Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Pflegequalität. Streit über die Ergebnisse der Qualitätsprüfung. Transparenzbericht. Pflege-Transparenzvereinbarung. Ermächtigungsgrundlage. Veröffentlichung. Realakt. Verfassungsmäßigkeit. Informationsinteresse. eingeschränkte Prüfungskompetenz der Landesverbände der Pflegekassen. gerichtlicher Prüfungsumfang. einstweiliger Rechtsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Die Pflege-Transparenzvereinbarung ist ein Normenvertrag, der seine Ermächtigungsgrundlage in der verfassungsgemäßen Vorschrift des § 115 Abs 1a SGB 11 findet. Die Veröffentlichung von Transparenzberichten verstößt weder gegen Art 12 Abs 1 noch gegen Art 14 Abs 1 GG.
2. Maßstab für die Prüfung eines Unterlassungsanspruchs ist § 115 Abs 1a SGB 11 iVm der Pflege-Transparenzvereinbarung und Art 12 Abs 1 GG. Bei einem Verstoß leitet sich der Unterlassungsanspruch aus diesen Normen ab.
3. Der Gesetzgeber hat dem Informationsbedürfnis der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen durch § 115 Abs 1a SGB 11 einen hohen Stellenwert eingeräumt. Aus Art 2 Abs 2 GG ist sogar der Vorrang des Informationsbedürfnisses der Pflegebedürftigen abzuleiten. Je schlechter die Benotungen sind, desto höheren Stellenwert hat das Interesse der Pflegebedürftigen, davon Kenntnis zu erlangen. Denn wenn die Ordnungsgemäßheit der Benotungen streitig ist und sich später ergeben sollte, dass die Benotungen richtig sind, ist das Interesse der Pflegebedürftigen gerade angesichts ihrer häufig hilflosen Lage höher zu bewerten, vor schlechten oder gar die (Rest-)Gesundheit gefährdenden Leistungen bewahrt zu bleiben, als das wirtschaftliche Interesse der Träger von Pflegeeinrichtungen, für den Fall der Unrichtigkeit der Benotungen vor wirtschaftlichen Einbußen bewahrt zu bleiben.
4. Die Landesverbände der Pflegekassen sind weder verpflichtet noch berechtigt, die Transparenzberichte erneut voll inhaltlich zu überprüfen. Sie prüfen diese, soweit sich aus den Prüfberichten nach § 115 Abs 1a SGB 11 keine gravierenden Begutachtungsmängel ergeben, nur unter formellen Gesichtspunkten nach Maßgabe der Pflege-Transparenzvereinbarung. Macht der Träger der Einrichtung allerdings substantiiert schwere Mängel geltend, müssen die Landesverbände der Pflegekassen vor der Veröffentlichung des umstrittenen Transparenzberichts eine Stellungnahme des Sachverständigen einholen, der den Transparenzbericht erstellt hat, und gegebenenfalls von einer Veröffentlichung absehen, wenn ein schwerer Begutachtungsfehler glaubhaft erscheint.
5. Die Überprüfung des Transparenzberichts ist - jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - auf die Einhaltung der sich aus der Pflege-Transparenzvereinbarung ergebenden formellen Voraussetzungen und auf die Einhaltung der Essentialia eines ordnungsgemäßen Begutachtungsverfahrens beschränkt.
6. Die Veröffentlichung eines Transparenzberichts stellt keinen Verwaltungsakt dar. Der auf Unterlassung der Veröffentlichung gerichtete Rechtsbehelf ist immer eine Vornahmesache nach § 86b Abs 2 SGG.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 22. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtschutzes gegen die Veröffentlichung von Transparenzberichten für von ihr getragene Pflegeheime.
Die Beschwerdeführerin betreibt die Pflegeheime “Haus A….„ und “Haus L…„ in D. . Mit Schreiben vom 11.08.2009 übermittelte ihr der Medizinische Dienst der Krankenversicherung für den Freistaat Sachsen e. V. (MDK) aufgrund der am 02.07.2009 durchgeführten Qualitätsprüfung den Bericht nach §§ 115 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) über die stationäre Einrichtung “Haus A. „, in dem seinerzeit 21 Pflegebedürftige versorgt wurden. Tags darauf, am 12.08.2009, wurde der Beschwerdeführerin der Prüfbericht für das “Haus L…„ (seinerzeit 25 versorgte Pflegebedürftige) über die Qualitätsprüfung vom 09.07.2009 übersandt. Mit zwei Schreiben vom 18.08.2009 hörten die Beschwerdegegner die Beschwerdeführerin zu den in den Prüfberichten aufgezeigten Mängeln an. Dazu äußerte sich die Beschwerdeführerin in ihren Stellungnahmen vom 14.09.2009 und 24.09.2009. Mit zwei Bescheiden vom 17.11.2009 forderten die Beschwerdegegner die Beschwerdeführerin auf, die bei der Qualitätsprüfung beider Häuser festgestellten Mängel zu beseitigen, und führten die aus ihrer Sicht zu treffenden Maßnahmen unter Setzung von Fristen auf. Da die Beschwerdeführerin als Trägerin des “Hauses A…„ ihrer gesetzlichen Verantwortung, die Qualität der Pflege sicherzustellen, nicht ausreichend gerecht geworden sei, sprachen die Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin zusätzlich eine Verwarnung aus.
Am 02.12.2009 erhielt die Beschwerdeführerin von der DCS Pflege (Datenclearing-Stelle Pflege) eine Mitteilung per E-Mail, wonach die Prüfergebnisse des MDK zur Qualität der beiden gen...