rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Kosten. Erstattung. Kostenerstattung. Kindergeld. Kindergeldberechtigter. Unterhaltsvorschuss. Einkommen. anrechenbares Einkommen. Familienleistungsausgleich. Familientransferleistung. Transferanteil. Familie. Förderung der Familie. Individualisierungsgrundsatz. Schutzauftrag. Schutzauftrag der Eltern. Existenzminimum. Vorteilszuwendung. Zuwendungsakt. Wirtschaften aus einem Topf. Bedarfsdeckung. Sozialhilfe (Kostenerstattung)
Leitsatz (amtlich)
Kindergeld als Familientransferleistung nach § 31 Satz 2 EStG stellt Einkommen im Sinne der §§ 76 Abs. 1, 77 Abs. 1 BSHG dar. Es ist grundsätzlich Einkommen des Kindergeldberechtigten.
Ist ein Elternteil kindergeldberechtigt, kann das Kindergeld nur dann zu anrechenbarem Einkommen des Kindes werden, wenn es diesem durch einen gesonderten, zweckorientierten Zuwendungsakt weitergegeben wird (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen ZfSH/SGB 2002, 19).
Von einem derartigen Zuwendungsakt kann regelmäßig nicht ausgegangen werden, wenn der kindergeldberechtigte Elternteil außer dem Kindergeld über kein Einkommen verfügt. Dies gilt auch insoweit, als das Kind der Sozialhilfe bedarf.
Normenkette
BSHG §§ 76, 76 Abs. 1-2, 2 Nr. 5, § 77 Abs. 1, §§ 103, 103 Abs. 3, 3 Sätze 1-2, 3 HS. 2; BKGG i.d.F. v. 19.04.1994; BKGG §§ 1, 1 Abs. 1, 1 Nr. 1; EStG §§ 31, 31 Sätze 1-2
Verfahrensgang
VG Neustadt a.d. Weinstraße (Urteil vom 15.11.2001; Aktenzeichen 2 K 1730/01) |
Tenor
Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 15. November 2001 – 2 K 1730/01.NW – wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin 1.231,77 EUR zuzüglich Prozesszinsen ab 15. August 2001 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Erstattung der Sozialhilfeleistungen, die sie Frau A. B. und deren Sohn M. gewährte.
Ab Juli 1995 wohnten Frau B. und ihr Sohn M. in Z.. Am 6. Mai 1997 wurde Frau B. mit ihrem Sohn in der Fachklinik „Haus K.” in K. zur stationären Behandlung aufgenommen, von wo sie im August 1997 in das Haus B. in K. wechselten. Dieses verließen sie am 31. Juli 1998 und bezogen eine Wohnung in K.
Die Klägerin gewährte Frau B. und ihrem Sohn M. ab 1. August 1998 Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen. Betreffend den Zeitraum 1. August 1998 bis 31. Juli 2000 hat die Beklagte das Erstattungsbegehren der Klägerin für Frau B. erfüllt, für den Sohn M. lediglich für die Zeit vom 1. August 1998 bis 31. Juli 1999. Für die nachfolgende Zeit lehnte die Beklagte eine Erstattung der von der Klägerin weiter geltend gemachten Sozialhilfekosten in Höhe von (12.738,86 DM [VA Bl. 237, 238] minus 9.874,73 DM [VA Bl. 254] gleich) 2.864,13 DM ab, weil der Sohn M., dem sie das Kindergeld als Einkommen anrechnete, ab 1. August 1999 nicht mehr hilfebedürftig sei.
Die Klägerin hat mit ihrer am 15. August 2000 erhobenen Klage die Auffassung vertreten, dass das Kindergeld entgegen der Annahme der Beklagten nicht bei dem Sohn M., sondern bei seiner Mutter anzurechnen sei; seine Mutter sei ansonsten einkommenslos und deshalb zur Deckung ihres Lebensunterhalts auf das Kindergeld angewiesen gewesen.
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zur Erstattung der der Klägerin im August und September 1999 entstandenen Aufwendungen in Höhe von 455,– DM verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Begründet hat es seine Entscheidung wie folgt: Ab Oktober 1999 habe die Erstattungspflicht der Beklagten geendet, weil der sozialhilferechtliche Bedarf des Sohnes M. durch das – bei ihm und nicht bei seiner Mutter anzurechnende – Kindergeld von 250,– DM und den ab diesem Zeitpunkt gewährten Unterhaltsvorschuss von 306,–DM gedeckt gewesen sei.
Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit der durch Senatsbeschluss vom 11. März 2002 – 12 A 10038/02.OVG – zugelassenen Berufung. Sie vertritt weiterhin die Meinung, dass das Kindergeld – entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts – sozialhilferechtlich jedenfalls dann nicht dem Kind zuzurechnen sei, wenn der allein erziehende Elternteil ansonsten mittellos sei.
Abzüglich des von dem Verwaltungsgericht zuerkannten Betrages von 455,–DM beantragt die Klägerin sinngemäß,
unter teilweiser Abänderung des Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 15. November 2001 – 2 K 1730/01.NW – die Beklagte zu verurteilen, ihr, der Klägerin, 2.409,13 DM (=1.231,77 EUR) zuzüglich Prozesszinsen ab 15. August 2001 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und führt aus: Kindergeld sei grundsätzlich bis zur Höhe des sozialhilferechtlichen Bedarfs dem Kind als Einkommen anzurechnen. Nicht gerechtfertigt sei es, dem Kind das Kindergeld als Einkommen nur dann zuzurechnen, wenn sich dies aus einem gesonderten Zuwendungsakt des Kindergeldberechtigten ergebe. Das Kindergeld sei, wie in dem angefochtenen Urteil dargelegt, au...