Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Erwerbsminderung. Beweisaufnahme. Funktionseinschränkungen. Wegefähigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Ergibt die Beweisaufnahme, dass der Versicherte trotz seiner Gesundheitseinschränkungen noch sechs Stunden pro Tag arbeiten kann, so scheidet die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung aus.
Normenkette
SGB VI § 43
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) streitig.
Die am ... 1949 geborene Klägerin absolvierte nach Abschluss der Hilfsschule mit der achten Klasse keine Berufsausbildung. Sie war von 1966 bis 1968 als Ladenhilfe, von 1969 bis 1975 als Stationshilfe und von 1975 bis Mai 1993 als Raumpflegerin bei der Bahn und in einem Möbelwerk versicherungspflichtig beschäftigt. Bis Ende Mai 1999 war sie arbeitslos gemeldet, bevor sie vom 1. Juni 1999 bis zum 7. September 2000 als Haushaltshilfe und vom 23. Januar bis zum 19. Mai 2003 als Reinigungskraft und Stationshilfe versicherungspflichtig tätig war. Seitdem ist sie arbeitslos. Bereits seit 1994 bezieht sie Witwenrente.
Den dem Streitverfahren zugrunde liegenden Rentenantrag stellte die Klägerin am 4. Dezember 2003 mit der Begründung, wegen eines Bandscheibenvorfalls seit Mai 2003 keine Arbeiten mehr verrichten zu können. Die Beklagte zog zunächst die ärztlichen Unterlagen aus den vorangegangenen Rentenverfahren bei. Im Rahmen des ersten Rentenantrags vom 2. November 1995, der mit Bescheid vom 23. Juli 1996 bestandskräftig abgelehnt worden war, hatte die Beklagte u.a. den Entlassungsbericht des Eisenmoorbades Bad S. vom 29. Mai 1996 über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 25. April bis zum 23. Mai 1996 beigezogen. Dort werden als Diagnosen ein chronisches Dorsalsyndrom bei Haltungsverfall und dezenter Skoliose, eine schmerzhafte Auftreibung der 2. Rippe links ventral (Tietze-Syndrom) und ein depressives Syndrom genannt. Die Klägerin sei in der Tätigkeit als Raumpflegerin nur unterhalbschichtig leistungsfähig. Eine leichte körperliche Tätigkeit ohne Zwangshaltungen des Rumpfes und ohne besondere geistige Beanspruchung sei vollschichtig möglich. Anlässlich des zweiten mit Bescheid vom 18. Februar 2000 bestandskräftig abgelehnten Rentenantrages vom 5. Oktober 1998 hatte die Beklagte ein Gutachten von dem Facharzt für Orthopädie/Neurologie/Psychiatrie Dr. P. vom 11. Dezember 1998 eingeholt. Danach leide die Klägerin an einem chronischen Cervical-, Dorsal- und Lumbalsyndrom. Es seien ausgeprägte Funktionseinschränkungen der Brustwirbelsäule (BWS) bei Vorliegen eines kontrakten Rundrückens mit Insuffizienz der Rückenmuskulatur sowie endgradige Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule (LWS) festgestellt worden. Ein neurologisches Defizit habe nicht vorgelegen. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen bei Meidung von Überkopfarbeiten, schweren Hebe- und Trageleistungen, Hock- und Bückverrichtungen einschließlich Vibrationseinflüssen vollschichtig zu verrichten; als Reinigungskraft sei sie nicht mehr einsetzbar.
Ferner war ein Gutachten von Prof. Dr. K., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, vom 28. Juni 1999 eingeholt worden. Bei der Klägerin bestünden eine intellektuelle Leistungseinschränkung vom Ausmaß einer Debilität (IQ 65), eine reaktive depressive Verstimmung seit dem plötzlichen Herztod des Ehemannes im Jahr 1994 und ein vertebragenes Schmerzsyndrom durch degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule (HWS), BWS und LWS. Es seien deutliche Einbußen hinsichtlich der intellektuellen Leistungsfähigkeit und der kognitiven Leistungsparameter feststellbar gewesen. Die Klägerin verfüge über einfache Lese- und Rechtschreibkenntnisse. Deshalb könne sie nur sehr einfache Arbeiten, ohne geistige Voraussetzungen und ohne Anforderungen an die konzentrative Leistungsfähigkeit verrichten. Die Leistungseinschränkungen seien aber nicht derartig erheblich, dass die Klägerin nur noch unter den Bedingungen einer Behindertenwerkstatt arbeiten könnte.
Zudem hatte die Klägerin vom 20. Oktober bis zum 17. November 1999 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationsklinik Göhren absolviert. Im Entlassungsbericht vom 2. Dezember 1999 sind ein chronischpseudoradikuläres Thorakalsyndrom bei hypomobilen Funktionsstörungen, ein chronischpseudoradikuläres HWS-Syndrom (linksbetont) bei muskulärer Dysbalance, ein rezidivierendes lokales LWS-Syndrom, ein episodischer Spannungskopfschmerz und eine reaktive depressive Verstimmung genannt. Sowohl als Raumpflegerin als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken oder Hocken, Überkopfarbeit ...