Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Feststellung des Leistungsfalls. Nichterweislichkeit der behaupteten Leistungsminderung. Mitwirkungspflicht. Ablehnung der Teilnahme an einer vom Rentenversicherungsträger angebotenen stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme durch den Versicherten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Feststellung des Leistungsfalls einer Erwerbsminderung unterliegt den Grundsätzen der objektiven Beweislast. Dabei trägt derjenige die Folgen der Nichterweislichkeit der behaupteten Leistungsminderung, der einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung geltend macht.

2. Der Kläger ist im Rahmen der gerichtlichen Amtsermittlung mitwirkungspflichtig. Die Mitwirkungspflicht erstreckt sich auch auf eine im laufenden Rechtsstreit vom Rentenversicherungsträger angebotene stationäre medizinische Rehabilitation, die von einem gerichtlichen Sachverständigen für erforderlich und geeignet gehalten wird (hier: stationäre multiprofessionelle Schmerztherapie).

3. Soweit angesichts der Beweisaufnahme Zweifel am Vorliegen von Erwerbsminderung bestehen, geht dies zulasten des Klägers.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) ab 1. November 2015 streitig.

Der am ... 1967 geborene Kläger absolvierte nach Abschluss der zehnten Schulklasse von 1984 bis 1986 eine Lehre als Baufacharbeiter und von 1996 bis 1998 als Baugeräteführer. Zuletzt war er von März bis Juli 2013 als Baufacharbeiter beschäftigt. Er bezog anschließend Krankengeld und Arbeitslosengeld und seither Grundsicherungsleistungen.

Nach dem Rehabilitationsentlassungsbericht der T. Fachklinik vom 9. April 2014 über die ambulante Rehabilitation vom 20. März bis 9. April 2014 bestünden ein pseudoradikuläres Lumbalsyndrom links bei Osteochondrose und Spondylarthrose und ein chronisches Zervikalsyndrom bei muskulären Dysbalancen. Das Gangbild wurde als zügig und ungestört beschrieben. Der Kläger könne spätestens in 4 Wochen körperlich mittelschwere Tätigkeiten mit weiteren Einschränkungen 6 Stunden täglich und mehr verrichten. Als Baufacharbeiter sei er nicht einsetzbar.

In dem Rentenantrag vom 20. Oktober 2015 machte der Kläger geltend, seit 10 Jahren wegen chronischer Schmerzen, Rücken, Taubheitsgefühl „0 Stunden“ leistungsfähig zu sein.

Die Beklagte zog zunächst von der Fachärztin für Innere Medizin M. Befundunterlagen bei und holte einen Befundbericht von der Fachärztin für Anästhesiologie K. vom 25. November 2015 ein. Dort hatte sich der Kläger von Juli bis Oktober 2013 in Behandlung befunden.

Die Beklagte ließ sodann die Fachärztin für Anästhesiologie und Sozialmedizin E. von ihrem Sozialmedizinischen Dienst (SMD) das Gutachten vom 29. Januar 2016 nach Untersuchung des Klägers am 13. Januar 2016 erstatten. Dieser gab an, wegen Schmerzen könne er keine Wegstrecken mehr zurücklegen. Auto fahre er nur kurze Strecken. Die Gutachterin beschrieb einen guten Allgemein- und Kräftezustand mit sehr gut ausgeprägter Muskulatur der Extremitäten und im Brustbereich, ein flüssiges Gangbild ohne Hilfsmittel und ein flüssiges Be- und Entkleiden im freien Stand. Die oberen und unteren Extremitäten seien frei beweglich und die Muskelkraft vollständig erhalten. Die Lendenwirbelsäule (LWS) sei eingeschränkt beweglich; in allen anderen Abschnitten sei die Wirbelsäule ohne Schmerzangabe frei beweglich. Neurologische Ausfälle lägen nicht vor. Es bestehe eine verminderte Sensibilität des gesamten linken Beins. Die Gutachterin diagnostizierte eine Minderbelastbarkeit der LWS bei Verschleiß und fortbestehender Schmerzsymptomatik sowie eine Minderbelastbarkeit bei Schulter-Arm-Syndrom. Der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Stehen, Gehen und Sitzen 6 Stunden täglich und mehr verrichten. Zu vermeiden seien häufiges Hocken, Arbeiten in Rumpfvorneige sowie über Kopf, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, mit stetiger Einwirkung von Nässe, Kälte und Zugluft sowie mit stets einseitiger Arbeitshaltung ohne Möglichkeit zum Ausgleich. Nach Einleitung einer suffizienten Schmerztherapie sei der Kläger in der Lage, mindestens 500 m in jeweils 20 Minuten viermal täglich zurückzulegen. Als Baufacharbeiter könne er nicht mehr arbeiten.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2016 den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung ab. Es bestehe ein Leistungsvermögen im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich für leichte bis mittelschwere Arbeiten mit weiteren Funktionseinschränkungen.

Hiergegen hat sich der Kläger mit der am 5. August 2016 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage gewandt und am 20. Januar 2017 ausgeführt, wegen der Schmerzzustände könne er keinerlei Tä...

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