Leitsatz (amtlich)
Zur Übertragung des Sorgerechts auf eine alkoholkranke Mutter, die der Fremdunterbringung des Kindes zustimmt.
Verfahrensgang
AG Mannheim (Aktenzeichen 8 F 1134/22) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Vaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 18.01.2023, Aktenzeichen 8 F 1134/22, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Vater.
3. Der Verfahrenswert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist die elterliche Sorge für das Kind E. S., geboren am ...
Die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern des Kindes waren nicht verheiratet, aber seit 2012 liiert. Der Status der Beziehung war über längere Zeit unklar; jedenfalls besteht aber seit 2016 kein gemeinsamer Haushalt mehr. Seit dieser Zeit lag der gewöhnliche Aufenthalt von E. überwiegend im Haushalt der Mutter bei regelmäßigen Umgangskontakten mit dem Vater, mit Ausnahme einer Zeit von fünf Monaten im Jahr 2021, in denen er sich überwiegend im Haushalt des Vaters aufhielt.
Das Verfahren wurde auf Anregung des Jugendamts vom 26.01.2022 eingeleitet wegen des Verdachts einer Kindeswohlgefährdung. Die - bekanntermaßen bereits langjährig suchtkranke - Mutter hatte gegenüber den Familienhelferinnen angegeben, einen Rückfall erlitten und Alkohol getrunken zu haben. E. wurde daraufhin von der Mutter in Absprache mit dem Jugendamt zunächst zur Großmutter mütterlicherseits gegeben, dann ab dem 24.01.2022 zu seiner ehemaligen Tagesmutter. Da die ehemalige Tagesmutter die Betreuung nicht langfristig leisten konnte, wechselte er am 03.03.2022 in den Haushalt seiner Tante mütterlicherseits. Auch diese stellte jedoch schnell fest, die Betreuung nicht dauerhaft übernehmen zu können. Seit dem 15.03.2022 ist E. im W.-Stift in M.-V., wenige Minuten vom Wohnort der Mutter entfernt, untergebracht.
Die verschiedenen Fremdunterbringungen erfolgten zunächst jeweils im Konsens zwischen Mutter und Jugendamt. Der Vater war seit dem 18.01.2022 zunächst - trotz Anrufversuchen des Jugendamts mehrmals täglich - nicht erreichbar. Am 27.01.2022 wurden die Eltern zusammen alkoholisiert von der Familienhilfe angetroffen und erklärten, sie wollten sich selbst gemeinsam um E. kümmern. Im ersten gerichtlichen Anhörungstermin am 04.02.2022 waren beide Eltern mit einer Fremdunterbringung bis Ende Februar 2022 einverstanden. In der Folge war der Vater wiederum für Jugendamt und auch Verfahrensbeiständin kaum zu erreichen. Er stimmte einer Fremdunterbringung bis längstens 11.03.2022 zu, unterzeichnete jedoch nicht den Antrag auf Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII. Die erteilte Zustimmung widerrief er am 08. oder 09.03.2022. Im zweiten Anhörungstermin am 11.03.2022 erklärte der Vater, einer Inobhutnahme auf keinen Fall zuzustimmen. Auch die Mutter erklärte zu diesem Zeitpunkt keine Zustimmung unter Hinweis auf die gänzlich unklare Perspektive. Beiden Eltern wurde daraufhin mit Beschluss vom 14.03.2022 im Verfahren 8 F 1373/22 im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Beantragung von öffentlichen Hilfen, dem Vater zusätzlich das Recht der Gesundheitsfürsorge, entzogen. Der Vater war danach zunächst für sämtliche Verfahrensbeteiligte, auch das Kind und auch den beauftragten Gutachter, nicht erreichbar. Er selbst gibt an, Schreiben des Gutachters hätten ihn nicht erreicht; um Umgangstermine im W.-Stift hätte er sich bemüht, diese jedoch wegen fehlender Begleitpersonen zunächst nicht erhalten. Nach Erstattung des Gutachtens beantragte sein Verfahrensbevollmächtigter am 20.07.2022 eine Ergänzung des Gutachtens unter Einbeziehung des Vaters; ein Treffen mit dem Sachverständigen kam dann am 19.08.2022 zustande. Im Anschluss nahm der Vater auch Kontakt mit dem W.-Stift auf und nimmt seit dem 08.09.2022 wieder Umgangstermine mit E. wahr. Nach dem vorläufigen Sorgerechtsentzug erklärte die Mutter im laufenden Verfahren erstmals am 17.06.2022 gegenüber dem Sachverständigen, dass sie inzwischen zu der Einsicht gekommen sei, einer weiteren stationären Jugendhilfe von E. im W.-Stift in M. zuzustimmen. Diese Ansicht hat die Mutter auch im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht revidiert. Der Vater äußerte im Gespräch mit dem Sachverständigen am 19.08.2022 seinen Wunsch, dass E. in seinen Haushalt wechsele. Im Anhörungstermin am 23.09.2022 erklärte sein Verfahrensbevollmächtigter, es müsse selbstverständlich eine Rückführung herbeigeführt werden, gleichwohl diese natürlich behutsam angebahnt werden müsse. Auch der Vater sei jedoch damit einverstanden, dass E. derzeit weiterhin in der Einrichtung bleibe. Mit der Beschwerde vom 17.02.2023 erklärt der Verfahrensbevollmächtigte des Vaters einerseits, dass der Vater seinen Sohn in der bestehenden Einrichtung belassen wolle, da sein Kind dort bestens gefördert werde und sich dort auch wohl fühle; andererseits meint er: "Es kann davon ausgegangen werden, dass der Sachverständige, wenn er erneut beauftragt werden würde, jetzt zu dem Ergebnis käm...