Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz bei einem Beschäftigten des VEB Mansfeld Kombinat
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz setzt u. a. eine Beschäftigung des Versicherten in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb als betriebliche Voraussetzung voraus.
2. Dem VEB Mansfeld Kombinat hat nicht die hierzu erforderliche Sachgüterproduktion das Gepräge gegeben. Er hat eine Vielzahl von Aufgaben der Planung, der Leitung und Koordination wahrgenommen, jedoch keine Produktionsaufgaben. Damit war er auch kein gleichgestellter Betrieb.
3. Der Einigungsvertrag lässt nur die Überführung bestehender Versorgungsansprüche und Versorgungsanwartschaften von "Einbezogenen" zu. Eine Erweiterung des einbezogenen Personenkreises über die in § 1 Abs. 1 AAÜG angelegte Modifikation hinaus ist nicht zulässig.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 9. März 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob zugunsten des Klägers Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz mit den dabei erzielten Entgelten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) festzustellen sind.
Der 1948 geborene Kläger legte nach dem Zeugnis der Ingenieurschule E. vom Juli 1971 die staatliche Prüfung zum Ingenieurökonom ab. Ab dem 27. August 1971 war er im VEB Mansfeld Kombinat Wilhelm Pieck, Kombinatsleitung, als Marktanalytiker beschäftigt. Vom 1. November 1971 bis zum 30. April 1973 absolvierte er seinen Grundwehrdienst und war hiernach ab dem 7. Mai 1973 wieder in der Kombinatsleitung tätig. Ab dem 1. Januar 1977 war er als Operativ-Ingenieur und ab dem 1. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 als staatlicher Beauftragter für Sekundärrohstoffe eingesetzt. Im Sozialversicherungsausweis (SVA) war als Betrieb "VEB Mansfeld Kombinat Wilhelm Pieck, Lohn- und Gehaltsbuchhaltung, Kombinatsleitung" gestempelt. Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) entrichtete der Kläger ab April 1974. Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt er zur Zeit der DDR nicht.
Der Kläger beantragte am 6. September 2005 bei der Beklagten, Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz festzustellen. Mit Bescheid vom 5. Januar 2006 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass der Kläger als staatlicher Beauftragter für Sekundärrohstoffe nicht unmittelbar in den Produktionsprozess eingegliedert gewesen sei. Mit dem am 9. Januar 2006 eingelegten Widerspruch wandte der Kläger ein, er habe den Produktionsprozess sowohl durch die ausgewählte Zuführung von NE-Schrotten als auch durch die kontinuierliche Versorgung und analytische Be- und Auswertung mitgestaltet und beeinflusst. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2006 wies die Beklagte diesen Widerspruch zurück. Der Kläger habe keine ingenieurtechnische Beschäftigung ausgeübt, sondern Koordinierungsaufgaben im Bereich der Materialwirtschaft wahrgenommen.
Daraufhin hat der Kläger am 17. August 2006 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben und u. a. ausgeführt, seine wesentliche Aufgabe habe in der Bereitstellung der Materialien und der Rohstoffe für die Produktion des Betriebs bestanden. Dies ergebe sich aus der Kombinatsordnung "Sekundärrohstoffe- und Abproduktewirtschaft". Das SG hat mit Urteil vom 9. März 2009 die Beklagte unter Aufhebung ihrer Verwaltungsentscheidung verurteilt, den Zeitraum vom 1. April 1974 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem mit den während dieses Zeitraums erzielten Arbeitsentgelten festzustellen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, der Kläger habe eine seiner beruflichen Qualifikation als Ingenieurökonom entsprechende Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb ausgeübt. Es genüge, dass die Beschäftigung dem Berufsbild der zuvor absolvierten Ausbildung entspreche. Für einen fachfremden Einsatz beständen keine Anhaltspunkte.
Gegen das ihr am 24. April 2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28. April 2009 Berufung eingelegt und u. a. vorgetragen, dass die betrieblichen Voraussetzungen am 30. Juli 1990 nicht mehr vorgelegen hätten, da die wirtschaftliche Tätigkeit bereits zu Gunsten der Nachfolgegesellschaft verrichtet worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 9. März 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 9. März 2009 zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und weist auf die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 15. Juni 2010 (Terminsberich...