Entscheidungsstichwort (Thema)
Beträge der Sterbegeldversicherung sind dem Schonvermögen zuzurechnen
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1; BGB § 1836c Nr. 2; SGB XII § 90
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 25.02.2005; Aktenzeichen 2 T 15/05) |
AG Linz (Beschluss vom 07.12.2004; Aktenzeichen 5 XVII 302/03) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die der Betroffenen im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen Kosten werden der Landeskasse auferlegt.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 312 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 2) ist als Betreuer für die Betroffene eingesetzt. Mit Beschluss vom 9.3.2004 hat das AG für die Zeit vom 19.11.2002 bis zum 18.11.2003 eine wegen festgestellter Mittellosigkeit der zu Betreuenden aus der Staatskasse zu zahlende pauschale Aufwandsentschädigung i.H.v. 312 EUR festgesetzt. Mit weiterem Beschluss vom 7.12.2004 ordnete das AG die Rückerstattung dieses Betrages aus dem Vermögen der Betroffenen mit der Begründung an, der Schonbetrag von 2.300 EUR sei weit überschritten. Dabei hat das AG die Rückkaufswerte und Überschussbeteiligungen von vier Sterbegeldversicherungen der Betroffenen (angesparter Gesamtwert: 3.003,25 EUR) als einsatzfähiges Vermögen der Betroffenen erachtet.
Auf die hiergegen von dem Beteiligten zu 2) "in seiner Eigenschaft als Betreuer" eingelegten Beschwerde hat das LG den Rückforderungsbeschluss aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, der Betrag der Sterbegeldversicherungen sei dem Schonvermögen der Betroffenen zuzurechnen und sei deshalb nicht gem. § 1908i i.V.m. § 1836c BGB i.V.m. § 90 SGB XII einzusetzen.
Hiergegen richtet sich die zugelassene - sofortige weitere Beschwerde des Bezirksrevisors.
II.1. Die sofortige weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung statthaft (§ 56g Abs. 5 S. 2 FGG). Das Rechtsmittel ist auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 29 Abs. 1 und 3, Abs. 2 und Abs. 4, 21 Abs. 2, 22 Abs. 1, 29 Abs. 1 FGG). Insbesondere ist es nicht verfristet. Ein Nachweis der Zustellung des landgerichtlichen Beschlusses an den Bezirksrevisor liegt nicht vor, so dass von einer die Beschwerdefrist des § 22 FGG in Lauf setzenden Bekanntmachung der Entscheidung an diesen (§ 16 Abs. 2 FGG) nicht ausgegangen werden kann. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) ergibt sich daraus, dass ein Rückforderungsanspruch der Staatskasse abgelehnt wird und der Erstbeteiligte die finanziellen Interessen des Staates zu wahren hat.
2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
Die Erstbeschwerde war zulässig. Als Rechtsmittelführer ist die Betroffene, vertreten durch den Beteiligten zu 2), und nicht dieser selbst anzusehen. Die von dem Verfahrensbevollmächtigten gewählte Formulierung kann nur in diesem Sinne verstanden werden, da sich die Rückforderung gegen das Vermögen der Betroffenen richtet und der Betreuer durch den angefochtenen Beschluss selbst nicht beschwert wäre.
Die sofortige Beschwerde war auch in der Sache begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG ausgeführt, dass die der Betroffenen aus den Sterbegeldversicherungen zustehenden Beträge dem Schonvermögen nach § 90 SGB XII zuzurechnen sind.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
Soweit die Staatskasse den Betreuer befriedigt, gehen dessen Ansprüche gegen den Betroffenen auf sie über (§§ 1836e Abs. 1 S. 1, 1908i Abs. 1 BGB). Sie kann bei dem Betroffenen Rückgriff nehmen, soweit dieser sein Einkommen und sein Vermögen gem. § 1836c BGB nach den Vorgaben des Sozialhilferechts hierfür einzusetzen hat. Zu dem einzusetzenden Vermögen gehören grundsätzlich auch sog. "bereite Mittel", über die der Betroffene nach einer ihm möglichen und zumutbaren Rechtsgestaltung, zum Beispiel Vertragskündigung, zur Bedarfszeit verfügen kann (BVerwG v. 11.12.2003 - 5 C 84.02, NJW 2004, 2914 [2915]).
Der Senat teilt die Auffassung der Kammer, dass die Mittel, die der Betroffenen hier aus den Sterbegeldversicherungen im Falle einer Vertragsbeendigung zustünden, nicht dem einzusetzenden Vermögen zuzurechnen sind. Ihr Einsatz würde in vorliegendem Fall für die Betroffene eine unzumutbare Härte i.S.v. § 90 Abs. 3 SGB XII bedeuten, wobei es im Ergebnis dahingestellt bleiben kann, ob man das Sterbegeld als Bestandteil der Alterssicherung i.S.d. § 90 Abs. 3 S. 2, SGB XII betrachtet (OLG Köln, Beschl. v. 27.9.2002 - 16 Wx 188/02; OVG NW, Beschl. v. 19.12.2003) oder seine Verschonung unmittelbar aus Abs. 3 S. 1 der Vorschrift herleitet (BVerwG v. 11.12.2003 - 5 C 84.02, NJW 2004, 2914 [2915] für Leistungen auf einen Grabpflegevertrag).
Grundsätzlich setzt eine solche Härte eine Fallgestaltung voraus, die nach den Leitvorstellungen des § 90 Abs. 2 SGB XII vom Vermögenseinsatz frei bleiben soll, aber wegen ihrer Atypik nicht von der Aufzählung dieser Vorschrift erfasst werden konnte (BVerwG v. 29.4.1993 - 5 C 12.90, BVerwGE 9...