Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsausbildungsbeihilfe. Übernahme der Fahrtkosten für Pendelfahrten zum Berufsschulunterricht in Blockform. Überprüfungsverfahren. Leistungsausschluss
Leitsatz (amtlich)
1. Die durch § 73 Abs 1a SGB 3 eröffnete Möglichkeit der Verfahrensvereinfachung und Pauschalierung darf grundsätzlich nicht dazu führen, Bedarfe, auf deren Berücksichtigung der Auszubildende nach dem Gesetz Anspruch hat und deren Zuerkennung im üblichen Verfahren von vornherein möglich ist, auszuschließen.
2. Einen bekannten Bedarf für Fahrkosten zum Berufsschulunterricht in Blockform darf die Beklagte jedenfalls dann nicht unberücksichtigt lassen, wenn sie ohnehin im Rahmen der Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe Berechnungen durchführt oder sich in einem Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB 10 befindet.
3. Der Förderungsausschluss in § 64 Abs 1 S 3 SGB 3 betrifft lediglich den Fall, dass ein Förderungsanspruch nur "für" die Dauer des Berufsschulunterrichtes in Blockform bestünde, das heißt zeitlich beschränkt, nicht aber den eines Anspruches "wegen" des Berufsschulunterrichtes für die gesamte Ausbildungszeit.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 29. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe unter Berücksichtigung von Fahrkosten zum Blockschulunterricht.
Die 1982 geborene Klägerin, zum damaligen Zeitpunkt wohnhaft in der F…-V…-S… in C…, beantragte am 14. März 2006 die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für die vom 1. März 2006 bis 31. August 2008 währende Ausbildung als IT-Systemkauffrau. Die praktische Ausbildung fand in C…, der Blockschulunterricht in R… statt. Nach Angaben des Ausbildungsbetriebes, der R… GmbH & Co. KG in C…, bezog sie in dieser Zeit eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 410,00 EUR monatlich. Nach den beigefügten Einkommenserklärungen ihrer Eltern erzielte die Mutter der Klägerin im Jahr 2004 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 28.736,00 EUR brutto und der Vater in Höhe von 32.772,00 EUR brutto. Als Fahrkosten gab die Klägerin Pendelfahrten zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte von 12 km für eine Hin- und Rückfahrt sowie von 160 km für die Fahrt nach R… und zurück an.
Ausweislich einer internen Bedarfsberechnung der Beklagten stellte diese als Bedarf der Klägerin bei Unterbringung bei den Eltern einen Betrag in Höhe von monatlich 353,00 EUR zuzüglich Fahrkosten von 52,00 EUR und Arbeitskleidung von 11,00 EUR, insgesamt somit 416,00 EUR, fest. Dem stand ein Nettoeinkommen der Klägerin in Höhe von 321,85 EUR monatlich sowie ein anzurechnendes Nettoeinkommen der Eltern in Höhe von 171,16 EUR bzw. 125,32 EUR, insgesamt somit monatlich 618,33 EUR, gegenüber.
Mit Bescheid vom 20. April 2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe ab. Der Klägerin stünden die für ihren Lebensunterhalt und die für ihre Berufsaubildung erforderlichen Mittel anderweitig zur Verfügung. Es werde insoweit auf die beigefügte Berechnung verwiesen.
Mit der Veränderungsmitteilung vom 25. April 2006 teilte die Klägerin mit, dass sie ab dem 1. Mai 2006 nicht mehr in der elterlichen Wohnung, sondern in der R…-W…-S… in C… zur Miete wohnen werde. Die Bruttomiete betrage 316,00 EUR.
Daraufhin berücksichtigte die Beklagte nunmehr einen Gesamtbedarf in Höhe von 518,00 EUR.
Mit Bescheid vom 27. April 2006 lehnte die Beklagte erneut die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe ab dem 1. Mai 2006 ab. Der Klägerin würden die für ihren Lebensunterhalt und für ihre Berufsausbildung erforderlichen Mittel anderweitig zur Verfügung stehen.
Dagegen legte die Klägerin am 22. Mai 2006 Widerspruch ein und beantragte, auch die Fahrkosten zur Berufsschule in R… zu übernehmen. Mit der Ausbildungsvergütung und dem Kindergeld könne sie die Miete für ihre Wohnung und die Fahrkosten zur Berufsschule nicht aufbringen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das zu berücksichtigende Gesamteinkommen der Auszubildenden und der Eltern übersteige mit 618,33 EUR den Bedarf von 518,00 EUR.
Am 3. April 2007 beantragte die Klägerin die Überprüfung der Entscheidung gemäß § 44 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Der zusätzliche Bedarf für Pendelfahrten zwischen Wohnung und der Berufsschule in R… betrage monatlich etwa 179,53 EUR.
Mit Bescheid vom 11. Juni 2007 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag der Klägerin ab.
Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2007 zurück. Eine Förderung für die Zeiten des Berufsschulunterrichts in Blockform sei nicht möglich, wenn der Auszubildende während der betrieblichen oder außerbetrieblichen Ausbildung keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe habe.
Hiergegen hat die Klägerin am 6. August...