Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtmäßigkeit eines Ordnungsgeldbeschlusses gem § 202 S 1 SGG iVm § 141 Abs 3 S 1 ZPO. Ermessensausübung. Festsetzung eines Ordnungsgeldes wegen Nichterscheinens trotz richterlicher Anordnung gem § 111 Abs 1 S 1 SGG. Kostenauferlegung bei rechtswidrigem Ordnungsgeldbeschluss. Staatskasse
Leitsatz (amtlich)
1. Die Entscheidung darüber, ob gegen einen Beteiligten, der trotz der Anordnung seines persönlichen Erscheinens ausgeblieben ist, ein Ordnungsgeld festgesetzt wird, steht im Ermessen des Gerichtes.
2. Die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten, der mit seiner Beschwerde gegen einen Ordnungsgeldbeschluss obsiegt, sind nicht dem Verfahrensgegner aufzuerlegen, sondern die Staatskasse hat sie zu tragen.
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 3. Juli 2017 aufgehoben.
II. Die Staatskasse hat der Klägerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 3. Juli 2017, mit dem gegen sie wegen nicht ausreichend entschuldigten Ausbleibens ein Ordnungsgeld in Höhe von 400,00 EUR verhängt wurde.
In den dem Ordnungsgeldbeschluss zugrunde liegenden Klageverfahren hat sich die Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 9. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2013 gewandt, mit dem diese die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 29. Februar 2008 aufgehoben und die Erstattung von zu Unrecht gezahlten Leistungen gefordert hatte.
Am 5. Mai 2017 hat das Sozialgericht die Klägerin zur mündlichen Verhandlung am 31. Mai 2017 geladen und unter Belehrung über die Rechtsfolgen eines unentschuldigten Fernbleibens ihr persönliches Erscheinen zum Termin angeordnet. Mit Schreiben vom 18. Mai 2017, eingegangen am 22. Mai 2017, hat die Klägerin beantragt, sie vom persönlichen Erscheinen zu entbinden. Sie befinde sich in einem Beschäftigungsverhältnis und es handele sich beim 31. Mai 2017 um einen Arbeitstag. Da sich ein Teil der Kollegen im geplanten Urlaub befinde, sei es ihr nicht möglich, einen Urlaubstag zu beantragen. Mit Schreiben vom 24. Mai 2017 hat der Kammervorsitzende ihr mitgeteilt, dass er ihr persönliches Erscheinen angeordnet habe, da es zur Aufklärung des Sachverhalts notwendig erscheine. Zugleich hat er darauf hingewiesen, dass ihr Arbeitgeber sie für den Gerichtstermin freistellen müsse, so dass sie keinen Urlaub nehmen müsse und Verdienstausfall sowie Fahrtkosten durch das Gericht erstattet würden. Vorsorglich hat er darauf hingewiesen, dass bei unentschuldigtem Fernbleiben ein Ordnungsgeld verhängt werden könne.
Gleichwohl ist die Klägerin zum Termin am 31. Mai 2017 nicht erschienen. Die mündliche Verhandlung hat vertagt werden müssen.
Mit Schreiben vom 6. Juni 2017 hat der Kammervorsitzende die Klägerin zur Verhängung eines Ordnungsgeldes angehört und in der Sache rechtliche Hinweise erteilt. Die Klägerin hat daraufhin mit Schreiben vom 12. Juni 2017 mitgeteilt, dass sie am 18. Mai 2017 darüber informiert worden sei, dass sie am 1. Juni 2017 vom Jobcenter, bei dem sie bislang tätig gewesen sei, in die Kernverwaltung abordnet werde. Demzufolge habe sie ihren bisherigen Aufgabenbereich abzuarbeiten und zu übergeben gehabt.
Mit Beschluss vom 3. Juli 2017 hat das Sozialgericht gegen die Klägerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 400,00 EUR verhängt. Sie sei trotz der Anordnung ihres persönlichen Erscheinens ohne Mitteilung von ausreichenden Hinderungsgründen zum Termin nicht erschienen. Hierzu habe sie lediglich eine berufliche Verhinderung geltend gemacht. Zeugenpflichten würden aber insbesondere beruflichen Pflichten vorgehen. Als Arbeitnehmerin habe ihr ein Anspruch auf Freistellung von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistungen zugestanden, da die Erfüllung der Arbeitspflicht wegen des zeitlichen Zusammentreffens mit der vorrangigen Zeugenpflicht unzumutbar sei. Angesichts ihrer fortdauernden Beschäftigung sei zu erwarten, dass sie von der Höhe des Ordnungsgeldes finanziell nicht überfordert werde. Zudem bedürfte es in der Regel keiner eingehenden Begründung bei Festsetzung der Höhe des Ordnungsgeldes zu treffenden Ermessensentscheidung des Gerichts, wenn sich das Ordnungsgeld, wie hier, im unteren Mittel des vorgegebenen Rahmens bewege.
Hiergegen hat die Klägerin am 25. Juli 2017 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ihrer damaligen Arbeitssituation eine Bestätigung ihres Arbeitgebers, dem Jobcenter Landkreis G., vorgelegt. Hierin ist sie gebeten worden, für die Zeit vom 22. Mai 2017 bis zum 7. Juni 2017 keinen Urlaub oder die Absetzung von Mehrstunden zu beantragen, um den hohen Arbeitsaufwand im Hinblick auf die Abordnung in ein anderes Sachgebiet mit einer neuen Arbeitsaufgabe für die Zeit ab dem 2. Juni...