Zusammenfassung
Die Regelbedarfsleistungen der Sozialhilfe können durch Mehrbedarfe ergänzt werden. Der Mehrbedarf wird zusätzlich zum Regelbedarf gezahlt; meistens als zusätzlicher prozentualer Anteil vom Regelbedarf.
7 Lebensumständen (Fallgruppen) wurde ein Mehrbedarf zugeordnet. Liegt eine der Fallgruppen im Einzelfall vor, wird von Amts wegen der entsprechende Mehrbedarf festgesetzt. Weitere Bedarfssituationen können ggf. durch andere Leistungen (z. B. abweichende Festsetzung des Regelbedarfs, Leistungen in besonderen Lebenslagen, Darlehen) abgedeckt werden.
Sozialversicherung: Die gesetzlichen Regelungen zum Mehrbedarf bestimmt § 30 SGB XII. Das Bundessozialgericht verneint einen Anspruch auf Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Form fettarmer Kost (Diät) (BSG, Urteil v. 10.7.2008, B 8 SO 6/08 BH).
1 Ergänzende finanzielle Hilfe zum Regelbedarf
Bestimmte Leistungen sind nicht vom Regelbedarf erfasst und erfordern wegen ihrer besonderen Bedeutung eine ergänzende finanzielle Absicherung. Dies wurde vom Gesetzgeber anerkannt und in § 30 SGB XII geregelt. Die Aufzählung in § 30 SGB XII ist abschließend. Darüber hinausgehende Bedarfssituationen sind also im Regelbedarf erfasst und begründen keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf, ggf. aber auf andere Leistungen.
Da es in Einzelfällen aber zu einem höheren oder geringeren Bedarf kommen kann, besteht neben den prozentualen Mehrbedarfszuschlägen eine Sonderregelung.
Wenn im Einzelfall ein anderer Mehrbedarf gerechtfertigt ist, soll der tatsächliche finanzielle Bedarf bewilligt werden. Dies entspricht einer konsequenten Anwendung des wichtigsten Grundsatzes im Sozialhilferecht: der konsequenten Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles. In diesem seltenen Fall kommt eine abweichende Festsetzung des Regelbedarfs oder die Gewährung eines Härtefall-Mehrbedarfs bei Vorliegen eines unabweisbaren, besonderen Bedarfs in Betracht.
2 Personenkreis
Hilfebedürftige, deren Lebensumstände eine besondere Unterstützung durch den Träger der Sozialhilfe rechtfertigen, haben Anspruch auf eine Mehrbedarfsleistung. Die in den Regelbedarfsstufen enthaltenen Leistungen genügen in diesen Fällen nicht, um der gegebenen Bedarfssituation gerecht zu werden. Die Mehrbedarfe gehören deshalb zum Existenzminimum.
Es handelt sich hierbei um Personengruppen, die eines besonderen Schutzes oder besonderer Fürsorge bedürfen.
2.1 Ältere/voll erwerbsgeminderte Personen
Dieser Mehrbedarf setzt voraus, dass Leistungsbezieher
- entweder die Altersgrenze erreicht haben oder voll erwerbsgemindert sind und
- gleichzeitig einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "G" besitzen.
Dem Schwerbehindertenausweis mit einem Merkzeichen "G" steht der Feststellungsbescheid einer nach § 69 Abs. 4 SGB IX zuständigen Behörde gleich.
Dies erspart Verwaltungsaufwand und erleichtert den Leistungsberechtigten die Inanspruchnahme des Mehrbedarfs. So kann auch ohne die Beantragung und langwierige Prüfung der Voraussetzungen für einen Schwerbehindertenausweis der Mehrbedarf gewährt werden.
Der Mehrbedarf beträgt 17 % der maßgebenden Regelbedarfsstufe. Er wird – bei Nachweis des Merkzeichens G – ab dem Monat geleistet, in dem die Altersgrenze erreicht wird oder die volle Erwerbsminderung festgestellt wird. Personen, die vor dem 1.1.1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31.12.1946 geboren sind, wird die Altersgrenze sukzessive auf das 67. Lebensjahr angehoben.
Für Alleinstehende beträgt der Mehrbedarf seit 1.1.2024 95,71 EUR, für Partner 86,02 EUR.
2.2 Werdende Mütter
Der Mehrbedarf für werdende Mütter beträgt 17 % der maßgeblichen Regelbedarfsstufe und ist nach der 12. Schwangerschaftswoche zu gewähren. Der Mehrbedarfszuschlag endet mit dem Ablauf des Geburtsmonats.
Der Mehrbedarf beträgt derzeit (Stand: 1.1.2024):
Regelbedarfsstufe |
Höhe des Mehrbedarfs |
1 (Alleinstehende) |
95,71 EUR |
2 (Partner) |
86,02 EUR |
3 (in Einrichtungen) |
76,67 EUR |
4 (Jugendliche von 14 bis 17 Jahren) |
80,07 EUR |
2.3 Alleinerziehende
Der Mehrbedarf für Alleinerziehende wird nur dann gewährt, wenn der oder die Leistungsberechtigte allein für die Pflege und Erziehung eines oder mehrerer minderjähriger Kinder verantwortlich ist. Dieses ist bei Wohngemeinschaften oder im Frauenhaus nicht der Fall. Bei allein lebenden Elternteilen ist von dem Anspruch auf Mehrbedarf in aller Regel auszugehen. Hingegen bedarf es bei Stief- bzw. Pflegeeltern oder anderen Verwandten einer näheren Prüfung.
Der Mehrbedarf orientiert sich am Alter und der Anzahl berücksichtigungsfähiger Kinder.
Zur Vereinfachung dient die folgende Übersicht:
Anzahl und Alter der Kinder |
Höhe des Mehrbedarfs |
Höhe (Stand 1.1.2024) |
1 Kind unter 7 Jahren |
36 % |
202,68 EUR |
1 Kind über 7 Jahren |
12 % |
67,56 EUR |
2 Kinder unter 16 Jahren |
36 % |
202,68 EUR |
2 Kinder über 16 Jahren |
24 % |
135,12 EUR |
1 Kind über 7 Jahren und 1 Kind über 16 Jahren |
24 % |
135,12 EUR |
3 Kinder |
36 % |
202,68 EUR |
4 Kinder |
48 % |
270,24 EUR |
5 und mehr Kinder |
60 % |
337,80 EUR |
der Regelbeda... |