Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. betriebliche Voraussetzung. VEB Geräte- und Regler-Werk Leipzig. Privatisierung. Stichtag. Produktionsmittelübergang. "leere Hülle"

 

Orientierungssatz

1. Ist ein volkseigener Produktionsbetrieb vor dem 30.6.1990 privatisiert worden und sind auch die Produktionsmittel vor dem Stichtag auf den privatisierten Betrieb übergegangen, so ist die betriebliche Voraussetzung der Zugehörigkeit zum Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten nicht erfüllt, weil der VEB nur noch als "leere Hülle" existierte (vgl LSG Chemnitz vom 21.1.2008 - L 7 R 629/05, vom 29.1.2008 - L 4 R 307/07 und vom 29.1.2008 - L 4 R 47/07, LSG Erfurt vom 26.2.2007 - L 6 R 11/05, vom 29.1.2007 - L 6 R 509/05 und vom 19.12.2005 - L 6 RA 166/02).

2. Es handelt sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb iS von § 1 ZAVtIV. Eine Erweiterung des Kreises der gleichgestellten Betriebe ist nicht möglich. Zum einen ist nach dem Wortlaut von § 1 Abs 2 ZAVtIVDBest 2 die Aufzählung der dort genannten Betriebe abschließend. Zum anderen ist eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme am 30.6.1990 geltenden abstrakt-generellen Regelungen der DDR, auch soweit sie willkürlich gewesen sein sollten, durch die vollziehende und die rechtsprechende Gewalt nicht zulässig, worauf das BSG wiederholt hingewiesen hat (vgl BSG vom 9.4.2002 - B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr 7). Das Bundesverfassungsgericht hat die in nunmehr ständiger Rechtsprechung des BSG aufgestellten Grundsätze im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG nicht beanstandet (vgl BVerfG vom 26.10.2005 - 1 BvR 1921/04 ua = SozR 4-8560 § 22 Nr 1 und vom 4.8.2004 - 1 BvR 1557/01 = SozR 4-8570 § 5 Nr 4).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.10.2010; Aktenzeichen B 5 RS 5/09 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 08. August 2006 aufgehoben: Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für den Kläger die Zeit vom 01. September 1982 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) mit entsprechenden Arbeitsentgelten festzustellen.

Der 1956 geborene Kläger erhielt mit Urkunde vom 31. August 1982 das Recht zur Führung des akademischen Grades "Diplomingenieur". In der streitigen Zeit war er vom 01. September 1982 bis zum 30. Juni 1990 als Prüffeldingenieur bzw. Prüffeld-Technologe im volkseigenen Betrieb (VEB) Geräte- und Regler-Werke T bzw. zuletzt im VEB Geräte- und Regler-Werk L beschäftigt. Eine Versorgungszusage, Einzelfall- oder Rehabilitierungsentscheidung wurde ihm bis zum 30. Juni 1990 nicht erteilt.

Den Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften vom 08. Dezember 2003 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Juni 2004 und Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2005 ab. Am 30. Juni 1990 sei der Kläger im VEB Geräte- und Reglerwerke L beschäftigt gewesen. Hierbei handele es sich weder um einen volkseigenen Produktionsbetrieb noch um einen diesem gemäß § 1 Abs. 2 der Zeiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz, vom 25. Mai 1951 (2. DB), gleichgestellten Betrieb.

Auf die am 14. Februar 2005 erhobene Klage hat das Sozialgericht Leipzig (SG) die Beklagte, unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Juni 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2005, mit Urteil vom 08. August 2006 verurteilt, für den Kläger die Zeit vom 01. September 1982 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech mit den entsprechenden Arbeitsentgelten festzustellen. Gestützt auf die Zuordnung zur Wirtschaftsgruppe 16639 und den Lagebericht des VEB Geräte- und Reglerwerk L für das Geschäftsjahr 1989 hat das SG als Hauptaufgabe des VEB Geräte- und Reglerwerk L die industrielle Herstellung von Erzeugnissen der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik betrachtet und den Betrieb - wie auch den VEB Geräte- und Regler-Werke T - als volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie angesehen.

Die Beklagte trägt mit der am 11. September 2006 erhobenen Berufung vor, entgegen der Auffassung des SG sei Hauptzweck des VEB Geräte- und Reglerwerk L nicht die Herstellung industrieller Sachgüter, sondern die Montage als industrielle Dienstleistung gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 08. August 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil. Der VEB Geräte- und Reglerwerk L sei am 30. Juni 1990 noch im Besitz sämtlicher Betriebsmittel gewesen und habe die Produktion in vollem Um...

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