Entscheidungsstichwort (Thema)
Angelegenheiten nach dem SGB XII (SO)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 27. Januar 2021 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat in beiden Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob das Sozialgericht den Beklagten zu Recht verurteilt hat, einer Schuld der Klägerin für den Zeitraum von Januar bis Juni 2016 in Höhe von kalendertäglich 55,76 € für Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem §§ 53, 54 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung (a.F.) beizutreten.
Die am ...1987 geborene Klägerin leidet infolge eines frühkindlichen Hirnschadens an einer schweren geistigen Behinderung und an einer Wirbelsäuleninstabilität. Bei ihr sind seit 1991 ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen „G“, „B“ und „H“ anerkannt. Zum Betreuer ist ihr Vater und zur Ersatzbetreuerin ist ihre Mutter bestellt (Beschluss des Amtsgerichts W. vom 28. September 2006, Vormundschaftsgericht - ...... 06). Nachdem sie den Anforderungen im Arbeitsbereich der von der Beigeladenen getragenen Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) nicht gewachsen war, erhält die Klägerin seit dem 1. September 2012 vom örtlichen Sozialhilfeträger, dem B., teilstationäre Eingliederungshilfe in der von der Beigeladenen getragenen Fördergruppe in der WfbM in W. (Leistungstyp [LT]11a). Die Klägerin lebte bis zum 31. Dezember 2015 mit ihren Eltern in T. in einem gemeinsamen Haushalt. Sie erhielt seit Juni 1997 für die von ihren Eltern geleistete Pflege von der Pflegekasse bei der AOK Sachsen-Anhalt ambulante Leistungen als Geldleistung nach der Pflegestufe II, seit April 2003 unter Berücksichtigung einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz (Wiederholungsgutachten nach Aktenlage vom 29. November 2012).
Ausweislich der unter dem 4. Februar 2014 von der Sozialagentur Sachsen-Anhalt und der Beigeladenen abgeschlossenen Vereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII wurde für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2014 für die Einrichtungen „A...W.“ mit dem LT ABW eine Vergütung von insgesamt 12,48 €/Leistungstag vereinbart.
Mit Schreiben vom 9. April 2015 beantragte die Beigeladene bei der Sozialagentur Sachsen-Anhalt die Errichtung des „Intensiv ambulant betreuten Wohnens für erwachsene Menschen mit wesentlichen geistigen und geistigen und mehrfachen Behinderungen bis zur Erreichung des Rentenalters, [für] die Leistungsempfänger in einer Fördergruppe gemäß LT 11a“ ab dem 1. Mai 2015 am Standort P.... in W., (derzeit) für zwei schwerstmehrfach behinderte Menschen. Dem Antrag waren für die beiden in Betracht kommenden Leistungsempfänger jeweils identische Leistungsbeschreibungen „im Einzelfall“ beigefügt. Nachfolgend wurden Verhandlungen zwischen der Sozialagentur Sachsen-Anhalt und der Beigeladenen zur Ausgestaltung des Leistungsangebots, insbesondere des anzusetzenden Personalschlüssels (von der Beigeladenen wurde ein Personalschlüssel von 1:1,62 zugrunde gelegt), und zur Kostenübernahme im Einzelfall gemäß § 75 Abs. 4 SGB XII a.F. bis zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung für nunmehr drei - hinzugekommen war die Klägerin - am Modellprojekt teilnehmende Leistungsberechtigte geführt.
Am 23. November 2015 beantragte die Mutter der Klägerin beim B.kreis Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von intensiv ambulant betreutem Wohnen. Ihre Tochter solle in eine Wohngemeinschaft in W. einziehen und durch den Dienst der Beigeladenen betreut werden. Am 21. Dezember 2015 übersandte der Vater der Klägerin den Formantrag auf Bewilligung von Eingliederungshilfe für behinderte Menschen für die Zeit ab dem 1. Januar 2016 im intensiv ambulant betreuten Wohnen sowie den von den Eltern der Klägerin unter dem 11. Dezember 2015 unterzeichneten Mietvertrag zwischen der Beigeladenen und der Klägerin über ein Zimmer sowie ein Bad/WC mit einer Gesamtwohnfläche von 28,05 qm und der Nutzungsmöglichkeit von Gemeinschaftsflächen bestehend aus Küche und Flur/Diele (13 qm). Am 3. Februar 2016 übermittelte der Vater der Klägerin den unter dem 1. Januar 2016 von ihm abgeschlossenen „Vertrag über Betreuungsleistungen“ zwischen seiner Tochter, der Klägerin, und der Beigeladenen. Der Vertrag enthält u.a. folgende Regelungen:
§ 1 Vertragsgrundlagen
Grundlage dieses Vertrages ist das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG).
Der Leistungserbringer hat mit dem zuständigen Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII abgeschlossen. Er ist berechtigt, die Leistungen mit dem örtlich zuständigen Sozialhilfeträger abzurechnen.
Der Rahmenvertrag gemäß § 79 SGB XII für das Land Sachsen-Anhalt, sowie die auf dieser Grundlage abgeschlossenen Vergütungsvereinbarungen finden Anwendung.
§ 2 Leistungsumfang
Der Leistungserbringer erbringt Leistungen gemäß der abgeschlossenen Vereinbarung nach §§ 75 ff. SGB XII.
Grundlage der Leistungen ist die L...