Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofortige Beschwerde gegen Entscheidung über Richterablehnung im Zivilprozess
Leitsatz (amtlich)
1. Die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs gegen einen Richter des erstinstanzlich tätigen LG unterliegt dem Anwaltszwang.
2. Ist unter Mitwirkung des abgelehnten Richters ein die Instanz abschließendes Urteil ergangen, fehlt für eine sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung über die Ablehnung das Rechtsschutzbedürfnis, wenn gegen das Urteil die Berufung statthaft ist; die Prüfung, ob ein Ablehnungsgrund vorliegt, ist dann im Berufungsrechtszug vorzunehmen (Anschluss an BGH NJW-RR 2007, 411 = MDR 2007, 288).
Normenkette
ZPO §§ 42, 46 Abs. 2, § 78 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Landau (Pfalz) (Beschluss vom 15.07.2007; Aktenzeichen 2 O 182/04) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwere wird als unzulässig verworfen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 27.901,22 EUR festgesetzt.
Gründe
Das Rechtsmittel ist in zweifacher Hinsicht nicht zulässig.
1. Zum einen wahrt es nicht die gesetzliche Form, weil die Beschwerdeschrift von der Beklagten persönlich und nicht von einem Rechtsanwalt herrührt. Denn die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit unterliegt dem Anwaltszwang, wenn der Rechtsstreit - wie hier gemäß § 78 Abs. 1 ZPO - im ersten Rechtszug als Anwaltsprozess zu führen ist. Rechtsstreit in diesem Sinne ist dabei nicht das Ablehnungsverfahren, sondern der Prozess, in dem der abgelehnte Richter amtiert. Gegen die Entscheidung über die Ablehnung eines Richters des erstinstanzlich tätigen LG kann deshalb nicht ohne Vertretung durch einen Rechtsanwalt form- und fristwahrend sofortige Beschwerde eingelegt werden (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa Beschlüsse vom 22.8.2006 - 3 W 158/06 -, vom 31.3.2006 - 3 W 60/06 -, und vom 9.10.2003 - 3 W 207/03 -; OLG Köln MDR 1996, 1182 und OLGR 1999, 218; Thomas/Putzo/Hüsstege, ZPO, 28. Aufl., § 46 Rz. 6; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 46 Rz. 16; Musielak/Smid, ZPO, 5. Aufl., § 46 Rz. 6; Freibert in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 46 Rz. 3).
Eine ordnungsgemäße Nachholung der sofortigen Beschwerde durch einen Rechtsanwalt ist innerhalb der gesetzlich normierten Notfrist von 2 Wochen (§ 569 Abs. 1 ZPO) im vorliegenden Fall nicht mehr möglich. Die angefochtene Entscheidung des LG wurde gemäß § 172 ZPO an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zugestellt (Erledigungsvermerk Bl. 9 R. des Sonderhefts zu dem Ablehnungsgesuch). Zwar ist ein Empfangsbekenntnis der Rechtsanwälte bislang nicht zu den Akten gelangt. Aus dem Umstand, dass die Beklagte am 9.8.2007 privatschriftlich Beschwerde erhoben hat, ist jedoch ohne Weiteres zu schließen, dass der Beschluss des LG ihren Prozessbevollmächtigten zuvor - und zwar spätestens an diesem Tage - tatsächlich zugegangen ist (vgl. § 189 ZPO). Die Frist zur Einlegung einer formgerechten sofortigen Beschwerde durch Anwaltsschriftsatz endete sonach jedenfalls mit Ablauf des 23.8.2007.
2. Unabhängig von dem Vorstehenden fehlt es zum anderen für die sofortige Beschwerde hier auch an einem rechtlich schützenswerten Interesse der Beklagten. Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs besteht nämlich in Fallgestaltungen wie der vorliegenden regelmäßig nicht, wenn eine Berufung in der Hauptsache statthaft (und im Streitfall auch eingelegt) ist, da in deren Rahmen auf entsprechende Rüge auch über die Begründetheit der Ablehnung zu entscheiden ist.
Ziel einer Richterablehnung ist es, den abgelehnten Richter an der (weiteren) Mitwirkung in dem Verfahren zu hindern. Dieses Ziel kann nicht mehr erreicht werden, wenn eine die Instanz abschließende Entscheidung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters ergangen ist. Die Prozesswirtschaftlichkeit erfordert es dann, die Prüfung, ob ein Ablehnungsgrund gegeben ist, im Berufungsrechtszug vorzunehmen (vgl. BGH NJW-RR 2007, 411 = MDR 2007, 288 = FamRZ 2007, 274).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Beschwerdewertes, der dem Wert der noch im Streit stehenden Hauptsache entspricht, aus § 3 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1806622 |
FamRZ 2008, 792 |
MDR 2008, 102 |
OLGR-West 2007, 914 |