Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderversorgung der Angehörigen der Zollverwaltung. ehemalige DDR. Berücksichtigung von Verpflegungsgeld und Reinigungszuschuss als Arbeitsentgelt
Leitsatz (amtlich)
1. Verpflegungsgeld für Angehörige der Zollverwaltung der DDR ist kein Arbeitsentgelt gem § 14 Abs 1 S 1 SGB IV. Diese Zahlungen wurden nicht aus einer Beschäftigung erzielt und waren auch keine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung. Es handelte sich lediglich um arbeitgeberseitige Geldzahlungen, die sich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen. Das Verpflegungsgeld wurde als Surrogat einer ansonsten in den Gemeinschaftsunterkünften bereitgestellten Vollverpflegung gezahlt. Zweck war es, die Funktionsfähigkeit der Zollverwaltung durch Aufrechterhaltung eines gesunden, körperlich und geistig intakten, vollverpflegten Personalkörpers zu gewährleisten.
2. Es kann offen bleiben, ob Reinigungsgelder/-zuschüsse oder -zuschläge Arbeitsentgelt gem § 14 Abs 1 S 1 SGB IV waren. Denn in sinngemäßer Anwendung von § 3 Nr 12 EStG wären diese zusätzlich zur Besoldung gewährten Reinigungszuschüsse am 1.8.1991 lohnsteuerfrei gewesen.
Orientierungssatz
1. Zum Leitsatz 1: Vgl LSG Chemnitz vom 7.7.2015 - L 5 RS 183/11 = juris Rdnr 24, so auch LSG Berlin-Potsdam vom 21.8.2013 - L 16 R 670/11 = juris Rdnr 32, entgegen LSG Halle vom 27.6.2013 - L 1 RS 28/12 = juris Rdnr 22.
2. Zum betriebsfunktionalen Zweck des den Angehörigen der Zollverwaltung der DDR gezahlten Verpflegungsgeldes.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 24. August 2012 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte als Versorgungsträger für das Sonderversorgungssystem der Nr. 3 der Anlage 2 des Anspruchs-und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) hat, das ihm gewährte Verpflegungs- und Reinigungsgeld als zusätzliches Entgelt festzustellen.
Der am ... 1933 geborene Kläger war im umstrittenen Zeitraum vom 15. Juni 1953 bis zum 30. Juni 1990 Angehöriger der ...verwaltung der DDR. Mit Bescheid vom 23. Juni 1997 stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Oberfinanzdirektion B., für diese Zeit die Entgelte des Klägers fest. Dabei blieben das Verpflegungs-, Reinigungs- und Bekleidungsgeld unberücksichtigt.
Am 2. Januar 2008 beantragte der Kläger die Überprüfung dieses Bescheides unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 R). Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Oktober 2008 ab. Die geltend gemachten Zahlungen hätten lediglich Aufwandsersatzcharakter gehabt und seien nicht beitragspflichtig gewesen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2009 zurück. Der Gesetzgeber habe für die ehemals Zusatz- und Sonderversorgten keinen Entgeltbegriff zu Grunde legen wollen, durch den im Vergleich zu sonstigen Versicherten höhere rentenrechtliche Ansprüche vermittelt worden wären.
Dagegen hat der Kläger am 21. September 2009 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt hat. Ergänzend hat er auf eine Reihe von sozialgerichtlichen Urteilen hingewiesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 24. August 2012 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, das dem Kläger gewährte Verpflegungs-, Reinigungs- und Bekleidungsgeld sei kein Arbeitsentgelt im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Deshalb sei es auch nicht von der Beklagten festzustellen. Denn diese Zahlungen seien in der DDR nicht steuerpflichtig gewesen. Auf das am 1. August 1991 geltende bundesdeutsche Steuerrecht sei nicht abzustellen. Denn dies würde gegen den im Steuerrecht geltenden allgemeinen Grundsatz verstoßen, dass für die Besteuerung immer der Zeitpunkt des Zuflusses der Einnahme maßgeblich sei. Außerdem wären das Verpflegungs-, Reinigungs- und Bekleidungsgeld bei der Bestimmung der dem Kläger zu gewährenden Rente in der DDR ebenfalls nicht berücksichtigt worden.
Gegen das ihm am 30. August 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. September 2012 Berufung beim SG eingelegt, das diese an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt weitergeleitet hat. Die Rechtsauffassung des SG überzeuge nicht. Es komme nicht darauf an, ob das Arbeitsentgelt in der DDR einer Beitrags- oder Steuerpflicht unterlegen habe. Die Urteile des BSG vom 30. Oktober 2014 (B 5 RS 1/13 R, B 5 RS 2/13 R, B 5 RS 1/14 R, B 5 RS 2/14 R, B 5 RS 3/14 R) würden sehr deutlich machen, dass die umfangreiche Argumentation der Beklagten ins Leere gehe. Diese sei mit ihren Revisionsrügen dort nicht durchgedrungen. Zahlungen von Verpflegungsgeld u.a. könnten nur ganz ausnahmsweise, bei ganz überwiegendem Interesse des Arbeitgebers (Zollverwaltung der DDR) an der Zahlung nicht als Arbeitsentgelt im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG anerkannt werden. Für ein solch überwie...