Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietkaution. Umzugskosten. Zusicherung. Angemessenheit der Wohnkosten. Wohnfläche. Quadratmeterpreis. Räumlicher Vergleichsmaßstab. Mietspiegel. Auszugsrenovierung. Einstweilige Anordnung. Anordnungsgrund. Besonderer Nachholbedarf
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Angemessenheit von Wohnkosten, dem berücksichtigungsfähigen Mietspiegel.
2. Es ist nicht nur der sich aus dem Mietspiegel ergebende Durchschnittswert, sondern die gesamte Spanne zugrunde zu legen.
Normenkette
SGB II § 22 Abs. 1, 3; SGG § 86b Abs. 2 S. 2
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 07.01.2009 abgeändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragstellern vorläufig bis zur bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache den noch nicht gezahlten Anteil an der Mietkaution in Höhe von 545,00 € als Darlehen zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragssteller für das Antrags- und das Beschwerdeverfahren.
Gründe
I.
Die Antragsteller (Ast.) begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme einer Mietkaution als Darlehen sowie die Übernahme von Umzugskosten und Renovierungskosten als Zuschuss.
Die Ast. bewohnten bis Mitte November 2008 eine 105 qm große Mietwohnung in der A.straße …. in Z., für welche monatliche Kosten in Höhe von 681,50 € (Grundmiete 440,00 €, kalte Betriebskosten 115,50 €, Heizkosten 126,00 €) anfielen. Die Antragsgegnerin (Ag.) erkannte hiervon (nur) einen Betrag in Höhe von zuletzt 505,63 € als angemessen an, weil die Ast. seinerzeit ohne ihre Zustimmung in die Wohnung umgezogen waren. Das Mietverhältnis wurde zum 30.11.2008 durch den Vermieter aufgrund von Mietschulden gekündigt.
Am 11.11.2008 legten die Ast. der Ag. ein Angebot über eine 117 qm große Wohnung in der B.straße ... in Z. (Mietbeginn 01.12.2008) vor. Die Kosten der Wohnung beliefen sich auf 643,00 € (Grundmiete 409,00 €, Betriebskostenvorauszahlung 234,00 €). Für die Wohnung fiel eine Kaution in Höhe von 818,00 € an. Die Ag. teilte den Ast. mit, die Kosten seien nicht angemessen. Weiterhin würden nur Kosten der Unterkunft und Heizung in bisheriger Höhe übernommen. Umzugskosten, Kaution, Renovierungskosten und Mietnachzahlungen bzw. Mieterhöhungen würden nicht getragen.
Am 13.11.2008 beantragten die Ast. bei der Ag. die Gewährung eines Vorschusses für die Kaution (818,00 €), für Renovierungskosten (400,00 €) sowie für Umzugskosten (300,00 €). Am 15.11.2008 unterzeichneten sie den Mietvertrag über die Wohnung B.straße …..
Im Zeitraum vom 17.11.2008 bis 19.11.2008 erfolgte der Umzug, den die Ast. selbst realisierten, nachdem sie eine erste Rate der Kaution in Höhe von 273,00 € an den Vermieter gezahlt hatten.
Die Ag. lehnte mit Bescheid vom 18.11.2008 den Antrag vom 13.11.2008 ab. Das Mietangebot für den Wohnraum in der B.straße liege über den Angemessenheitsgrenzen, welche der Erlass der Stadt Z. vorsehe. Zudem sei im Rahmen der persönlichen Vorsprache am 11.11.2008 bereits mitgeteilt worden, dass die beantragten Kosten nicht übernommen würden. Gegen den Ablehnungsbescheid richtete sich der Widerspruch der Ast.
Die Ast. haben am 25.11.2008 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Die Wohnung in der B.straße sei angemessen. Es sei zu berücksichtigen, dass für 2009 die Aufnahme eines weiteren Sohnes der Ast. zu 1), welcher derzeit in einem Heim untergebracht sei, in die Bedarfsgemeinschaft beabsichtigt sei. Bei Nichterbringung der Kaution drohe ihnen Wohnungslosigkeit. Eine kautionsfreie Wohnung sei für sie nicht zu erlangen. Zudem habe die Ag. den Umzug genehmigt. Die Umzugskosten in Höhe von 172,47 € seien für private Helfer (25 € für fünf Helfer und Verpflegung der Helfer i.H.v. 25,17 €) sowie Anmietung eines Transporters (22,30 €) angefallen. Die Renovierungskosten in Höhe von 400,00 € seien für die malermäßige Instandsetzung der alten Wohnung angefallen, welche am 30.11.2008 in renoviertem Zustand übergeben werden musste. Die Ast. verfügten über keinerlei Einkommen oder finanzielle Rücklagen. Zur Finanzierung der bisher angefallenen Kosten habe man bereits auf das für die Ast. zu 3) bis 5) gezahlte Kindergeld und auf das für Lebensmittel vorgesehene Geld zurückgreifen müssen.
Die Ag. hat eingewandt, der von den Ast. neubezogene Wohnraum in der B.straße sei unangemessen. Für einen 5-Personen-Haushalt seien folgende Grenzen einzuhalten: Wohnungsgröße 95 qm, Grundmiete 390,00 €, Nebenkosten 1,10 €/qm (= 104,50 €), Heizkosten 1,20 €/qm (= 114,00 €). Folglich dürften die gesamten Kosten 608,50 € nicht überschreiten. Vorliegend seien die Angemessenheitsgrößen sowohl im Hinblick auf die Grundmiete als auch auf die Warmmiete überschritten. Zudem sei die Wohnung noch größer als die bisher bewohnte. Anstrengungen der Ast. zur Reduzierung der Kosten der Unterkunft und Heizung seien nicht erkennbar.
Das...