Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt, Ausschluss der Rückforderung wegen Verarmung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Rechtsprechung des BGH, nach der bei der Schenkung eines Grundstückes unter Nießbrauchvorbehalt eine Leistung des verschenkten Gegenstandes i.S.v. § 2325 Abs. 3 BGB trotz Umschreibung im Grundbuch erst dann vorliegt, wenn der Erblasser den "Genuss" des verschenkten Gegenstandes aufgegeben hat (BGHZ 125, 395 = NJW 1994, 1791), ist auf den Ausschlusstatbestand des § 529 Abs. 1 BGB nicht zu übertragen.
2. Es ist allein Sache des Nießbrauchers einer Wohnimmobilie, die im zustehenden Nutzungen zu ziehen und das von ihm nicht bewohnte Objekt zu vermieten. Der Eigentümer schuldet daher keinen abstrakten Nutzungsersatz in Höhe des Mietwertes, sondern hat nur die aufgrund einer Vermietungsvereinbarung tatsächlich erhaltenen Mieten an den Nießbraucher herauszugeben.
3. Sieht die schuldrechtliche Vereinbarung über die Bestellung eines Wohnungsrechts oder Nießbrauches eine Pflegeverpflichtung vor, so kommt eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht, nach der der Verpflichtete die bei der Heimunterbringung des Berechtigten ersparten Aufwendungen zu ersetzen hat. Dies setzt aber voraus, dass der Vertrag eine Regelungslücke enthält, weil die Vertragsparteien den Fall der Heimunterbringung nicht abschließend geregelt haben.
Normenkette
BGB §§ 528, 529 Abs. 1, § 1093
Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 11 O 447/09) |
Gründe
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ZPO vorliegen.
Das Rechtsmittel hat keine Aussicht auf Erfolg. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Ein auf den Klägerin übergeleiteter Anspruch der Mutter des Beklagten aus § 528 Abs. 1 BGB ist ausgeschlossen, weil die Zehnjahresfrist nach § 529 Abs. 1 BGB abgelaufen ist. Diese begann am 1.4.1998 mit der Übereignung des Grundstücks an den Beklagten und war bei der Aufnahme der Mutter in das Altersheim am 23.7.2008 verstrichen. Die Rechtsprechung des BGH, nach der bei der Schenkung eines Grundstückes unter Nießbrauchvorbehalt eine Leistung des verschenkten Gegenstandes i.S.v. § 2325 Abs. 3 BGB trotz Umschreibung im Grundbuch erst dann vorliegt, wenn der Erblasser den "Genuss" des verschenkten Gegenstandes aufgegeben hat (BGHZ 125, 395 = NJW 1994, 1791), ist auf § 529 Abs. 1 BGB nicht zu übertragen (Koch in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 529 Rz. 3; Staudinger/Wimmer-Leonhardt, BGB, Bearb. 2005, § 529 Rz. 8; JurisPK/Sefrin, 5. Aufl., § 529 Rz. 7; Schippers, RNotZ 2006, 42). Diese Rechtsprechung dient dem Schutz des nicht an der Schenkung beteiligten Pflichtteilsberechtigten. Demgegenüber bezweckt die zeitliche Beschränkung des § 529 Abs. 1 BGB den Schutz des Beschenkten, der auf den Bestand der Schenkung vertrauen darf. Auch ist unter dem Blickwinkel des § 529 BGB eine durch den Nießbrauch eingeschränkte Schenkung gerade wünschenwert, da sie die Notlage des Schenkers abwenden kann (MünchKomm/Koch, a.a.O.) Das Interesse des Sozialhilfeträgers an der Inanspruchnahme des Beschenkten ist für die Auslegung des § 529 Abs. 1 BGB unerheblich, zumal die Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt auch nicht als sittenwidrige Benachteiligung des Sozialhilfeträgers zu bewerten ist (vgl. BGH NJW 2009, 1346 Tz. 11).
2. Die Klage ist auch nicht unter dem - von der Berufung in erster Linie geltend gemachten - Gesichtspunkt begründet, dass die Mutter weiterhin Inhaberin des Nießbrauchs geblieben ist. Der BGH hat zum Wohnrecht nach § 1093 Abs. 2 BGB entschieden, dass der Eigentümer zwar aus einer mit dem Wohnberechtigten getroffene Vermietungsvereinbarung nach § 667 BGB verpflichtet ist, tatsächlich gezogene Mieten an den Berechtigten weiterzuleiten (BGH NJW 2007, 1884 Tz. 21). Er ist aber nicht verpflichtet, die Wohnung selbst zu vermieten (BGH NJW 2009, 1348; als Nachinstanz OLG Hamm NJW-RR 2010, 1104 = MDR 2010, 77; zu dieser Rechtsprechung zusammenfassend Krüger ZNotP 2010, 2). Das gilt auch für den Fall des Nießbrauches. Es ist allein Sache des Nießbrauchers, ihm zustehende Nutzungen aus dem Niebrauch zu ziehen und für eine Vermietung zu sorgen. Der Beklagte hat das ihm übertragene Anwesen nicht vermietet, so dass ihn keine Herausgabepflicht trifft.
3. Sieht die schuldrechtliche Vereinbarung über die Bestellung eines Wohnungsrechts oder Nießbrauches eine Pflegeverpflichtung vor, so kommt eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht, nach der der Verpflichtete die bei der Heimunterbringung des Berechtigten ersparten Aufwendungen zu ersetzen hat (zusammenfassend zur Rechtsprechung Krüger ZNotP 2010, 2). Dies setzt aber voraus, dass der Vertrag eine Regelungslück enthält, weil die Vertragsparteien den Fall der Heimunterbringung nicht abschließend geregelt haben (BGH NJW 2007, 1348 Tz. 12). Eine abschließende Regelung ist hier getroffen worden. Nach Art. III.1. (2) des notariellen Übergabevertrages ruht die "Pflegeflicht ohne Ersatzl...