Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegeperson. Pflegekraft. Vergütung. Verdienstausfall. einstweiliger Anordnung der Übernahme von Pflegekosten
Leitsatz (amtlich)
Pflegegeld, das der Pflegebedürftige bestimmungsgemäß einer ihm nahestehenden Pflegeperson zugewendet hat, ist von dieser grundsätzlich nicht als Einkommen im Sinne von § 76 I BSHG einzusetzen (im Anschluß an BVerwG, Urteil vom 4.6.1992, FEVS 43, 109).
Da eine dem Pflegebedürftigen nahestehende Person nicht zugleich eine „besondere Pflegekraft” (§ 69 II 3 BSHG) sein kann, besteht gegenüber dem Sozialhilfeträger kein Anspruch auf Erstattung ihres Verdienstausfalles oder einer Vergütung (wie: BVerwG, Beschluß vom 12.4.1988, Buchholz 436.0 Nr. 15 zu § 69 BSHG).
Normenkette
BSHG § 69
Verfahrensgang
VG des Saarlandes (Beschluss vom 27.06.1994; Aktenzeichen 4 F 37/94) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. Juni 1994 – 4 F 37/94 – wird zurückgewiesen.
Die außergerichtliche Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Wie trotz Ausbleibens des angekündigten Rechtsmittelantrags erkennbar ist, verfolgt die Antragstellerin mit ihr das erstinstanzliche Begehren weiter, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 I VwGO aufzugeben, beginnend mit der Beantragung bei ihm Kosten von 1.600,– DM monatlich für die Pflegetätigkeit ihrer Schwester Brigitte Zwer zu übernehmen. Was zunächst die Auferlegung der Leistungsverpflichtung für die Vergangenheit angeht, so kann gemäß § 122 II 3 VwGO auf die zutreffende, die Rechtsprechung des Senats einbeziehende Begründung in dem angefochtenen Beschluß verwiesen werden, daß es mangels eines aktuellen Nachholbedarfs insoweit an einem Anordnungsgrund fehlt.
Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht auch darin überein, daß nach dem Erkenntnisstand des Eilrechtsschutzverfahrens der geltend gemachte Rechtsanspruch nicht besteht, so daß zur Deckung des gegenwärtigen Pflegebedarfs der Antragstellerin die erstrebte vorläufige Regelung ebenfalls nicht erfolgen kann.
Die im Jahre 1958 geborene Antragstellerin gehört aufgrund ihres frühkindlichen Hirnschadens mit ausgeprägter Tetraspastik unstreitig zu den Schwerstbehinderten im Sinne des § 24 II BSHG und bedarf nach ärztlichem Zeugnis bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens der Hilfe. Ihre häusliche Wartung und Pflege lag jahrzehntelang hauptsächlich in der Hand der Mutter und wird inzwischen überwiegend von ihrer Schwester B. Z. erbracht. Wie die Antragstellerin zutreffend betont, entspricht die Betreuung durch eine dem Pflegebedürftigen nahestehende Person ausweislich des § 69 II 1 BSHG der Zielvorstellung des Gesetzgebers. Um die Pflegebereitschaft der Schwester zu erhalten, stehen der Antragstellerin aus Sozialhilfemitteln zur Zeit monatlich ein Pflegegeld (§ 69 IV 2 BSHG) von 698,– DM sowie eine Beihilfe (§ 69 II 2 BSHG) von 366,– DM, zusammen 1.064,– DM zur Verfügung. Daß die finanzielle Situation der Pflegeperson bei einer Witwenrente von weniger als 300,– DM im Monat problematisch ist und den mit der Pflege der Antragstellerin verbundenen Verzicht auf eine Berufstätigkeit erschwert, erkennt der Antragsgegner an. Er hat sich daher im Klageverfahren 4 K 69/92 mit Schriftsatz vom 21.4.1994 bereit erklärt, die bisher dreißigprozentige Kürzung des Pflegegeldes (wegen Pflegeleistungen der Sozialstation) zu reduzieren. Der Senat sieht keinen durchschlagenden Grund dafür, daß hiermit zugewartet wird. Eine weitere Verbesserung brächte die Gewährung ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt an die Pflegeperson. Ihr Renteneinkommen liegt unter dem Regelsatz der Sozialhilfe, und für die nähere Prüfung sei angemerkt, daß nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Pflegegeld, das der Pflegebedürftige bestimmungsgemäß einer ihm nahestehenden Pflegeperson zugewendet hat, von dieser grundsätzlich nicht als Einkommen im Sinne von § 76 I BSHG einzusetzen ist (Urteil vom 4.6.1992, FEVS 43, 109; gleiches wird für die Beihilfe nach § 69 II 2 BSHG gelten).
Für den streitgegenständlichen Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung eines Entgelts für die Pflegeperson in Höhe von deren Nettoverdienst aus der letzten Erwerbstätigkeit hingegen ist eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. Im Schrifttum wird eine – zumindest teilweise – Verdienstausfallentschädigung durch Aufwendungsersatz (so Mergler/Zink, BSHG, § 69 Rdnr. 39) oder durch Beihilfen (LPK-BSHG, 3. Aufl; 1990, § 69 Rdnr. 12) zwar für möglich gehalten, das Bundesverwaltungsgericht läßt aber Verdienstausfall schon begrifflich nicht als Aufwendung gelten und ist auch der Erstreckung des Ausgleichszwecks der Beihilfe hierauf mit der Begründung entgegengetreten, daß nach seiner ständigen Rechtsprechung die von nahestehenden Personen geleistete häusliche Wartung und Pflege ihrem Wesen nach unentgeltlich ist (Beschluß vom 31.7.1987, Buchholz 436.0 Nr. 14 zu § 69). Das unterscheidet sie von der H...