Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenübernahme. Einsatz der freiwilligen Feuerwehr auf Veranlassung des Rettungsdienstes
Leitsatz (amtlich)
Die Kosten eines vom Rettungsdienst im Zusammenhang mit einer notwendigen Krankenfahrt veranlassten Einsatzes der freiwilligen Feuerwehr zur Beförderung eines Versicherten aus seiner Wohnung auf die Straße und zurück hat die Krankenkasse zu tragen, soweit der Einsatz allein der Durchführung des Transportes zum Zwecke der Krankenbehandlung dient und dieser der Leistungspflicht der Krankenkasse unterfällt.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen die Urteile des Sozialgerichts Halle vom 29. September 2008 - S 17 KR 81/07 und S 17 KR 162/08 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostentragungspflicht der Beklagten für mehrere Feuerwehreinsätze im Zusammenhang mit Krankentransporten des Klägers.
Der 1940 geborene Kläger ist bei der Beklagten als Rentner krankenversichert. Er leidet an Adipositas permagna (Gewicht zwischen 150 und 160 kg bei einer Körpergröße von 1,55), einer hypertensiven Herzkrankheit, chronischem Vorhofflimmern, Arteriosklerose der Extremitätenarterien und einer Harninkontinenz. Weiterhin liegt bei ihm ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit Zustand nach Amputation des rechten Fußes vor. Auf Grund dieser Erkrankungen ist der Kläger bettlägerig, so dass er für Fahrten zu Ärzten und Krankenhäusern auf Krankentransportleistungen der Beklagten angewiesen ist. Neben der Altersrente erhält der Kläger Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nach Pflegestufe III; von der Zuzahlungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist er befreit.
Vom 7. bis 12. Juli 2006 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im S.-Klinikum in N ... Für Hin- und Rücktransport waren Rettungs- bzw Krankentransport ärztlich verordnet worden. Die im ersten Stock gelegene Wohnung des Klägers kann nur über eine steile und enge Treppe erreicht werden. Für den Transport in das Krankenhaus beförderte die vom Rettungsdienst des Burgenlandkreises alarmierte Freiwillige Feuerwehr (FF) der Stadt N. den Kläger zunächst mittels einer Schleifkorbtrage aus seiner Wohnung über das Treppenhaus auf die Straße; von dort wurde der Kläger zum Krankenhaus gefahren. Ob der Rückweg am 12. Juli 2006 durch den Rettungsdienst des Burgenlandkreises mittels Krankentransportwagen (KTW) erfolgte (dessen Kosten die Beklagte übernahm), ist unklar. Von der Straße in seine Wohnung gelangte der Kläger jedenfalls wiederum mit Hilfe der von der Leitstelle des Rettungsdienstes verständigten FF (neun Mann), wobei er in der Schleifkorbtrage über eine Drehleiter durch ein zur Straße gelegenes Fenster im ersten Stock in sein Wohnzimmer gehoben wurde.
Die Stadt N. stellte für den Einsatz der FF beim Transport in das Krankenhaus am 6. Juli 2006 keine Rechnung. Ihrer Auffassung nach handelte es sich dabei um einen nach dem Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetz Sachsen Anhalt (BrSchG) iVm der Feuerwehrsatzung der Stadt N. kostenfreien Rettungseinsatz. Für den Rücktransport am 12. Juli 2006 stellte die Stadt dem Kläger dagegen mit Kostenbescheid vom 27. September 2006 einen Betrag in Höhe von 324,00 EUR in Rechnung. Dieser Bescheid ist nach Zurückweisung eines Widerspruchs des Klägers bestandskräftig; seine Vollstreckung ist ausgesetzt.
Der Kläger reichte den Kostenbescheid der Stadt N. vom 27. September 2006 bei der Beklagten zur Begleichung ein. Mit Bescheid vom 9. Oktober 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2007 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Der Einsatz eines Lastensystems der FF stelle keine Beförderungsleistung im Sinne des § 60 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) dar, sondern sei dem Bereich der Gefahrenabwehr zuzuordnen.
Mit seiner am 16. März 2007 beim Sozialgericht erhobenen Klage (S 17 KR 81/07) verfolgt der Kläger den Anspruch auf Freistellung von den Kosten weiter. Er hat geltend gemacht, dass der Einsatz der FF eine Krankentransportleistung im Sinne des § 60 SGB V darstelle, da der Rettungsdienst nicht in der Lage gewesen sei, ihn in seine Wohnung zu verbringen.
Am 23. Februar 2008 wies der Notarzt den Kläger wegen Problemen mit dem Blasenkatheter zur stationären Behandlung in das S. -Klinikum ein, wo eine Notfallbehandlung erfolgte (Katheterwechsel und Wundversorgung). Die noch am selben Tag durchgeführten und ärztlich verordneten Hin- und Rücktransporte übernahm der Rettungsdienst mittels KTW und rechnete dies bei der Beklagten ab. Die Beförderung aus der Wohnung zum KTW und umgekehrt führte auf Anforderung der Rettungsdienstleitstelle erneut die FF (sieben Mann) durch, wobei sie den Kläger jeweils mittels der Schleifkorbtrage über das Treppenhaus transportierte; die bereit gestellte Drehleiter fand keine Verwendung. Für die Einsätze am 23. Februar 2008 stellte die Stadt N. dem Kläger mit Bescheid vom 17. März 2008 insgesam...