Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung des Finanzamtes bei geldwerten Vorteilen aus der Gestellung eines betrieblichen PKW an einen Arbeitnehmer
Leitsatz (redaktionell)
- Die 1 v.H.-Regelung für die private Nutzung betrieblicher Kfz setzt die Feststellung voraus, dass eine private Nutzung tatsächlich stattgefunden hat.
- Bei einem ausdrücklich vereinbarten privaten Nutzungsverbot kann von einer privaten Mitbenutzung eines betrieblichen Fahrzeugs nur dann ohne Weiteres ausgegangen werden, wenn feststeht oder nach den Umständen anzunehmen ist, dass das entsprechende Verbot nach dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten nur zum Schein ausgesprochen wurde, d.h. der Arbeitgeber tatsächlich also mit der privaten Nutzung einverstanden ist und dies gegenüber dem Arbeitnehmer auch zum Ausdruck gebracht hat.
- Anders als bei Gesellschafter-Geschäftsführern einer Kapitalgesellschaft greift der Anscheinsbeweis einer vertragswidrigen privaten Mitbenutzung des Pkw nur ein, wenn über eine fehlende nachgewiesene Überwachung durch den Arbeitgeber weitere Umstände hinzutreten.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 2 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Streitjahr(e)
1999, 2000, 2001
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin ihren Arbeitnehmern S für die Zeit vom…bis…und K für die Zeit vom…bis…einen betrieblichen Pkw auch für private Zwecke zur Verfügung gestellt hat und diese gegebenenfalls zugewendeten geldwerten Vorteile als Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit dem Lohnabzug unterfallen.
Die Klägerin betreibt in T einen Bäckereibetrieb mit 192 Arbeitnehmern. Sie unterhält im Umland ca. 20 Filialen, die von ihr mit Backwaren beliefert werden.
Im Februar 1999 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Lohnsteueraußenprüfung durch, die den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 1998 umfasste. Dabei stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin in ihrem Fuhrpark einen Audi A 3 hielt, der ihren Arbeitnehmern zur Verfügung stand. Im Prüfungsbericht wurde zu diesem Sachverhalt vermerkt, dass für Kraftfahrzeuge, die sich für eine private Nutzung eigneten, ab sofort Fahrtenbücher zu führen seien. Sollten die zu führenden Fahrtenbücher nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, so werde bei der nächsten Lohnsteueraußenprüfung zur Abgeltung eines geldwerten Vorteils aus der Überlassung betrieblicher Fahrzeuge an Arbeitnehmer von der so genannten 1%-Regelung Gebrauch gemacht. Die Auflage gelte auch für zukünftig angeschaffte Kraftfahrzeuge.
Im November 2002 fand eine erneute Lohnsteueraußenprüfung statt, die die Jahre 1999 bis 2001 umfasste. Dabei griff der Prüfer erneut die Gestellung von Kraftfahrzeugen durch die Klägerin auf. Er stellte fest, dass dem damaligen Verkaufsleiter S ein Audi A 3 in der Zeit vom…bis zum…unentgeltlich zur Verfügung gestanden hatte. Im April 2000 wurde dieses Fahrzeug verkauft und durch einen VW-Bus „T 4 Caravelle” ersetzt. Ab diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin einen geldwerten Vorteil für die Überlassung des Pkw für private Zwecke dem Lohnabzug unterworfen.
Der neuen Verkaufsleiterin K wurde ab…ein VW-Golf zur Nutzung überlassen.
Die mit den beiden Arbeitnehmern geschlossenen Arbeitsverträge waren durch Vereinbarungen vom…bzw.…ergänzt worden. Danach war es den Arbeitnehmern ausdrücklich untersagt, die gestellten Fahrzeuge für private Zwecke und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu nutzen. Die Fahrzeuge waren nach Arbeitsschluss auf dem Betriebsgelände der Klägerin abzustellen und die Schlüssel abzugeben. Zuwiderhandlungen konnten die sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses zur Folge haben.
Da die Klägerin dem Prüfer entgegen der erteilten Auflage aus der Vorprüfung keine Fahrtenbücher vorlegte, ging der Prüfer von einer unentgeltlichen Mitbenutzung der beiden Fahrzeuge für Fahrten der beiden Arbeitnehmer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und anderen privaten Zwecken aus, ermittelte den sich hieraus nach seiner Meinung ergebenden geldwerten Vorteil nach der 1%-Methode und unterwarf ihn der Lohnsteuer. Soweit möglich, erfolgte eine Nachversteuerung der Vorteile nach § 40 Abs. 2 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG), im Übrigen erfolgte die Nachversteuerung unter Berücksichtigung eines Nettosteuersatzes, weil die Klägerin sich bereit erklärt hatte, die Steuer für ihre Arbeitnehmer zu übernehmen.
Gegen den Haftungs- und Nachforderungsbescheid erhob die Klägerin Einspruch. Zur Begründung trug sie vor, eine private Nutzung der beiden Fahrzeuge durch die Arbeitnehmer habe nicht stattgefunden. In den beiden Arbeitsverträgen sei nunmehr ausdrücklich vereinbart worden, dass die Fahrzeuge nicht für Privatfahrten oder Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden dürften. Die Fahrzeuge dienten den beiden Verkaufsleitern für ihre täglichen Inspektionen bei den umliegenden Filialen. Über die Ergebnisse der Besuche müssten die beiden Arbeitnehmer arbeitstäglich im Stammbetrieb in T. Bericht erstatten. Die Pkw müssten nach der ...