Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziales Entschädigungsrecht. Gewaltopfer. DDR-Doping. Verabreichung von anabolen Steroiden an jugendliche Sportler. spätere Gesundheitsschäden. ursächlicher Zusammenhang. sozialgerichtliches Verfahren. Untersuchungsgrundsatz. Notwendigkeit weiterer Ermittlungen. "Reichsbürger". Mitwirkungsverweigerung zum eigenen Nachteil

 

Leitsatz (amtlich)

Wirkt der Anspruchsteller in einem Verfahren nach dem OEG (hier wegen "DDR-Dopingschäden") an einer erforderlichen (weiteren) medizinischen Aufklärung des Sachverhalts nicht mehr mit, weil er (erstmals im Berufungsverfahren) die irrige Rechtsauffassung vertritt, der falsche Beklagte habe Berufung eingelegt und das Gericht sei für ihn als Bürger eines "Freistaates Preußen" auch sachlich nicht zuständig, geht dies nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu seinen Lasten.

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 10. Juli 2015 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).

Die im Jahr 1963 geborene Klägerin betrieb in der ehemaligen DDR im Zeitraum von September 1976 bis April 1982 beim SC ... als sog. "Riemerin" Rudern als Hochleistungssport. Bis Juli 1979 besuchte sie parallel hierzu die Kinder- und Jugendsportschule (KJS) in B.

Vom 30. Juni bis 11. Juli 1980 wurde die Klägerin wegen einer Bandscheibenvorwölbung stationär behandelt. Gemäß der Epikrise habe sich eine Steilstellung der Lendenwirbelsäule (LWS) mit einer Einschränkung der Ventralflexion ohne Sensibilitätsstörung und ohne motorische Ausfälle gezeigt. Vom 24. Juli bis 17. August 2000 erfolgte eine stationäre Behandlung der Klägerin in der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie der M.-L.-Universität (MLU) H.-W. In der Epikrise wird eine schwer degenerativ veränderte Wirbelsäule diagnostiziert. Nach dem ergänzenden Befund von Professor Dr. B., Klinik für Neurochirurgie der MLU, vom 4. August 2000 leide die Klägerin außerdem an Nackenkopfschmerzen nach einer Halswirbelsäulen (HWS)-Manualtherapie, Migräne mit typischer Aura und rezidivierenden Lumboischialgien.

In einem für die W.-Lebensversicherung gefertigten Gutachten (zur Frage der Berufsunfähigkeit) vom 16. Januar 2002 konstatierte Professor Dr. B. starke Schmerzen im HWS-Bereich im Sinne von Nackenschmerzen, die über den Hinterkopf in Richtung des gesamten Gesichtsschädels ausstrahlten und mit Übelkeit, Brechreiz, Sehstörungen und Schwindel verbunden seien. Es handele sich um Beschwerden im Sinne eines zervikocephalen Syndroms auf der Basis degenerativer Veränderungen der HWS. Die Kopfschmerzattacken sprächen zusätzlich für eine klassische zervikale Migräne. Das Schmerzerleben werde durch eine psychogene Komponente mitgeprägt. Über längere Sicht zeige sich eine Tendenz zur Verschlechterung der Beschwerden. Die Klägerin sei als selbstständige Handelsvertreterin und als Einkäuferin und Filialleiterin im Einzelhandel mit mehr als 50 % berufsunfähig.

Ein ärztliches Gutachten des arbeitsmedizinischen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit vom 1. März 2002 stellt bei der Klägerin gesundheitliche Einschränkungen in physischer und psychischer Hinsicht fest. Sie klage über Migräneanfälle, die bereits bei leichten Drehbewegungen der HWS ausgelöst würden. Die Kopfschmerzattacken seien mit vegetativen Störungen verbunden. Es lägen ein allgemeiner psychovegetativer Erschöpfungszustand und ein Wirbelsäulenleiden vor. Nach Aussteuerung durch ihre Krankenkasse sei sie noch nicht wieder in der Lage, eine berufliche Tätigkeit aufzunehmen.

Die Klägerin stellte im Februar 2000 einen Antrag auf Feststellung von Behinderungen nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX). Mit Bescheid vom 7. Juli 2000 wurde wegen Funktionseinschränkung der Wirbelsäule mit Kopfschmerzen und Krampfadern zunächst ein Grad der Behinderung (GdB) von 20 festgestellt. Eine auf den Widerspruch der Klägerin hin eingeholte gutachterliche Stellungnahme vom 29. September 2000 gelangte zu dem Ergebnis, dass sie an einem schwerwiegenden HWS-Syndrom und einer degenerativen LWS mit erheblich ausstrahlenden Beschwerden leide. Die Beschwerden seien mit einem GdB von 40 zu bewerten. Für ein Krampfaderleiden sei mangels weiterer Funktionsbeeinträchtigungen ein GdB von 10 anzusetzen. Der Gesamt-GdB liege bei 40. Mit dem daraufhin erlassenen Teilabhilfebescheid wurde ab dem 28. Februar 2000 ein GdB von 40 festgestellt und der Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. In dem vor dem Sozialgericht (SG) Magdeburg geführten Klageverfahren einigten sich die Beteiligten auf eine zusätzliche Berücksichtigung der Migräne. Mit Bescheid vom 20. August 2004 erfolgte die Feststellung eines GdB von 50.

Am 15. Januar 2003 stellte die Klägerin einen Antrag auf finanzielle Hilfe nach dem Dopingopfer-Hilfegesetz (DOHG). Hierzu gab sie an, ihr seie...

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