rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rüge des rechtlichen Gehörs mit Gegenvorstellung
Leitsatz (redaktionell)
- Durch die Anhörungsrüge soll das Institut der Gegenvorstellung nicht ausgeschlossen werden.
- Wird mit einer entsprechenden Eingabe nicht die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht, so ist diese Eingabe weiterhin als Gegenvorstellung zu werten.
- Die Gegenvorstellung ist weder fristgebunden noch kostenpflichtig.
- Mit der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs kann eine Gegenvorstellung nicht begründet werden.
Normenkette
FGO § 133a
Tatbestand
Die Klägerin hat am 30. Juli – Freitag – 2010 (Eingang beim Finanzgericht um 14:34 Uhr per Fax, vorgelegt am Montag den 2. August um 8:40 Uhr) ein Ablehnungsgesuch gegen den Richter A gestellt. Auf den Inhalt des das Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschlusses wird verwiesen. Dieser hat hierzu unverzüglich eine dienstliche Äußerung abgegeben, die der Klägerin um 11:34 Uhr per Fax übermittelt worden ist. Am Morgen des 3. August lagen weder von der Klägerin noch vom Beklagten Stellungnahmen zur dienstlichen Äußerung vor.
Der Senat hat sodann unverzüglich am 3. August über das Ablehnungsgesuch entschieden, da Termin zur mündlichen Verhandlung am 4. August anberaumt war; der Beschluss wurde der Klägerin am 3. August um 11:11 per Telefax übermittelt.
Am 4. August um 8:27 Uhr erhob die Klägerin Gegenvorstellung.
Die Klägerin rügt dabei die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Sie habe innerhalb von 24 Stunden seit Abgabe der dienstlichen Äußerung keine Stellungnahme abgeben können; auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 4. August 2010 wird insoweit Bezug genommen.
Sie wendet sich zudem gegen die Gründe des Beschlusses vom 3. August 2010.
Sie weist nochmals darauf hin, dass sie an Brechdurchfall erkrankt sei und eine starke Augenentzündung habe. Mehrstündige Termine mit langer Anfahrt könne sie nicht wahrnehmen.
Entscheidungsgründe
Die Gegenvorstellung hat keinen Erfolg.
Durch die Schaffung und Reglementierung der Anhörungsrüge in allen Verfahrensordnungen zum 1. Januar 2005 sollte das Institut der Gegenvorstellung nicht ausgeschlossen werden. Wird also mit einer entsprechenden Eingabe nicht die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht, ist diese Eingabe weiterhin als Gegenvorstellung im herkömmlichen Sinne zu werten (BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2005, IV S 10/05, BFH/NV 2006, 199).
Mangels einer besonderen Rechtsgrundlage ist die Gegenvorstellung ab 1. Januar 2005 unmittelbar auf Art. 19 Abs. 4 GG zu stützen. Sie ist damit weder fristgebunden noch kostenpflichtig.
Indes hat die Klägerin keinen Sachverhalt vorgetragen noch ist ein solcher aus den Akten ersichtlich, der ausnahmsweise eine Gegenvorstellung eröffnen könnte, nämlich wegen eines Verstoßes gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) oder wegen einer greifbar gesetzwidrigen Entscheidung, die jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 18. Januar 2005, VIII S 17/04 , n.v., juris; vom 27. Januar 2004, X S 22/03 , n.v., juris; vom 7. September 2004, X S 5/04 , n.v., juris; vom 21. Juni 2004, VII B 158/03 , n.v., juris).
Ausweislich des Beschlusses des Senates hat dieser sich mit allen Argumenten der Klägerin auseinandergesetzt. Dass die Klägerin eine andere Rechtsansicht vertritt, führt dabei allerdings zu keiner greifbar gesetzwidrigen Entscheidung des Senats. Die Klägerin wird dabei nochmals darauf hingewiesen, dass sie insbesondere ihre Erkrankung nicht durch Vorlage eines ärztlichen Attestes nachgewiesen hat. Bei einem kurzfristig gestellten Vertagungsantrag sind die Gründe mit dem Antrag glaubhaft zu machen. Dieses hätte der Klägerin als Rechtsanwältin auch bekannt sein müssen. Ein Attest war allerdings keinem der Schriftsätze der Klägerin beigefügt.
Soweit die Klägerin die Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, kann dieses nicht mit der Gegenvorstellung angefochten werden.
1. Nach § 133a Abs. 1 Satz 1 FGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn
(1.) ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist
und
(2.) das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen (§ 133a Abs. 2 Satz 1 FGO). Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO genannten Voraussetzungen darlegen (§ 133a Abs. 2 Satz 6 FGO).
2. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 133a Abs. 1 Satz 1 FGO kann mit dem (außerordentlichen) Rechtsbehelf der Anhörungsrüge nur vorgebracht werden, das Gericht – im Streitfall der beschließende Senat – habe im Rahmen der angegriffenen Entscheidung gegen den verfassungsrechtlich ...