Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzinsung von Krankenhauskosten. bereichsspezifische Besonderheiten. Rechtsgrundlage
Leitsatz (amtlich)
Die Zinspflicht für eine Forderung des Krankenhauses gegen die Krankenkasse wegen einer stationären Krankenhausbehandlung kann auch dann auf die Pflegesatzvereinbarung gestützt werden, wenn es in dem Land einen Vertrag nach § 112 SGB V nicht gibt.
Normenkette
SGB V § 112; SGB I § 44; BGB § 288; BPflV § 17 Abs. 1 S. 3; KHG § 16 S. 1, § 17; KHEntgG § 11 Abs. 1 S. 4; SGB X § 61 S. 2
Verfahrensgang
SG Halle (Saale) (Aktenzeichen S 2 KR 16/01) |
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten jetzt nur noch darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, Zinsen auf einen Betrag von 6.268,00 DM für die Krankenhausbehandlung des Versicherten R. N. zu zahlen.
Der Versicherte R. N. wurde vom 20. September bis 7. Oktober 1999 in den Einrichtungen der Klägerin stationär behandelt. Die Beklagte sicherte mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 die Kostenübernahme für die stationäre Behandlung bis zum 1. Oktober 1999 zu. Mit Schreiben vom 21. Dezember 1999 verlangte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von 22.746,25 DM für die stationäre Behandlung des Herrn N.. Die Beklagte überwies am 19. Januar 2000 einen Betrag von 16.478,25 DM, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 19. Januar 2000 die Zahlung angemahnt hatte.
Am 7. Februar 2001 hat die Klägerin Klage erhoben und die Zahlung von 6.268,00 DM zuzüglich 4 % Zinsen ab dem 22. Januar 2000 verlangt. Nach Übersendung des gerichtlichen Sachverständigengutachtens vom 19. Oktober 2001 hat die Beklagte am 25. April 2002 den Restbetrag an die Klägerin gezahlt. Die Zahlung von Zinsen hat sie abgelehnt. Ein Verzug habe nicht vorgelegen, weil sie sich auf das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) berufen habe. Frühestens nach Kenntnis des gerichtlichen Sachverständigengutachtens im laufenden Verfahren könne Verzug eingetreten sein.
Das Sozialgericht Halle hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin den entsprechenden EURO-Betrag aus 4 % Zinsen von 6.268,00 DM für die Zeit vom 22. Januar 2000 bis 24. April 2002 zu zahlen. Es hat die Berufung zugelassen (Urteil vom 25. November 2002). Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, nach § 9 der Pflegesatzvereinbarung 1999 könnten nach Mahnung bei Überschreitung des Fälligkeitstermins Verzugszinsen in Höhe von 4 % entsprechend § 288 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) erhoben werden. Der Rechnungsbetrag sei 15 Arbeitstage nach Eingang der Rechnung vom 21. Dezember 1999 bei der Beklagten fällig gewesen. Es sei davon auszugehen, dass die Mahnung am dritten Tag nach Aufgabe zur Post, also am 22. Januar 2000, bei der Beklagten eingegangen sei. Die Beklagte habe die nicht rechtzeitige vollständige Zahlung des Rechnungsbetrages zu vertreten. Es habe weder ein tatsächliches noch ein rechtliches Leistungshindernis vorgelegen. Sie habe die Zahlung nicht bis zur gutachtlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes aufschieben dürfen. Das ergebe sich bereits aus § 9 der Pflegesatzvereinbarung 1999. Schon gar nicht habe sie die Zahlung bis zur Vorlage eines gerichtlichen Gutachtens hinausschieben dürfen. Ein unverschuldeter Rechtsirrtum der Beklagten liege nicht vor. Die Rechtslage sei nicht besonders unklar gewesen. Es sei der Beklagten zuzumuten gewesen, den Rechnungsbetrag bei Fälligkeit zu zahlen, auch wenn die Prüfung durch den Medizinischen Dienst noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Die Beklagte trage als Schuldnerin so gut wie kein Insolvenzrisiko. Sie habe auch kein den Verzug ausschließendes Zurückbehaltungsrecht. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte einen fälligen Anspruch auf eine Leistung der Klägerin gehabt haben könnte.
Gegen das ihr am 18. Dezember 2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. Januar 2003 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, es fehle an einer Rechtsgrundlage für den Zinsanspruch. Diese ergebe sich nicht aus § 9 der Pflegesatzvereinbarung, weil es für die Pflegesatzvereinbarung 1999 ihrerseits keine Rechtsgrundlage gebe. § 16 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) enthalte keine Ermächtigung zur Vereinbarung von Verzugszinsen oder sonstigen Sanktionen bei verspäteter Zahlung. Ein Vertrag im Sinne des § 112 des Sozialgesetzbuchs – Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) existiere in Sachsen-Anhalt nicht. Die Verpflichtung zur Zinszahlung bestehe deshalb nur, wenn diese im Gesetz ausdrücklich genannt sei. Das sei für die Zahlung der Krankenhauskosten nicht der Fall. Es gehe darum, ob entgegen der im Sozialversicherungsrecht grundsätzlich nicht angeordneten Verzinsungspflicht, hier eine Verzinsungspflicht bestehe. Soweit das Bundessozialgericht (BSG) in einem gleichgelagerten Fall aufgrund der Pflegesatzvereinbarung Zinsen zugesprochen habe, sei nicht ersichtlich, dass das Gericht sich mit der Frage der Wirksamke...