Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld bei Aufnahme einer mehr als geringfügigen Beschäftigung
Orientierungssatz
1. Grundlage einer Aufhebung der Leistungsbewilligung von Arbeitslosengeld ist § 48 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB 3. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld steht dem Leistungsempfänger dann nicht mehr zu, wenn er nicht mehr arbeitslos i. S. des § 118 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 SGB 3 ist. Mit der Aufnahme einer Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von 15 Stunden wöchentlich entfällt die Wirkung der Arbeitslosmeldung, sofern die Abweichung nicht nur gelegentlich oder von geringer Dauer ist.
2. Bei der Beurteilung der Kurzzeitigkeit einer Beschäftigung ist vorrangig auf die vertragliche Vereinbarung abzustellen bzw. ist eine vorausschauende Betrachtungsweise vorzunehmen, ob die Beschäftigung von vorneherein darauf angelegt war, die Kurzzeitigkeitsgrenze in der Beschäftigungswoche zu überschreiten.
3. Grob fahrlässig i. S. von § 48 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB 10 handelt auch derjenige, der sich der Erkenntnis vom Wegfall seines Leistungsanspruchs ab Aufnahme der Beschäftigung derart verschließt, dass ihm hieraus der Vorwurf einer grobfahrlässigen Unkenntnis gemacht werden kann. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn er dem Versicherungsträger gegenüber die Mitteilung wesentlicher, für ihn nachteiliger Änderungen in seinen Verhältnissen unterlässt.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 13. Dezember 2007 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung des ihm gewährten Arbeitslosengeldes (Alg) und der Arbeitslosenhilfe (Alhi) nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) durch die Beklagte und die Verpflichtung zur Erstattung dieser Leistungen sowie der entrichteten Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 30.123,51 DM (15.401,91 Euro) an die Beklagte wegen der Ausübung einer nicht geringfügigen Beschäftigung.
Der am 1964 geborene Kläger ist von Beruf Dachdecker. Er war bis zum Jahr 2006 mit Frau S. W (geb. 1965) verheiratet, deren Sohn am. 1986 geboren ist. Das gemeinsame jüngste Kind ist die am 1989 geborene Tochter. Im Zeitraum von 1995 und 1998 meldete er sich mehrfach arbeitslos. Während des Bezugs von Alhi ab dem 8. November 1997 übte er ab dem November 1997 eine Nebentätigkeit bei einer Baufirma aus, die er der Beklagten erst auf deren Aufforderung mitteilte. Zudem übte er vom 1. August 1998 bis zum 1. Oktober 1998 eine wiederum nicht bei der Beklagten gemeldete Nebentätigkeit aus. Ab dem 1. Oktober 1998 bis zum 30. September 1999 nahm der Kläger eine von der Beklagten geförderte Beschäftigung auf. Nach deren Ende meldete er sich ab dem 1. Oktober 1999 bei der Beklagten erneut arbeitslos und gab an, keine Beschäftigung auszuüben. Er bezog von der Beklagten ab dem 1. Oktober 1999 bis 31. Dezember 1999 Alg in Höhe von täglich 51,38 DM (gerundetes wöchentliches Bemessungsentgelt 680 DM, Leistungsgruppe C, erhöhter Leistungssatz). Die Beklagte erreichte ohne vorherige Meldung der Aufnahme einer Nebentätigkeit erstmals am 27. Dezember 1999 eine Bescheinigung über ein Nebeneinkommen des Klägers von der Fa. W & K (im Folgenden: W&K) über eine Beschäftigung von insgesamt 15 Stunden im Zeitraum vom 8. November 1999 bis 30. November 1999 bei einem Lohn von insgesamt 120 DM. Die W&K erklärte in der Bescheinigung, der Lohn sei monatlich gleich hoch und der Kläger werde nach Bedarf beschäftigt. Eine Tätigkeit in einem Umfang von mehr als 15 Stunden wöchentlich sei dem Kläger nicht übertragen worden. Die W&K meldete der Einzugsstelle (IKK S.-A.), dass der Kläger ab dem 8. November 1999 bei ihr geringfügig beschäftigt sei.
Ab dem 1. Januar 2000 erhöhte die Beklagte die Leistungen des Alg auf täglich 51,70 DM. Am 29. März 2000 war der Anspruch des Klägers auf Alg erschöpft.
Mit Antrag vom 25. Februar 2000 begehrte der Kläger die Gewährung von Alhi und gab hierbei an, nicht als Arbeitnehmer beschäftigt zu sein. Seine Ehefrau sei als Fußpflegerin und Kosmetikerin selbständig tätig. Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Verfügung vom 8. März 2000 ab dem 29. März 2000 Alhi zu einem Leistungssatz in Höhe von wöchentlich 307,93 DM/täglich 43,99 DM. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum 28. März 2001 passte die Beklagte den Leistungssatz auf wöchentlich 308,42 DM/täglich 44,06 DM an.
Die Beklagte erreichte eine Mitteilung des Zentralamtes der Bundesanstalt für Arbeit von einer Überschneidung des Leistungsbezuges (Überschneidungsmitteilung) vom 25. April 2000, wonach der Kläger von der W&K gegenüber der Einzugsstelle ab dem 1. März 2000 bis 31. März 2000 als geringfügig beschäftigt gemeldet war. Auf die Anhörung der Beklagten wegen einer nicht angezeigten Nebentätigkeit vom 18. Mai 2000 reichte der Kläger die Bescheinigungen über den Nebenverdienst bei der Beklagten erstmals am 29. Mai 2000 ein. Hierin gab die W&...