 5. Ein darüber hinausgehender Anspruch, insbesondere im Sinn einer Ausfallversicherung bei einer bestandskräftigen Ablehnung von Leistungen durch die Krankenkasse, wird durch die Hilfe bei Krankheit nach dem SGB 12 nicht begründet.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Trägerin insbesondere der stationären Einrichtung "D.", eines Wohnheimes für Erwachsene mit wesentlichen seelischen und seelischen und mehrfachen Behinderungen infolge Sucht (im Folgenden: Wohnheim) mit im Jahr 2014 40 Wohnheimplätzen in M., und eines ambulanten Pflegedienstes.

Der am ... 1950 geborene G. S. (im Folgenden: G. S.), für den ein gesetzlicher Betreuer bestellt war, lebte vom 28. Mai 1996 bis zu seinem Tod am 30. März 2008 in dem Wohnheim. Er bezog Erwerbsunfähigkeitsrente. Bei ihm wurde von der Pflegekasse rückwirkend ab November 2007 eine Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe I anerkannt.

Der beklagte überörtliche Sozialhilfeträger übernahm die Kosten für die Betreuung des G. S. in der Einrichtung, für die u.a. in den Jahren 2007 und 2008 eine Vergütungsvereinbarung nach § 75 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) bestand, in Höhe der vereinbarten Tagessätze. Zuletzt bewilligte der Burgenlandkreis G.S. im Namen des beklagten überörtlichen Sozialhilfeträgers, des Beklagten, mit bestandskräftig gewordenen Bescheiden vom 7. August 2007 und 1. April 2008 Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen (insgesamt monatlich 739,96 EUR vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2007 und 743,72 EUR vom 1. Januar bis zum 30. März 2008) und Eingliederungshilfe für Menschen in Form von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (monatlich 1.622,60 EUR vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2007 und monatlich 1.646,33 EUR vom 1. Januar bis zum 30. März 2008). Die Mutter von G. S. zahlte einen monatlichen Unterhaltsbeitrag in Höhe von zuletzt 46,00 EUR für die Betreuung von G. S. in der Einrichtung.

Für G. S. erfolgte eine Verordnung des Facharztes für Innere Medizin Dr. S. vom 1. Juli 2007 für Behandlungspflege zur Sicherung der ärztlichen Behandlung dreimal täglich vom 1. bis zum 15. Juli 2007. Diese Pflege sollte das Herrichten und Verabreichen von Medikamenten nach einem Plan beinhalten. Die Verordnung ist als "Erstverordnung" gekennzeichnet. Mit einer Folgeverordnung vom 13. Juli 2007 verordnete der Facharzt für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. L ... G. S. Behandlungspflege zur Sicherung der ärztlichen Behandlung dreimal täglich vom 15. Juli bis zum 30. September 2007. Diese sollte das Herrichten und Verabreichen von Medikamenten nach einem Plan und "bei Bedarf 1 x tgl. Medikation" beinhalten. Als verordnungsrelevante Diagnosen sind angegeben: "Trockener Alkoholiker, chronischer Alkoholabusus, periphere Neuropathie, Korsakow-Syndrom, paranoide Psychose". Die AOK Sachsen-Anhalt, bei der G. S. krankenversichert war (im Folgenden: Krankenkasse), lehnte den Antrag auf häusliche Krankenpflege hinsichtlich des Zeitraums vom 1. bis zum 15. Juli 2007 mit Bescheid vom 17. Juli 2007 ab. Zur Begründung führte die Krankenkasse aus, Behinderte, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe wohnten und dort Kost und Logis als Leistungen der Eingliederungshilfe erhielten, hätten keinen Anspruch auf häusliche Krankenpflege gegen die Krankenkasse, weil sie dort keinen Haushalt führten (Bezugnahme auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 1. September 2005 - B 3 KR 19/04 R -, juris). Die Krankenkasse erließ unter dem 23. Juli 2007 einen weiteren Bescheid mit im Wesentlichen demselben Inhalt, nun bezogen auf den Zeitraum vom 15. Juli bis zum 30. September 2017.

Am 27. Juli 2007 beantragte G. S. bei dem Sozialamt des Burgenlandkreises die Übernahme...

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