§ 1 Regelungsgegenstand
Diese Richtlinie bestimmt Voraussetzungen sowie Art und Umfang des in § 27a Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) geregelten Leistungsanspruchs von Versicherten auf Kryokonservierung von weiblichen und männlichen Keimzellen und Keimzellgewebe wegen keimzellschädigender Therapie sowie auf die dazugehörigen medizinischen Maßnahmen.
§ 2 Leistungsvoraussetzungen
(1) Versicherte haben unter den im Folgenden genannten Voraussetzungen Anspruch auf Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen oder von Keimzellgewebe sowie auf die dazugehörigen medizinischen Maßnahmen.
(2) Voraussetzung für den Anspruch nach Absatz 1 ist, dass
1. |
die Kryokonservierung bei der versicherten Person wegen einer Erkrankung (Grunderkrankung) und deren Behandlung mit einer keimzellschädigenden Therapie im Sinne des § 3 medizinisch notwendig erscheint, um spätere medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach der Richtlinie über künstliche Befruchtung vornehmen zu können, |
2. |
durch die die Grunderkrankung diagnostizierende oder behandelnde Fachärztin oder den die Grunderkrankung diagnostizierenden oder behandelnden Facharzt eine ärztliche Beratung gemäß § 4 Absatz 2 Nummer 1 erfolgte und durch diese oder diesen eine Bescheinigung gemäß § 4 Absatz 2 Nummer 1 zur Vorlage bei einer reproduktionsmedizinisch oder andrologisch qualifizierten Fachärztin oder bei einem reproduktionsmedizinisch oder andrologisch qualifizierten Facharzt ausgestellt wurde, |
3. |
nach Vorlage der ärztlichen Bescheinigung nach § 4 Absatz 2 Nummer 1 die reproduktionsmedizinische und soweit erforderlich andrologische Beratung und Aufklärung der Patientin oder des Patienten nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 stattfand und |
4. |
die Anforderungen des Transplantationsgesetzes (TPG) für die Einwilligung beachtet werden. Entsprechend den dort normierten Festlegungen muss die Patientin oder der Patient zum Zeitpunkt der Entnahme von Keimzellen oder Keimzellgewebe einwilligungsfähig sein und in die Durchführung dieser Maßnahmen eingewilligt haben. Bei weiblichen Versicherten kann im Fall der Einwilligungsunfähigkeit ein gesetzlicher Vertreter oder ein Bevollmächtigter die Einwilligung erteilen. |
(3) Der Anspruch nach Absatz 1 besteht nicht oder nicht mehr
1. |
für männliche Versicherte ab Vollendung des 50. Lebensjahres und für weibliche Versicherte ab Vollendung des 40. Lebensjahres, |
2. |
mit dem Tod des oder der Versicherten. |
§ 3 Medizinische Indikationen
(1) Für die medizinische Indikation zur Kryokonservierung und für die dazugehörigen medizinischen Maßnahmen nach dieser Richtlinie müssen neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Durchführung einer Kryokonservierung bezüglich einer Erkrankung Behandlungen geplant sein, die nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse keimzellschädigend sein können; dazu zählen insbesondere:
- operative Entfernung der Keimdrüsen,
- Strahlentherapie mit zu erwartender Schädigung der Keimdrüsen oder
- potentiell fertilitätsschädigende Medikation.
Die Feststellung des Vorliegens dieser Voraussetzung trifft die oder der die Grunderkrankung diagnostizierende oder behandelnde Fachärztin oder Facharzt.
(2) Die Indikationsstellung zur Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen oder Keimzellgewebe wegen einer keimzellschädigenden Therapie und für die dazugehörigen medizinischen Maßnahmen erfolgt durch Fachärztinnen oder Fachärzte, die für die Beratung gemäß § 4 Absatz 2 Nummer 2 qualifiziert sind.
§ 4 Beratung
Für die umfassende Beratung der Betroffenen und die Integration der Kryokonservierung sowie der dazugehörigen medizinischen Maßnahmen in die Behandlung der Grunderkrankung ist unter Berücksichtigung der individuellen Krankheitssituation eine enge Kooperation zwischen den beteiligten Fachdisziplinen zu gewährleisten.
Um die Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen oder Keimzellgewebe und die dazugehörigen medizinischen Maßnahmen nach § 5 in Anspruch nehmen zu können, muss vorab erfolgen:
1. |
eine Beratung durch die oder den die Grunderkrankung diagnostizierende oder behandelnde Fachärztin oder Facharzt unter Berücksichtigung der individuellen Prognose über die mit der Behandlung der Grunderkrankung verbundenen Risiken für eine Keimzellschädigung und Erstinformationen über die Möglichkeit einer reproduktionsmedizinischen Behandlung. Diese Beratung beinhaltet auch eine ärztliche Feststellung und Bescheinigung mit folgenden Angaben:
a) |
Angabe der Grunderkrankung, für die eine nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse potentiell keimzellschädigende Therapie geplant ist, |
b) |
etwaige vorangegangene Therapie der Grunderkrankung, |
c) |
geplante keimzellschädigende Therapie, |
d) |
bekannte Komorbiditäten, |
e) |
bei weiblichen Versicherten eine Information, ob ein hormonabhängiger Tumor vorliegt, |
f) |
Empfehlung für die Beratung nach Nummer 2, |
g) |
eine Empfehlung zu dem zur Verfügung stehenden Zeitfenster für die Maßnahmen zur Kryokonservierung, |
h) |
bei weiblichen Versicherten eine Information, ob bereits die Menarche stattgefunden hat und |
j) |
dass die Beratung nach Nummer 1 erfolgt ist. |
Im Rahmen der Bera... |