Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufungszulassung. grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. fehlendes schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers. Anwendung der Wohngeldtabelle. Sicherheitszuschlag. Divergierende Entscheidungen mehrerer Landessozialgerichte
Leitsatz (amtlich)
Die Frage, ob ein Sicherheitszuschlag auf die Wohngeldtabellenwerte zu § 12 WoGG ab dem 1.1.2009 zu gewähren ist und wie hoch dieser ggf anzusetzen wäre, bedarf grundsätzlicher Klärung.
Normenkette
SGB II § 22; WoGG § 12; SGG § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beklagten wird die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 24. Juli 2012 zugelassen.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Gründe
I.
Der Beklagte und Beschwerdeführer (im Folgenden: Beklagter) meint, es sei die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig zuzulassen, weil die Frage, ob auch über den 31.12.2008 hinaus ein Sicherheitszuschlag auf die Wohngeldtabelle nach § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zu berücksichtigen sei, grundsätzlich bedeutsam sei.
Der Kläger und Beschwerdegegner (im Folgenden: Kläger) wandte sich mit seiner Klage beim Sozialgericht Leipzig gegen einen Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 07.07.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2011. Darin waren die Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 01.07.2011 bis 31.12.2011 auf den aus Sicht des Beklagten angemessenen Betrag von insgesamt 374,00 € abgesenkt worden, dessen Berechnung sich hinsichtlich der Grundmiete und kalten Betriebskosten aus der Wohngeldtabelle (330,00 €) ableitete. Tatsächlich hatte der Kläger 444,50 € Miete und Nebenkosten (davon 44,00 € Heizkosten) für seine Wohnung zu zahlen.
Nach vorheriger Anhörung hat das Sozialgericht der Klage mit Gerichtsbescheid vom 24.07.2012 stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich weitere 33,00 € Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren. Zur Begründung hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Tabellenwert nach der Wohngeldtabelle noch einen Sicherheitszuschlag von 10% hinzugefügt. Die Berufung hat das Sozialgericht nicht zugelassen.
Am 30.08.2012 hat der Beklagte gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem ihm am 31.07.2012 zugestellten Gerichtsbescheid Beschwerde eingelegt und macht geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil die Frage nach dem “Ob„ einer Gewährung eines Sicherheitszuschlages auf die Wohngeldtabelle und der etwaigen Höhe ab dem 01.01.2009 weder einheitlich noch höchstrichterlich entschieden sei. Wegen der Anhebung der Tabellenwerte um 10 % zum 01.01.2009 sei ein Sicherheitszuschlag ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gerechtfertigt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 24.07.2012 zuzulassen und das Verfahren als Berufungsverfahren fortzuführen.
Der Kläger ist dem entgegengetreten und beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Leistungsakte des Beklagten (Bd. II Bl. B/1-C/17) verwiesen.
II.
Die statthafte und zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Beschwerde ist begründet.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier maßgeblichen, ab 01.04.2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der ausdrücklichen Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Streitgegenstand ist vorliegend die Verpflichtung des Beklagten zur Mehrleistung von monatlich 33,00 € für die Zeit vom 01.07.2011 bis 31.12.2011 an den Kläger. Auch in der Summe liegt dieser Betrag unter der 750,00-EUR-Grenze. Die Berufung bedurfte somit der ausdrücklichen Zulassung, die vom Sozialgericht nicht ausgesprochen wurde.
Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individuali...