Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendigkeit eines Hinweises auf nicht zu realisierenden Prozesskostenvorschuss im Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Unterhaltsbestimmung auch während anhängigen Rechtsstreits möglich

 

Leitsatz (amtlich)

1. In einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist darzulegen, dass ein Antragsteller außerstande ist, die Prozesskosten im Wege eines durchsetzbaren Prozesskostenvorschussanspruches zu realisieren.

2. Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Unterhaltsbestimmung gegenüber einem volljährigen Kind.

3. Aus prozessökonomischen Gründen kann die Abänderung einer Unterhaltsbestimmung in einem laufenden Verfahren auf Kindesunterhalt erfolgen.

 

Normenkette

ZPO § 114; BGB § 1612

 

Verfahrensgang

AG Dannenberg (Beschluss vom 29.03.2006; Aktenzeichen 51 F 353/05)

 

Tenor

Die als sofortige Beschwerde anzusehende Beschwerde der Antragstellerin vom 3.4.2006 gegen den Beschluss des AG - FamG - Dannenberg vom 29.3.2006 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die am 10.7.1985 geborene Antragstellerin ist die Tochter der Antragsgegner. Sie ist im März 2000 aus der Wohnung ihrer Eltern ausgezogen und lebt seither mit ihrem Freund in einer Wohnung in P. Die Gründe des Auszuges sind zwischen den Parteien streitig. Die Antragstellerin befindet sich seit August 2005 in einer Ausbildung zur Erzieherin und besucht zurzeit die Berufsbildenden Schulen L. - Fachschule für Sozialpädagogik -. Der Schulbesuch wird voraussichtlich bis zum 19.7.2006 dauern. Sie erhält Kindergeld i.H.v. 154 EUR sowie BaFöG i.H.v. zurzeit 161 EUR. Daneben ist sie als Übungsleiterin beim TUS G. tätig. Die Antragsgegner haben seit dem Auszug der Antragstellerin keinen Kindesunterhalt geleistet. Mit Schreiben vom 5.8.2005 forderte die Antragstellerin Auskunft über das Einkommen der Antragsgegner im Zeitraum vom 1.8.2004 bis 31.3.2005 und machte gleichzeitig einen Unterhalt von (vorläufig) 374 EUR geltend. Die Antragsgegner haben darauf nicht reagiert. Mit der vorliegenden Stufenklage vom 19.9.2005 verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Mit Schreiben vom 16.1.2006 haben die Antragsgegner Folgendes mitgeteilt:

"Von unserer Seite bestand und besteht noch immer kein Grund für diesen Auszug. Für ihren Unterhalt sowie den Weg zur Ausbildungs- und Praktikumsstelle wurde jederzeit von uns hier von K. aus Sorge getroffen. C. hatte und hat noch immer zwei separate Zimmer mit Bad, in der sie mietfrei wohnen kann. Ihr wird und wurde regelmäßig angeboten, diese auch weiterhin zu nutzen. ... Denn auch weiterhin besteht derzeit die Möglichkeit kostenfrei bei uns zu wohnen (2 Zimmer mit Bad separat gelegen) und versorgt zu werden. Die Wege zur Schule und Ausbildung sind selbstverständlich in der Unterhaltsversorgung enthalten."

Mit Beschluss vom 29.3.2006 hat das AG - FamG - Dannenberg den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Der Anspruch auf Barunterhalt sei spätestens mit Schreiben vom 14.1.2006 durch eine wirksame Unterhaltsbestimmung der Eltern erloschen (§ 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB), die die Antragstellerin und das FamG binde und nur im Wege eines Abänderungsverfahrens beseitigt werden könne. Dieses Verfahren sei gesondert zu führen, funktional zuständig sei der Rechtspfleger. Das AG hat sodann der dagegen gerichteten Beschwerde vom 3.4.2006 nicht abgeholfen (Beschl. v. 20.4.2006).

II. Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO als sofortige Beschwerde anzusehende Beschwerde ist zulässig, insb. fristgerecht eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet. Das AG hat im Ergebnis zu Recht Prozesskostenhilfe versagt. Die Begründung des AG trägt jedoch nicht. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Prozesskostenhilfe ist schon deshalb zu versagen, weil die Antragstellerin nicht dargetan hat, dass sie über kein einzusetzendes Vermögen verfügt. Ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss, der auch gegenüber volljährigen Kindern (BGH v. 30.9.2004 - I ZR 261/02, CR 2005, 442 = MDR 2005, 1019 = BGHReport 2005, 801 m. Anm. Schneider = FamRZ 2005, 883) und auch dann besteht, wenn der Anspruch nicht in einer Summe, sondern nur in Raten befriedigt werden kann (BGH v. 4.8.2004 - XII ZA 6/04, BGHReport 2005, 26 = MDR 2005, 94 = FamRZ 2004, 1633), stellt einen einzusetzenden Vermögenswert i.S.d. § 115 Abs. 2 ZPO dar (BGH v. 4.8.2004 - XII ZA 6/04, BGHReport 2005, 26 = MDR 2005, 94 = FamRZ 2004, 1633; Büte FF 2004, 272). Besteht der Anspruch zweifelsfrei und kann er problemlos und zeitnah durchgesetzt werden, ist deshalb Prozesskostenhilfe zu versagen (KK-FamR-Klein, 2. Aufl., § 1360a Rz. 30; Büte FuR 2005, 59 f.; 2006, 9 ff.). Deshalb ist in einem ordnungsgemäßen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe darzulegen, dass ein Antragsteller außerstande ist, die Prozesskosten im Wege eines durchsetzbaren Prozesskostenvorschussanspruches zu realisieren (so auch OLG Köln v. 9.2.1994 - 5 W 2/94, OLGReport Köln 1994, 134 = FamRZ 1994, 1409; Klein FuR 1996, 69). Statt der Darlegung, dass ein durchsetzbarer Prozesskostenvorschussanspruch nicht...

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