Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Zweipersonenhaushalt im Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt. Angemessenheitsprüfung. Wohnflächengrenze. Vergleichsraumbildung. schlüssiges Konzept
Leitsatz (amtlich)
1. Die angemessene Wohnungsgröße für zwei Personen beträgt im Land Sachsen-Anhalt 60 m².
2. Die Bildung von vier Vergleichsräumen im Salzlandkreis ist nicht zu beanstanden. Die gewählten Kriterien sind geeignet, homogene Lebens-und Sozialräume abzubilden. Im Übrigen decken sich die Vergleichsräume mit den Mittelbereichen nach dem Landesentwicklungsplan 2010.
3. Die KdU-Richtlinie auf der Grundlage der Mietwerterhebung 2012 in der Auswertung des Korrekturberichts 2019 beruht für den Zeitraum von Juni bis November 2013 auf einem schlüssigen Konzept.
4. Es hat eine ausreichende Zahl von Datensätzen zur Auswertung zur Verfügung gestanden, auch für die Ermittlung der kalten Betriebskosten.
5. Es bestehen auch keine Bedenken an der Repräsentativität der erhobenen Daten. Es ist insbesondere nicht substantiiert vorgetragen worden und auch nicht erkennbar, dass die Vermietereigenschaft ("institutionelle und sog Kleinvermieter") im Salzlandkreis ein relevanter mietpreisbestimmender Faktor wäre.
6. Auch der einfache Mietspiegel für die Stadt Aschersleben rechtfertigt keine Zweifel an der Schlüssigkeit des Konzepts, da die dort erhobenen Datensätze nicht vergleichbar sind. Dass die Vermietereigenschaft maßgeblich für die Unterschiede wäre, ist zudem eine Behauptung ins Blaue hinein. Insbesondere können aber auch nicht die durchschnittlichen Wohnkosten der "Standardausstattung" mit den auf das untere Marktsegment bezogenen bereinigten Nettokaltmieten der Mietwerterhebung verglichen werden.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 24. August 2016 wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen, soweit die Kläger Leistungen über den Änderungsbescheid vom 7. Mai 2020 hinaus begehren.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen eine Verurteilung zur Zahlung höherer Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) für Juni bis November 2013.
Die 1951 und 1955 geborenen Kläger sind Eheleute. Sie bewohnen seit 1990 eine 72,3 qm große Mietwohnung in A.. Dafür war im streitigen Zeitraum eine monatliche Kaltmiete i.H.v. 299,06 € zu zahlen, außerdem eine monatliche Betriebskostenvorauszahlung i.H.v. 69 € bzw. ab November 2013 i.H.v. 75 € sowie ein monatlicher Heizkostenabschlag i.H.v. 64 €. Im Juni und im September 2013 fielen jeweils Abfallgebühren i.H.v. 21,72 € an.
Die Kläger verfügten im streitigen Zeitraum über ein Fonds-Guthaben mit einem Rückkaufwert i.H.v. 12.282,15 € im Mai 2013. Einkommen hatten beide Kläger im streitigen Zeitraum i.H.v. jeweils 165 €/Monat.
Bereits mit Bescheid vom 7. September 2010 hatte der Beklagte den Klägern mitgeteilt, dass ihre KdU unangemessen hoch seien. Ab April 2011 wurden nur noch die als angemessen angesehenen KdU bewilligt. Die ab 1. Januar 2013 geltende „Handlungsanweisung des Salzlandkreises zur Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Rahmen des SGB II und SGB XII“ (im Folgenden: Handlungsanweisung) wurde von dem Landrat am 18. Dezember 2012 unterzeichnet. Der Beklagte hatte im Widerspruchsbescheid vom 12. März 2013 betreffend die Leistungen ab Dezember 2012 bis Mai 2013 auf seine ab 1. Januar 2013 geltende Handlungsanweisung verweisen. Danach seien für Kaltmiete und Nebenkosten maximal 309,60 €/Monat angemessen.
Mit Bescheid vom 25. Mai 2013, geändert durch Änderungsbescheide vom 22. Juni 2013, 24. August 2013 und 21. September 2013, bewilligte der Beklagte den Klägern als KdUH für Juni bis November 2013:
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.. |
Kaltmiete |
angemessen |
Juni |
299,06 € |
253,80 € |
Juli |
299,06 € |
253,80 € |
August |
299,06 € |
253,80 € |
Sept. |
299,06 € |
253,80 € |
Okt. |
299,06 € |
253,80 € |
Nov. |
299,06 € |
253,80 € |
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Nebenkosten |
angemessen |
Juni |
69 € |
55,80 € |
Juli |
69 € |
55,80 € |
August |
69 € |
55,80 € |
Sept. |
69 € |
55,80 € |
Okt. |
69 € |
55,80 € |
Nov. |
75 € |
55,80 € |
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Heizkosten |
Juni |
64 € |
Juli |
64 € |
August |
64 € |
Sept. |
64 € |
Okt. |
64 € |
Nov. |
64 € |
Den aus der Betriebskostenabrechnung vom 6. September 2013 für das Jahr 2012 entstandenen Nachzahlungsbetrag von 18,60 € übernahm der Beklagte nicht.
Bereits gegen den Bescheid vom 25. Mai 2013 hatten die Kläger Widerspruch - nur wegen der KdU - eingelegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Nach der Handlungsanweisung seien eine Wohnfläche bis 60 qm und für den Wohnungsmarkttyp I eine Bruttokaltmiete von maximal 309,60 € angemessen. Nur dieser Betrag sowie die Abfallgebühren und die Heizkosten seien zu berücksichtigen.
Am 11. Dezember 2013 haben die Kläger beim Sozialgericht (SG) Magdeburg Klage erhoben. Das Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kd...