Leitsatz (amtlich)
Die Kosten für die Fahrt zum Arbeitsplatz, welche das im Rahmen der Prozesskostenhilfe einzusetzende Einkommen mindern, ermittelt der Senat in Anlehnung an 10.2.2 der Süddeutschen Leitlinien.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1a; SGB XII § 82 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Tauberbischofsheim (Beschluss vom 16.04.2008; Aktenzeichen 2 F 33/08) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - FamG - Tauberbischofsheim vom 16.4.2008, soweit die Zahlung von Raten auf die Prozesskosten angeordnet wurde, aufgehoben und der Antragsgegnerin ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
(gemäß § 127 Abs. 1 Satz 3 ZPO nur der Antragsgegnerin mitzuteilen)
I. Das AG - FamG - Tauberbischofsheim hat der Antragsgegnerin mit Beschluss vom ... 2008 Prozesskostenhilfe für ein Scheidungsverfahren bewilligt und monatliche Raten von 45 EUR festgesetzt. Dabei ist das AG von einem Einkommen der Antragsgegnerin von ... EUR ausgegangen, hat deren Freibeträge mit 174 EUR und 382 EUR abgesetzt, weiter ihre Unterkunftskosten mit ... EUR und besondere Belastungen mit ... EUR.
Der Beschluss wurde dem Antragsgegnervertreter am ... 2008 zugestellt. Mit am ... 2008 beim AG Tauberbischofsheim eingegangenem Schriftsatz hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie sich gegen die Anordnung einer Ratenzahlung wehrt. Sie müsse ... EUR für Gas und Strom zahlen und habe für Versicherungsleistungen ... EUR monatlich zu zahlen. Weiter zahle sie an ihren Prozessbevollmächtigten für die Vertretung in einer anderen Rechtssache ... EUR monatlich. Darüber hinaus seien die Fahrtkosten zur Arbeit von 528 EUR monatlich nicht berücksichtigt.
Mit Beschluss vom ... 2008 hat das AG der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Senat vorgelegt. Weitere Kosten seien nicht abzugsfähig; die Fahrtkosten seien mit einem monatlichen Pauschalbetrag von 5,20 EUR pro einfachem Kilometer berücksichtigt.
II. Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, und begründet. Die Antragsgegnerin hat nach Abzug der gem. § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu berücksichtigenden Positionen kein einzusetzendes Einkommen mehr, welches zur Anordnung von Raten führen könnte.
1. Die Antragsgegnerin verfügt über ein Einkommen von ... EUR netto.
A. Abzusetzen ist der Erwerbstätigenfreibetrag gem. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1b ZPO i.H.v. 174 EUR, weiter der Freibetrag für die Partei gem. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2a ZPO mit 382 EUR.
B. Darüber hinaus sind gem. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO die Kosten für Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen, zu berücksichtigen. Nach dem vorgelegten Mietvertrag zahlt die Antragsgegnerin eine Kaltmiete von ... EUR monatlich, weiter eine Vorauszahlung auf die Nebenkosten von ... EUR monatlich. Diesen Betrag hat das AG abgesetzt. Mit ihrer Beschwerde rügt die Antragsgegnerin den unterlassenen Abzug der Kosten für die Gasheizung mit ... EUR monatlich und für Strom mit ... EUR monatlich. Die Kosten für die Heizung sind nach dem eindeutigen Wortlaut des § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO abzusetzen. Die Stromkosten sind demgegenüber nicht abzugsfähig (BGH FamRZ 2008, 781). Insgesamt sind damit ... EUR für Unterkunftskosten zu berücksichtigen.
C. Gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO hat das AG die belegte Verbindlichkeit der Antragsgegnerin bei der Sparkasse ... mit ... EUR abgesetzt. Dies ist nicht zu beanstanden. Soweit darüber hinaus weitere 100 EUR als besondere Belastung in der angefochtenen Entscheidung abgesetzt sind, betrifft dies wohl nach den Ausführungen des AG in der Entscheidung über die Nichtabhilfe die Fahrtkosten. Die Antragsgegnerin fährt von ihrem Wohnsitz in ... mit dem Pkw zu ihrem Arbeitsplatz in ... Dies sind - wie sich aus dem Routenplaner (www.Reiseplanung.de) ergibt, einfach 21 km. Das AG hat für jeden einfachen Kilometer 5,20 EUR abgesetzt. Gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1a i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII sind vom Einkommen die mit der Erzielung des Einkommens notwendigen Ausgaben abzusetzen. Wie sich diese bestimmen definiert § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII nicht. Gemäß § 3 Abs. 6 Nr. 2 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 82 SGB XII ist bei notwendiger Nutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz ein Betrag von 5,20 EUR pro einfachem Kilometer anzusetzen. Ob dies auch entsprechend im Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu handhaben ist, ist streitig (bejahend: OLG Düsseldorf FamRZ 2007, 644; OLG Zweibrücken, 6. OLG Karlsruhe FamRZ 2006, 799; OLG Stuttgart OLGReport Stuttgart 2008, 36 mit der Einschränkung, dass dies gelte, solange die Fahrtkosten steuerlich geltend gemacht werden können; verneinend: OLG Karlsruhe, 5. OLG Karlsruhe, B. v. 30.7.2007 - 5 WF 79/07; FamRZ 2008, 69; OLG Zweibrücken, 6. OLG Karlsruhe, FamRZ 2006, 437; OLG Koblenz M...