Entscheidungsstichwort (Thema)

Sterbegeld als Teil des Schonvermögens des Betreuten i.S.d. § 90 SGB XII

 

Leitsatz (amtlich)

Die dem Betroffenen aus der Sterbegeldversicherung für eine angemessene Bestattung zustehenden Beträge sind dem Schonvermögen i.S.d. § 90 SGB XII zuzurechnen (im Anschluss an OLG Zweibrücken FGPrax 2006, 21).

 

Normenkette

BGB § 1836c Nr. 2, § 1836d; SGB XII § 90

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Beschluss vom 22.11.2006; Aktenzeichen 3 T 200/06)

AG Kiel (Aktenzeichen 2 XVII M 887)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. wird zurückgewiesen.

Dem Betroffenen wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Beteiligten zu 1. bewilligt.

Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde beträgt 502,80 EUR.

 

Gründe

I. Der Betroffene, der schwer krebskrank ist, leidet unter einem hirnorganischen Psychosyndrom. Mit Beschluss vom 7.4.2005 bestellte das AG die Beteiligte zu 1. zu seiner Berufsbetreuerin mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Vertretung gegenüber Behörden und Institutionen sowie Gesundheitssorge.

Mit Beschluss vom 17.11.2005 gewährte das AG der Beteiligten zu 1. für den Zeitraum vom 08.04. bis zum 30.6.2005 eine aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung i.H.v. 1.173,43 EUR. Mit weiterem Beschluss vom 30.1.2006 setzte das AG zugunsten der Beteiligten zu 1. für den Zeitraum vom 01.07. bis 31.12.2005 eine aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung i.H.v. 954,80 EUR fest. Beide Beschlüsse enthalten jeweils einen Rückforderungsvorbehalt. Mit weiterem Beschluss vom 31.5.2006 verpflichtete das AG den Betroffenen zur Rückzahlung eines Betrages von insgesamt 2.128,23 EUR an die Landeskasse, da dieser nicht mittellos im Sinne des Gesetzes sei. Mit der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde hat die Beteiligte zu 1. geltend gemacht, dass bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens die zum Schonvermögen gehörende Sterbegeldversicherung, die der Betroffene im Jahr 1996 abgeschlossen und deren Bezugsrecht er unwiderruflich auf das Bestattungsunternehmen Fa.A. übertragen habe, nicht berücksichtigungsfähig sei. Daraufhin änderte das LG den angefochtenen Beschluss teilweise ab und setzte die an die Landeskasse zurückzuzahlende Betreuervergütung auf 1.625,43 EUR herab.

Hiergegen richtet sich die - zugelassene - sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2., welcher die Beteiligte zu 1. entgegengetreten ist.

II. Die nach §§ 56g Abs. 5 Satz 2, 27, 29, 20, 21, 22 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet, denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG, 546 ZPO).

Das LG hat unter ausführlicher Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 10.8.2005 (FGPrax 2006, 21) ausgeführt, dass die Mittel, die dem Betroffenen aus seiner Sterbegeldversicherung im Falle einer Vertragsbeendigung zustünden, nicht dem einzusetzenden Vermögen zurechenbar seien. Der Einsatz dieser Mittel bedeute vorliegend eine unzumutbare Härte i.S.v. § 90 Abs. 3 SGB XII, da der Wunsch vieler Menschen, für ein angemessenes Begräbnis und die Zeit nach ihrem Tod vorzusorgen, dahin zu respektieren sei, dass ihnen die Mittel erhalten bleiben müssten, die sie für eine angemessene Bestattung und Grabpflege zurückgelegt hätten. Auch wenn der Gesetzgeber das Sterbegeld in § 90 Abs. 2 SGB XII nicht ausdrücklich als verschont aufgeführt habe, habe er in § 33 SGB XII die Vorsorge hierfür sozialhilferechtlich anerkannt. Zudem sei zu berücksichtigen, dass das Recht, über die eigene Bestattung zu bestimmen, Teil des grundgesetzlich geschützten Persönlichkeitsrechtes sei und die Dispositionsfreiheit umfasse, bereits zu Lebzeiten für eine angemessene Bestattung Vorsorge zu treffen. Es könne von einem Betreuten nicht gefordert werden, auf eine angemessene Bestattungsvorsorge zu verzichten, um im größtmöglichen Umfang sein Vermögen für die Bestreitung zukünftiger Betreuerkosten anzusparen und sich für den Todesfall auf eine eventuelle Übernahme der Kosten eines sog. "Armenbegräbnisses" durch den Sozialhilfeträger (§ 74 SGB XII) verweisen zu lassen. Die Sterbegeldversicherung des Betroffenen halte sich in einem angemessenen Rahmen. Unter Zugrundelegung eines einzusetzenden Vermögens von insgesamt 4.225,43 EUR nach Abzug des Schonbetrages von 2.600 EUR verbleibe ein an die Landeskasse zurückzuzahlender Betrag von 1.625,43 EUR.

Der Senat schließt sich den Ausführungen des LG, wonach die dem Betroffenen aus der Sterbegeldversicherung zustehenden Beträge dem Schonvermögen nach § 90 SGB XII zuzurechnen sind, an. Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Verwertung der dem Betroffenen im Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung aus der Sterbegeldversicherung zustehenden Mittel für diesen eine unzumutbare Härte darstellen würde. Das in Art. 2 Abs. 1 GG grundgesetzlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst das Recht, über die eigene Bestattung zu bestimmen (OLG Frankfurt, FGPrax 2001, 115; OLG Zweibrücken, FGPrax 2006, 21; LG Koblenz, NJW-RR 2006, 7...

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