Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld bei Beschäftigung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze
Orientierungssatz
1. Der Arbeitslose hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, sobald er eine mehr als geringfügige Beschäftigung aufnimmt, die seine Arbeitslosigkeit beendet. Entscheidend für die Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses als geringfügig oder nicht, ist nicht die schriftliche Abfassung des Vertrages, sondern wie dieser Vertrag tatsächlich durchgeführt wird. Ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis liegt dann nicht mehr vor, wenn die wöchentliche Arbeitszeit mehr als 15 Stunden beträgt.
2. Die Bewilligung von Arbeitslosengeld ist rückwirkend aufzuheben, wenn dem Arbeitslosen der rechtswidrige Bezug des Arbeitslosengeldes wenigstens grob fahrlässig bekannt war. Das ist u. a. dann der Fall, wenn ihm die Notwendigkeit der Mitteilung auch selbst geringfügiger Beschäftigungen durch die im Vorbezug erfolgten eigenen Meldungen zu geringfügigen Beschäftigungen bekannt war.
3. Ermessenserwägungen sind angesichts der Pflicht der Arbeitsagentur zur rückwirkenden Aufhebung nicht anzustellen. Die Erstattungspflicht folgt der Aufhebung gemäß § 50 Abs. 1 SGB 10 nach.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld und die Verpflichtung zur Erstattung erhaltener Leistungen und darauf entrichteter Sozialversicherungsbeiträge wegen der Aufnahme einer nicht mehr geringfügigen Beschäftigung.
Der am 1944 geborene Kläger war in der Vergangenheit unter anderem als Meister, Montagehelfer und Wachmann und in verschiedenen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen tätig. Er bezog ab dem 1. Juli 2003 Arbeitslosengeld, das die Beklagte für 360 Tage nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 270,98 Euro (im Jahr 2003 wöchentlicher Leistungssatz 119,42 Euro, täglicher Leistungssatz 17,06 Euro; im Jahr 2004 wöchentlicher Leistungssatz 121,59 Euro, täglicher Leistungssatz 17,37 Euro) bewilligte und auszahlte. Für den Zeitraum vom 9. Februar 2004 bis 24. Juni 2004 zahlte die Beklagte Arbeitslosengeld in Höhe von 2.379,69 Euro sowie Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 678,85 Euro.
In Folge einer Meldung der K R GmbH (Arbeitgeberin) an die Einzugsstelle erhielt auch die Datenstelle der Beklagten Kenntnis von einer als geringfügig gemeldeten Beschäftigung des Klägers ab dem 9. Februar 2004. Mit Schreiben vom 25. April 2004 informierte die Beklagte ihre örtliche Arbeitsagentur hierüber. Diese bat mit Schreiben an die Arbeitgeberin vom 7. Mai 2004 um die Zusendung von Nebenverdienstbescheinigungen.
Am 7. Juni 2004 beantragte der Kläger die Zahlung von Arbeitslosenhilfe ab dem 25. Juni 2004 und gab an, vom 19. Februar 2004 bis zum 15. Mai 2004 als Bote wöchentlich 14 Stunden bei der Arbeitgeberin zu einem Monatsbruttolohn von 165 Euro beschäftigt gewesen zu sein.
Die Arbeitgeberin erklärte in den bei der Beklagten eingereichten Nebenverdienstbescheinigungen, dass der Kläger ab dem Februar 2004 wöchentlich nicht mehr als 14,5 Stunden beschäftigt gewesen sei und ihm Erstattungen für Fahrtkosten gewährt worden seien. Der Kläger unterzeichnete die Erklärungen mit seinem Namen.
Ab dem 1. Oktober 2004 bezieht der Kläger eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.
Das Hauptzollamt M ersuchte die Beklagte am 14. September 2006 um Auskunft zu den Leistungen an den Kläger: Im Ergebnis einer Durchsuchung bei der Arbeitgeberin seien Stundennachweise sichergestellt worden, aufgrund derer davon auszugehen sei, dass der Kläger ein höheres Arbeitsentgelt erhalten habe, als in den Nebenverdienstbescheinigungen ausgeführt wurde. Die tatsächlich geleisteten Stunden gingen über das Maß von 14,9 Stunden wöchentlich hinaus. Denn es sei nachvollziehbar, dass die Stunden, die über das Maß der Geringfügigkeit hinausgingen, mit fünf Euro je Stunde vergütet und als Kilometervergütung angegeben seien, so dass die tatsächliche Arbeitsstundenzahl verschleiert worden sei. Dies ergebe sich aus den Stundennachweisen für April 2004 und Mai 2004. Für Februar 2004 bis März 2004 seien zwar keine Stundennachweise erstellt worden, es lägen aber vom Bauleiter unterschriebene Einzeltagesnachweise vor. Eine Notiz lasse auch hier die Abrechnungsweise erkennen und nachvollziehbar erscheinen. Im Juni 2004 seien keine Überschreitungen der Geringfügigkeitsgrenze eingetreten, aber die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück doppelt berücksichtigt worden. Nach der Vernehmungsniederschrift beim Hauptzollamt vom 11. Juni 2007 räumte der Kläger ein, dass die Stundengrenze für eine geringfügige Beschäftigung überschritten worden sei. Die Zeiten seien für ihn unerheblich gewesen, da nach seiner Ansicht der Lohn wichtiger gewesen sei. Er habe nie mehr als 165 Euro monatlich erhalten. Die Nebenverd...