Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Übernahme der Kosten für einen behinderungsbedingten Mehraufwand. fehlender Anordnungsgrund. fehlende Kostenbelastung. gekündigter Betreuungsvertrag. fehlender Anordnungsanspruch. Leistungserbringung durch den Sozialhilfeträger. Sicherstellung der Betreuung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für den Antrag, im einstweiligen Rechtsschutz Kosten für einen behinderungsbedingten Mehraufwand erstattet zu bekommen, fehlt es an einem Anordnungsgrund, wenn die Belastung des Antragstellers mit Kosten nicht dargelegt ist.

2. Bei Fehlen einer vertraglichen Grundlage für die tatsächliche Betreuung - nach Kündigung des Betreuungsvertrags durch den Einrichtungsträger - besteht kein Anordnungsanspruch auf zusätzliche Leistungen, wenn der Sozialleistungsträger fortlaufend Leistungen erbringt, die die Betreuung im benötigten Umfang sicherstellen. In dieser Situation hat der Antragsteller kein Kostenrisiko.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 31. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander im Beschwerdeverfahrens keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller (im Weiteren: Ast.) begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners (im Weiteren: Ag.) zur Übernahme von Kosten eines behinderungsbedingten Mehrbedarfs im Rahmen der Betreuung durch den Beigeladenen.

Bei dem am ... 2005 geborenen Ast. entwickelten sich in Folge eines Hirninfarktes im Bereich der arteria cerebri media rechts (ICD-10 G 80.1) am zehnten Lebenstag eine linksbetonte spastische Tetraparese sowie eine fokale Epilepsie. Nach der von Dipl.- Med. H. erstellten amtsärztlichen Stellungnahme vom 8. Mai 2006 gehört der Ast. zum Personenkreis des § 53 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII); aufgrund seiner schweren körperlichen Behinderung sei eine ganzheitliche Förderung in einer integrativen Kindereinrichtung erforderlich. Der Landkreis gab unter dem 8. August 2006 ein schriftliches Anerkenntnis im Namen des Ag. für die Kosten des Aufenthaltes des Ast. in der von dem Beigeladenen betriebenen Kindertagesstätte "W." für die Zeit vom 1. September 2006 zum 31. Oktober 2008 ab. Der geltende Monatssatz betrage - für den über dreijährigen Ast. - 880,96 EUR. Nachfolgend wurde ein Monatssatz in Höhe von 898,98 EUR bewilligt (Bescheide vom 8. September 2008). Auf den Antrag des Ast. vom 30. Oktober 2008 auf Weiterbetreuung durch den Beigeladenen ab dem 1. November 2008 gab der Landkreis für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis zum 31. Oktober 2010 im Namen des Ag. weiterhin ein Kostenanerkenntnis mit einem Monatssatz in Höhe von 898,58 EUR ab (Bescheid vom 28. November 2008). Gegen diesen Bescheid legte der Ast. keinen Rechtsbehelf ein.

Unter dem 27. Mai 2009 beantragte der Beigeladene die Erstattung eines behinderungsbedingten Mehrbedarfs zur Sicherstellung von Leistungen bei der Betreuung des Ast. Zur Begründung führte er aus, das Entwicklungsbild des Kindes zeige eine schwere komplexe Behinderung. Die ausgeprägte linksbetonte Tetraspastik bedinge eine starke Hypotonie der Muskulatur, die alle Bewegungsabläufe stark verändere. Aufgrund der entwickelten Asymmetrie in Haltung und Bewegung könne der Ast. weder selbständig stehen noch gehen oder von sich aus bewusst eine Körperhaltung einnehmen. Er benötige im gesamten Tagesverlauf heilpädagogische Unterstützung. Anderenfalls bestehe die Gefahr von frühzeitigen Haltungsschäden, Kontrakturen, Bewegungseinschränkungen und Deformierungen der Gelenke. Aufgrund des Hirninfarktes sei das Sprachzentrum geschädigt und die Mundsensorik gestört. Der Ast. könne nicht sprechen und sich nur durch Lautieren sowie Mimik und Gestik verständlich machen. Ihm sei deshalb seit Oktober 2008 ein kommunikationsunterstützendes Hilfsmittel - ein symbolgestützter Talker - zur Verfügung gestellt worden. Das Erlernen der sicheren Nutzung dieses Talkers sei sehr langwierig und aufwendig und nur in enger Zusammenarbeit zwischen Logopädin, heilpädagogischer Bezugserzieherin, Eltern und dem Ast. möglich. Der Ast. sei seit August 2008 von einer Kleingruppe in eine Integrationsgruppe mit zwölf normal entwickelten und vier behinderten Kindern eingegliedert. Mit dieser Eingliederung werde dem Ast. die Diskrepanz zwischen seinen Bedürfnissen und seinen körperlichen Grenzen zunehmend bewusster, was sich häufiger in Frustration und emotionaler Instabilität ausdrücke. Er brauche eine verlässliche Bezugsperson, die ihm in diesen Situationen emotionale Sicherheit und das Gefühl von Angenommensein vermittele sowie im Rahmen seiner Entwicklungsmöglichkeiten helfe, Erfolg und Selbstwirksamkeit zu erleben. Diese Leistungen könnten nur mit besonders erfahrenem und geschultem Fachpersonal sichergestellt werden. Zur Sicherstellung der Leistungen sei eine 1:1-Betreuung notwendig. Es werde die Finanzierung des zusätzlichen behinderungsbe...

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